Wenn die Würfel fallen
ausgewählt haben, daß
jeder von ihnen bereit ist, zu schwören, Sie hätten das Haus keine Sekunde lang
verlassen. Und wenn Sie sie nicht umgebracht haben, dann interessiert mich Ihr
Alibi überhaupt nicht.«
»Sehr originell, Leutnant«,
sagte er. »Aber recht haben Sie.«
Er begleitete mich durch den Flur
zur Haustür. »Also dann, gute Nacht — Mr. Wheeler«, sagte er. »Der Mister war
doch Ihre Idee, nicht wahr?«
»Zur Abwechslung mal was
anderes«, erklärte ich.
»Ich wußte es zu schätzen«,
sagte er. »Wie ich Ihnen schon sagte, weiß Angela nur, daß ich im Importgeschäft
tätig bin und Kameraausrüstungen einführe. Ich rechne Ihnen Ihr Taktgefühl sehr
hoch an, Leutnant. Vielleicht kann ich eines Tages Ihnen einen Gefallen tun.
Sie brauchen es mich bloß wissen zu lassen.«
»Danke«, sagte ich. »Wenn ich
das nächste Mal nach Las Vegas fahre, könnten Sie vielleicht arrangieren, daß
ich mein eigenes Roulette mitnehmen darf.«
Ich stieg in meinen Healy, fuhr
im Rückwärtsgang die Auffahrt hinunter und auf die Straße hinaus. Dann fuhr ich
langsam nach Hause. Ins Büro wollte ich nicht mehr zurück. Lavers würde auch
ohne mich auskommen, hoffte ich. Ich wußte, was passieren würde, wenn wir uns
miteinander unterhielten. Und so wollte ich es noch etwas hinausschieben.
Vielleicht hatte er sich bis morgen ein bißchen abgekühlt.
Ich parkte den Healy am
Straßenrand und ging in meine Wohnung hinauf. Ich schaltete das Licht im
Wohnzimmer ein und fand im ganzen Raum kein Anzeichen, das auf Gabrielles
Anwesenheit hindeutete. Ein leichtes Gefühl des Bedauerns überkam mich, aber es
war zwecklos, einer Sache nachzutrauern, die nicht zu ändern war. Ich goß mir
was zu trinken ein und fläzte mich in meinen Sessel in der stillen Hoffnung,
daß kein Telefon läuten möge.
Dann hörte ich ein schleppendes
Geräusch, und die Tür zum Schlafzimmer flog auf. Eine fußbereifte Sprengbombe
in schwarzer Haremsmontur landete auf meinem Schoß und haute mir das Glas glatt
aus der Hand. »Ich dachte, du wärest gegangen«, sagte ich leicht benommen.
»Al, Geliebter!« schmollte sie.
»Ich habe auf dich gewartet! Wo waren wir stehengeblieben?« Sie kuschelte sich
noch enger an mich heran und schlang ihre Arme um meinen Hals. Sie fühlte sich
sehr warm und angenehm an. Ihre Lippen öffneten sich leicht, als sie sich den
meinen näherten. »Ich erinnere mich schon wieder. Ungefähr hier, glaube ich.«
Ich hatte das Gefühl, an eine
Hochspannungsleitung gekommen zu sein, als wir uns küßten. Der Kuß nahm
Marathon-Ausmaße an, aber das große Rennen sollte noch kommen.
Aus einem unerklärlichen Grund
löste sich Gabrielle plötzlich von mir und stand auf. Die Hände in die Hüften
gestützt, stand sie nachdenklich da.
»Was ist denn los?« fragte ich
verzweifelt. »Was habe ich getan, oder was habe ich nicht getan? Du wirst doch
jetzt keinen Whisky wollen, oder?«
Sie schüttelte langsam den
Kopf. »Ich lasse nach«, sagte sie. »Ich werde wahrscheinlich alt oder sonst
etwas, Al. Mein Gedächtnis läßt mich im Stich!«
»Wie?« murmelte ich
verständnislos.
»Ich fragte dich doch, wo wir
stehengeblieben waren«, klagte sie mich an. »Und du hast es mir nicht gesagt.«
»Du hast mir ja gar keine
Gelegenheit dazu gegeben.«
»Ja, aber du mußt doch gewußt
haben, daß ich mich geirrt hatte. Wir waren doch schon viel weiter.«
»Ich wäre glücklich, wenn wir
noch einmal von vom anfangen könnten«, sagte ich aufrichtig.
»Ich möchte aber, daß alles
seine Ordnung hat«, antwortete sie.
Mit einer geschmeidigen
Bewegung stieg sie aus den Pluderhosen und stand da und hielt sie in der Hand.
»Da waren wir doch!« sagte sie mit zufriedener Stimme. Sie ließ sich wieder auf
meinen Schoß plumpsen. »Es muß alles seine Ordnung haben, Al«, sagte sie.
Erfahrung ist der Grundstein
des Lebens, hat mal jemand gesagt. Wenn das stimmt, dann baute ich in dieser
Nacht einen ganzen Wolkenkratzer.
ZEHNTES KAPITEL
S ie kommen spät, Leutnant«,
sagte Annabelle Jackson, als ich das Vorzimmer betrat. »Es ist schon fünf nach
zehn.«
»Ich weiß, daß ich zu spät
komme«, antwortete ich glücklich. »Aber es hat sich gelohnt.«
»Der von Leichen umkränzte
Casanova«, sagte sie mit beißender Stimme. »Im Augenblick herrscht der übliche
Zustand. Der Sheriff wartet auf Sie. Der Sheriff ist wütend. Je länger er
wartet —«
»- um so kürzer wird die Zeit, die mir noch als Polizeibeamter
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