Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)
mit einem Mal
über den beiden Schiffen. Nur das leise Schlagen der wenigen Segel
und der quietschenden Taue war zu hören.
„Um Himmels Willen,
Commander. Tut was der Captain Euch befohlen hat!“, rief Thomas
Slade in die unwirkliche Stille hinein. Er hatte fürchterliche Angst
um seinen Freund, doch gleichzeitig hatte er ihm mit seinem
Zwischenruf auch zu verstehen gegeben, dass er im Zweifelsfall auf
der Seite des Captains stand. Der gezückte Degen in seiner Hand wog
bleischwer. Langsam öffnete Slade die Absperrung zum Kapitänsdeck
und machte damit unmissverständlich klar, dass er den Captain unter
allen Umständen schützen würde.
Und dann ging alles plötzlich
ganz schnell. Da, wo eben noch ein versteinerter Edan Chandler
gestanden hatte, war der Platz plötzlich leer. Stattdessen war der
große Mann mit einer kaum wahrnehmbaren, geschmeidigen Bewegung
hinter den völlig überrumpelten Captain geglitten. Ehe sich Pickett
versah, hatte ihn Edan im Würgegriff und hielt ihm mit der anderen
Hand sein scharfgezacktes Entermesser an den Hals. Verblüfft und
überrumpelt hielten sowohl Thomas Slade als auch seine beiden
anderen Offiziere in der Bewegung inne.
„Um Himmels Willen,
Edan! Lass den Captain los – bitte!“, würgte Slade hervor.
„Dafür ist es jetzt zu spät, Thomas! Geh auf das andere
Schiff und mach die Sklaven los! Sofort!“ Edans Stimme klang
eiskalt und entschlossen.
„Ihr werdet das nicht …!“,
keuchte Pickett wütend unter Edans Würgegriff, verstummte jedoch
abrupt, als er den bedrohlichen Druck auf seinem Kehlkopf verspürte.
„Ich habe nichts mehr zu verlieren, Thomas! Tu was ich sage,
oder der Captain stirbt!“
„Verdammt Edan! Du stehst völlig
alleine da. Die Mannschaft wird dir nicht folgen – nicht wegen ein
paar halbtoter Sklaven!“
„Befreie die Sklaven!“, sagte Edan
mit eiskalter Stimme und drückte erneut auf den bereits schmerzenden
Kehlkopf von Pickett. Dieser verstand.
„Tut was er Euch sagt!“,
würgte Pickett schwerkeuchend hervor. Slade und die anderen
Offiziere zögerten noch immer, doch ein weiterer, schmerzhafter
Keucher des Captains ließ sie schließlich ihre Degen einstecken.
Slade wies die Mannschaft
an, die Sklaven loszumachen und auf die Royal Sun zu bringen.
„Ihr
solltet mich töten, solange ihr es noch könnt, Chandler!“,
keuchte Pickett unter dessen unbarmherzigen Würgegriff. „Denn bei
Gott, wenn Ihr mich am Leben lasst, dann werde ich nicht eher ruhen,
als bis ich Euch am höchsten Masten aufknüpfen kann. Vorher aber,
werde ich Euch so lange quälen, dass Ihr wünscht, niemals geboren
worden ...!“ Erneut schnürte ihm der muskulöse Arm des Commanders
die Luft ab.
Wenig später war das
Klirren von Eisenketten und schlurfenden Schritten zu hören. Etwa
vierzig, zerlumpte, verdreckte und bestialisch stinkende Kreaturen,
hielten sich die Hand vor die Augen, weil das Abendlicht sie
schmerzhaft blendete.
Edan stand mit seiner Geisel immer noch
allein auf dem Kapitänsdeck. Er hatte von dort jedoch den perfekten
Überblick auf sämtliche Decks.
Laut und deutlich rief er seine
Befehle: „Gebt den Sklaven sofort etwas zu trinken. Wascht sie und
setzt sie dann unverzüglich über!“
Er schaute auf den
zerlumpten Haufen und rief dann erneut: „Wer von euch ist Bewembe?“
Es dauerte etwas, bis sich ein riesiger Schwarzer zögernd aus der
Masse der dunklen Leiber löste. Auch er hielt sich die Hand vor sein
kugelrundes Gesicht, um seine Augen, die seit längerem kein
Tageslicht mehr gesehen hatten, zu schützen.
„Bringt ihn
rüber. Sofort!“, wies Edan die Mannschaft an.
Wenige Minuten
später stand der Schwarze namens Bewembe auf dem unteren Deck, das
dem Kapitänsdeck am nächsten war. Unwillig schaute er zu Edan hoch.
Auf seinem breiten Gesicht lag ein trotziger Zug.
„Nun
Bewembe“, sagte Edan für alle hörbar, „das hier ist vermutlich
deine einzige und letzte Chance auf Freiheit! Freiheit für dich und
auch für die anderen Sklaven!“
„Freiheit?“, lachte der
dunkle Hüne spöttisch. „Das Einzige was wir gewonnen haben sind
ein paar Minuten mehr Lebenszeit. Während Eure Lebenszeit sich
gerade dramatisch verkürzt!“
Pickett stieß ein meckerndes
Lachen aus.
„Der schwarze Affe ist ja richtig klug …!“,
ächzte er höhnisch, bevor ihn Edans tödlicher Würgegriff erneut
zum Schweigen brachte.
„Entscheide dich, Sklave!“, sagte Edan
unbeeindruckt, während seine aufmerksamen Augen keinen der Offiziere
aus den
Weitere Kostenlose Bücher