Wenn die Würfel fallen
sich. Ich verstellte meine Stimme und sagte
eine Oktave tiefer als gewöhnlich: »Ich möchte umgehend mit Mr. Fletchers
Rechtsanwalt sprechen. Es ist sehr wichtig.«
»Tut mir leid«, antwortete sie.
»Mr. Hazelton ist vor zehn Minuten weggegangen. Ich
glaube, daß er direkt in sein Büro gefahren ist. Sie werden ihn dort sicherlich
erreichen.«
Ich legte auf und blätterte
durch das Telefonbuch, bis ich Hazeltons Nummer fand.
Er sei gerade zurückgekommen, sagte mir seine Sekretärin, jedoch im Augenblick
zu sehr beschäftigt, um gestört zu werden.
»Richten Sie ihm aus, daß
Leutnant Wheeler anruft«, sagte ich. »Es ist wegen Fletcher und sehr dringend.
Die Sache duldet keinen Aufschub.«
»Ich werde es ihm ausrichten,
Leutnant«, sagte sie zweifelnd. »Aber er ist im Augenblick schrecklich beschäftigt.«
»Sagen Sie ihm, je länger er es
hinauszögert, mit mir zu sprechen, um so länger wird sein Mandant im Gefängnis
bleiben.«
Zwanzig Sekunden lang herrschte
Stille. Dann meldete sieh eine unfreundliche männliche Stimme. »Hier Hazelton . Hören Sie, Wheeler, Sie arbeiten für den Sheriff.
Stehlen Sie ihm seine Zeit, nicht meine.«
»Ich arbeite nicht mehr für den
Sheriff«, erklärte ich. »Wir hatten eine Auseinandersetzung. Ich war nicht
damit einverstanden, daß er Fletcher verhaften ließ.«
»So?« Aus dem Ton seiner Stimme
merkte ich, daß sein Interesse erwachte. »Und warum erzählen Sie mir das?«
»Weil ich herausgefunden habe,
daß Fletcher ein Alibi hat«, sagte ich.
»Was haben Sie?«
»Ich bin in meiner Wohnung«,
sagte ich. »Sie kommen am besten zu mir, dann können wir uns darüber
unterhalten. Die Sache muß mit Vorsicht angefaßt werden.«
»Soll das ein Witz sein,
Leutnant?«
»Wenn ich einen Witz machen
will, warum sollte ich mir gerade Sie dafür aussuchen?« fragte ich. »Die
Angelegenheit ist ernst.«
»Also gut«, sagte er. »Ich
komme sofort zu Ihnen. Wo wohnen Sie?« Ich gab ihm meine Adresse, und er legte
auf.
Gabrielle hatte inzwischen für
uns beide frischen Kaffee gebracht. Sie saß auf der Couch und schaute mich
nachdenklich an. »Langsam beginne ich, mich vor der ganzen Sache zu fürchten,
Al.«
»Das brauchst du nicht«,
beruhigte ich sie. »Halte dich nur an das, was ich dir gesagt habe, mehr
brauchst du nicht zu tun. Mache deine Aussage und erzähle kein Wort mehr als
nötig. Hazelton wird dir zur Seite stehen. Niemand
kann deine Geschichte widerlegen.«
»Ich hätte so schlau sein
sollen, mich nicht in einen Polizisten zu verknallen«, resignierte sie. »Im
Vergleich zu Pine City war es in Las Vegas geradezu langweilig!«
Hazelton erschien fünfzehn Minuten
später. Er sah aus wie ein erfolgreicher Anwalt, ganz der Typ, den sich
Fletcher als Anwalt wünschen würde. Ein gutangezogener Mann, Ende der Dreißig,
mit einem gepflegten Schnurrbart und großen weißen Zähnen.
Ich stellte mich vor und dann
Gabrielle. Er stand da und schaute sich in der Wohnung um, wie ein Terrier, der
bereit war, nach dem ersten Ding, das sich bewegte, zu schnappen.
»Also«, sagte er. »Wo ist es?«
»Was?«
»Das Alibi!«
»Ich habe Sie soeben damit
bekannt gemacht«, erklärte ich. »Gabrielle.«
»So?« Seine Augen weiteten sich
ein bißchen, als er sie anschaute. »Das ist das beste Alibi, das mir in meiner
ganzen Karriere vorgekommen ist.«
Gabrielle gewährte ihm ein
schwaches Lächeln. »Vielen Dank für die Südfrüchte«, sagte sie.
Ich goß Drinks für uns alle
ein; ich vermutete, daß wir sie brauchen würden. Ich erklärte Hazelton , wer Gabrielle war und die Zusammenhänge, die
zwischen Las Vegas und Fletcher bestanden. Je mehr ich ihm erzählte, um so
breiter wurde sein Lächeln. Ich vermutete, daß er wegen seiner großen weißen
Zähne ohnehin dauernd grinste, auch wenn sein Lachen nicht immer echt war. Aber
jetzt sah er aus, als freute er sich wirklich.
»Eine Frage bleibt offen«,
sagte ich. »Und die lautet: warum hat Fletcher das nicht schon gestern nacht
gesagt? Warum hat er das nicht gesagt, daß er ein Alibi hat? Und weiter, warum
hat er das heute morgen bei seiner Festnahme nicht gesagt?«
»Das brauchen Sie mir nicht zu
sagen, Leutnant!« Hazelton hob abwehrend die Hand.
»Lassen Sie es sich von mir erzählen. Er hätte damit die betreffende Dame
bloßgestellt. Es widersprach Fletchers Ehrgefühl. Nie würde er den Ruf einer
Dame beflecken, nicht einmal, um sich selber zu retten!«
»Sie haben ’nen Vogel!« sagte
ich. »Was glauben Sie
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