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Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition)

Titel: Wenn die Sinne erwachen - Teil 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Winter
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Edan hinüber grinste. Sie wussten beide
nur zu gut, in was für einer aussichtslosen Situation sich Edan
befand.
„Ich werde Euch natürlich töten … am Fockmast
aufhängen, für jedermann sichtbar!“, versprach Pickett böse
lächelnd. „Für den Fall, dass Ihr nicht schon um Gnade winselnd
an den hundert Peitschenhieben zugrunde gegangen seid, die ich Euch
zuvor höchstpersönlich verabreichen werde!“
„Schweigt,
Pickett! Oder ich lasse Euch knebeln!“, zischte Edan gereizt. Seine
Nerven waren mittlerweile nicht mehr die besten.
„Nur zu,
Chandler! Mit jeder weiteren Respektlosigkeit erhöht Ihr Euer
Guthaben an Peitschenhieben!“ Picketts triumphierendes Lachen
hallte weithin durch die Nacht.
„Dann sollte ich vielleicht
zuvor Euer Guthaben bei mir reduzieren!“ Bei Edans unverhohlener
Drohung kniff Pickett die Augen zusammen.
„Das würdet Ihr
nicht wagen!“
„Glaubt Ihr? Was habe ich zu verlieren? Ich bin
so gut wie tot. Da wäre es doch nur gerecht, mich kurz vor meinem
Ableben noch für all die Schandtaten, die Ihr mir und der Mannschaft
angetan habt, zu revanchieren!“ Zum ersten Mal seit Wochen verzogen
sich Edans Lippen zu einem Lächeln. Doch es war kein fröhliches
Lächeln. „Ich könnte mir vorstellen, dass es die Mannschaft dann
gar nicht mehr so eilig hat, mich zu überwältigen. So ein blutiger
Kapitänsrücken …!“
Picketts einzige Antwort war ein eisiger
Blick.
Edan quittierte das Schweigen des Captains mit einem
süffisanten Lächeln und wandte sich dann an Bewembe.
„Geh und
hol den Steuermann, Thomas Slade!“ Bewembe gehorchte und ging zu
einer der Deckluken. Er rief ein paar der anderen Sklaven zu sich, um
die Deckluke zu sichern und nur soweit zu öffnen, dass sich ein
einzelner Mann gerade hindurchquetschen konnte. Er rief nach Thomas
Slade, der wenige Augenblicke später durch die Öffnung gekrochen
kam.
Bewembe bedeutete ihm zu Edan zu gehen.
„Was willst du
von mir?“, fragte Slade seinen ehemaligen Freund unwirsch.
Edan
deutete mit dem Kopf zur Brigg hinüber, deren Schlagseite
bedrohliche Ausmasse angenommen hatte. Die Taue, die beide Schiffe
miteinander verbanden, waren bereits zum Zerreißen gespannt.
„Du
hast die Wahl, alter Freund! Entweder, du und die Mannschaft
kooperiert und segelt die Royal Sun so schnell wie möglich von hier
weg, oder wir ersaufen alle jämmerlich im Sog der Brigg!“
Thomas
Slade schaute zur Brigg hinüber, deren rechte Seite bereits gewaltig
aus dem Wasser ragte und die Taue, die zur Royal Sun liefen, immer
mehr unter Spannung setzte.
    „Und sollte einer von euch
auf dumme Gedanken kommen“, Edans Stimme klang ruhig, aber eiskalt,
„ist der Captain ein toter Mann!“
„Tut was er sagt,
Steuermann! Bringt uns verdammt noch mal von hier weg, bevor wir alle
ersaufen!“, wies Pickett seinen Steuermann fluchend an. Thomas
Slade warf seinem Captain einen zögernden Blick zu, salutierte dann
aber gehorsam.
    „Ay, Sir!“ Er wollte
schon eilig wegtreten, als Edan ihn nochmals zurückhielt.
„Du
kriegst nur vierzig Männer, Slade. Die Hälfte davon sind die
spanischen Gepressten!“
„Das ist verdammt riskant, Edan. Ich
brauche jede verfügbare Hand!“
„Du kriegst vierzig Seeleute
und jeder Seemann bekommt einen Sklaven an die Hand! Und nun geh! Die
Brigg macht's nicht mehr lange!“ Wie um Edans Worte zu
unterstreichen, gab das Holz der langsam sinkenden Brigg ein lautes,
gequältes Stöhnen von sich.
    Thomas Slade zögerte nicht mehr länger und eilte, in
Begleitung von Bewembe und dessen gezücktem Degen, zu der Deckluke,
um sich seine vierzig Seeleute zusammenzustellen.
Wenig später
herrschte hektisches Treiben an Bord. Thomas Slade schrie Befehle und
Bewembe bemühte sich, diese so gut es ging ins Spanische zu
übersetzen. Edan verfolgte das Geschehen schweigend vom Kapitänsdeck
aus. Er hatte sich von einem der Sklaven etwas zu essen bringen
lassen. Die frischen Früchte belebten seine müden Lebensgeister
etwas. Er wußte, er war noch lange nicht außer Gefahr. Die Nacht
würde verdammt lang werden und die Dunkelheit seine Lage noch
erschweren. Bereits jetzt kämpfte er verzweifelt gegen eine bleierne
Müdigkeit an. Um ihr nicht zu erliegen, zwang er sich auf dem
Kapitänsdeck auf- und abzugehen.
Langsam aber stetig begann sich
die Royal Sun vorsichtig von der ächzenden und stöhnenden Brigg
wegzubewegen. Ein Teil der Mannschaft hielt das Wrack der Brigg mit
langen Holzstangen von der Royal Sun entfernt, so dass es zu

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