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Wenn Die Wahrheit Stirbt

Titel: Wenn Die Wahrheit Stirbt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie , Andreas Jäger
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auf der Zunge, Hazel zu fragen, warum sie nichts aus Carnmore, ihrem Haus in Schottland, oder aus Islington mitgenommen hatte, als Hazel sagte: »Es ist eigentlich ein Puppenhaus. Erinnert mich an die Garagenwohnung.Weißt du noch?«
    Gemma hörte den wehmütigen Ton in der Stimme ihrer Freundin und tätschelte ihren Arm. »Natürlich. Das ist doch gerade mal -« Sie brach ab. War es wirklich schon so lange her?
    Gemma hatte die winzige Garagenwohnung hinter dem Haus in Islington gemietet, als Hazel dort mit ihrer Tochter Holly und ihrem Mann Tim Cavendish, von dem sie inzwischen
getrennt war, gewohnt hatte. Für Gemma war es ein Zufluchtsort gewesen und zugleich eine Chance, neu anzufangen; hier hatte sie ihr Selbstwertgefühl, das durch ihre gescheiterte Ehe so schwer angeschlagen war, wieder aufbauen und sich persönlich und beruflich weiterentwickeln können. Hazel hatte sich um Gemmas Sohn Toby gekümmert, der in Hollys Alter war, und sie hatte Gemma eine Beständigkeit geboten, die sie selbst zu Hause nie erlebt hatte.
    Dann hatte eine unerwartete Schwangerschaft Gemma in ein neues Leben an der Seite von Duncan Kincaid katapultiert, und wenige Monate später war Hazels Ehe zerbrochen, worauf sie in die schottischen Highlands gezogen war, um die Whiskybrennerei ihrer Familie zu übernehmen.
    »An Weihnachten werden es zwei Jahre«, stellte Gemma verwundert fest. Zwei Jahre, seit sie und Duncan mit Toby und Duncans Sohn Kit in das Haus in Notting Hill gezogen waren; zwei Jahre, seit sie das Kind verloren hatte.
    »Es gibt nur das eine Schlafzimmer«, sagte Hazel. »Aber wenn Holly über Nacht bleibt, kann sie bequem auf dem Sofa schlafen. Und natürlich gelingt es ihr meistens, zu mir unter die Decke zu kriechen.«
    »Wenn Holly über Nacht bleibt?«, fragte Gemma. Die Bemerkung hatte sie schlagartig in die Gegenwart zurückgeholt. »Wie meinst du das - ›wenn Holly über Nacht bleibt‹ - wohnt sie denn nicht bei dir?«
    Hazel wandte den Blick ab, setzte zu einer Antwort an und deutete dann auf die Küche. »Ich setze nur rasch Teewasser auf, ja? Und dann können wir uns in Ruhe unterhalten.«

2
    Es war der Sommer, in dem wir Waisen wurden.
    Emanuel Litvinoff, Journey Through a Small Planet
     
     
    Er mühte sich verzweifelt, den Traum abzuschütteln, kämpfte sich an die Oberfläche des Bewusstseins wie ein Ertrinkender, der nach Luft ringt. Einen Moment schien es, als würde er aus der Tiefe auftauchen, und mit einer gewaltigen Willensanstrengung gelang es ihm, die Lippen zu bewegen.
    »Sandra.« Er glaubte seine eigene Stimme zu hören, ein raues Flüstern. Doch dann lichtete sich der Nebel noch etwas mehr, und er begriff, dass er gar nicht gesprochen hatte, dass auch sein Stoßgebet ein Teil des Traums gewesen war. »Wa-«, brachte er hervor, und diesmal war er sich sicher, dass er gesprochen hatte; doch seine trockenen Lippen fühlten sich fremd an, als gehörten sie der Puppe eines Bauchredners.
    »Wo-« Es war nur ein Wispern, kaum vernehmlich, doch er fasste neuen Mut und versuchte die Augen aufzuschlagen. Das plötzliche grelle Licht blendete ihn, und der aufflammende Schmerz, den es mit sich brachte, ließ ihn wieder in einen wohligen Dämmerzustand zurücksinken.
     
    Hazel setzte sich in den Sessel, schmiegte sich in die Polster und zog die Beine an, als ob sie in der Bequemlichkeit Trost suchte. Aus der Küche hatte sie ein Tablett mit einer roten Teekanne und Tassen mitgebracht, dazu ein Kännchen Milch und
einen Teller mit einer Plätzchenmischung aus dem Supermarkt. Gemma konnte sich nicht erinnern, dass Hazel ihr je irgendetwas angeboten hätte, was sie nicht selbst gebacken hatte. Allerdings wusste Hazel noch genau, wie viel Milch Gemma im Tee nahm, und schenkte ihr ein, bevor sie ihre eigene Tasse füllte und sie mit beiden Händen umschlang.
    Gemma spürte den Hauch einer Brise von den Terrassenfenstern und glaubte den Duft von Zitronen zu riechen. Von jenseits der Mauer drangen schwach die Stimmen der Jungen auf der Straße an ihr Ohr.
    Da Hazel schwieg, begann Gemma zögernd: »Als du sagtest, du kommst wieder nach Hause, dachte ich, dass du und Tim euch vielleicht wieder versöhnt hättet.«
    »Nein.« Stockend fuhr Hazel fort: »Ich hatte geglaubt … Aber ich fürchte, es ist einfach zu kompliziert. Selbst wenn Tim mir verzeihen könnte, bin ich mir nicht sicher, ob ich mir selbst verzeihen kann.« Der Blick, den sie Gemma zuwarf, war eindringlich. »Ich hatte alles, Gem. Ehe,

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