Wenn du denkst, du hast mich schon
herbeigesehnt, oder nicht?
Sie hatte nur nicht mit Gottes seltsamem Sinn für Humor gerechnet.
„So oft bin ich sowieso nicht zu Hause, Megan”, erklärte Travis ruhig. „Ich nehme weiterhin an den Rodeoveranstaltungen teil.”
„Ach ja, richtig!” erwiderte sie und vermochte nicht, ihre Erleichterung zu verbergen.
„Nun, das wäre dann ja in Ordnung.” Sie sprang auf und begann, auf und ab zu gehen. „Ich meine, wir haben ja hier viel Platz”, sagte sie mit weitausholender Geste. „Dieses alte Haus erstreckt sich in alle Himmelsrichtungen. Es gibt eine Reihe Schlafzimmer …” Abrupt hielt sie inne und musterte ihn unsicher. „Oder würdest du das Zimmer mit mir teilen wollen?”
Er holte tief Luft und hielt den Atem an. Dabei ruhte sein Blick auf ihr. Als er schließlich ausatmete, lächelte er amüsiert. „Wie es dir am angenehmsten ist, Megan.”
„Oh.” Sie dachte darüber nach, wie es sein würde, mit Travis Kane im selben Zimmer zu schlafen, und erschauerte. „Also, der Gedanke, mit dir mein Zimmer zu teilen, ist mir bestimmt nicht angenehm … oder mit jemand anderem … ehrlich gesagt.”
„Ich verstehe.”
Sie begann, erneut auf und ab zu gehen. „Na ja, an so eine Vorstellung muss ich mich erst gewöhnen. Ich habe nie damit gerechnet, dass ich heiraten würde. Deshalb habe ich auch nie über so etwas nachgedacht.” Megan trat ans Fenster, schaute nach draußen und überlegte, wann ihre Schwestern wohl zurückkämen und wie sie ihnen erklären sollte, was sie vorhatte.
„Wieso denn das?”
Bei seiner Frage wirbelte sie verblüfft herum. „Wieso hätte ich darüber nachdenken sollen?
Ich hatte ganz andere Dinge im Kopf.” Sie breitete ihre Arme aus und lachte. „Wer würde jemanden wie mich heiraten wollen? Eine Frau, die versucht, eine heruntergekommene Ranch zu bewirtschaften und ihre Schwestern großzuziehen? Niemand, der auch nur einen Funken Verstand besitzt, wird unter solchen Umständen daran interessiert sein.” Sie musterte ihn skeptisch.
„Doch, ich”, erwiderte er gelassen.
Megan vermochte ihren prüfenden Blick nicht zu senken. Hatte sie den Haken an der Sache entdeckt? War er bei seinen Bullenritten vielleicht doch zu oft auf den Kopf gefallen?
Er schien zwar vollkommen vernünftig, aber sein Vorschlag deutete darauf hin, dass er verrückt war. Doch er war so klug gewesen und hatte von vornherein eine zeitliche Begrenzung mit einbezogen. Lächelnd erinnerte sie ihn daran. „Ja, aber nur für ein Jahr.
Glaub mir, nach einem Jahr wirst du mehr als froh sein, wieder hier wegzukommen.” Sie nickte und erkannte mehr und mehr die Vorteile seines ausgefallenen Vorschlags. „Bis dahin hat Mollie ihren Abschluss an der High School. Wer weiß? Vielleicht wollen meine Schwestern ja lieber in die Stadt ziehen. Oder nach Austin oder San Antonio.”
Plötzlich fühlte Megan sich beschwingter als seit Wochen - nein, als seit Monaten - und merkte, dass sie halb verhungert war. Sie ging zum Kühlschrank hinüber und öffnete ihn. „Da ich gerade von den beiden spreche, sie haben die Nacht bei Freunden verbracht. Ich weiß nicht, wann sie nach Hause kommen, deshalb hat es wenig Sinn, ihnen etwas zu kochen. Aber ich habe Hunger.” Sie spähte über ihre Schulter. „Willst du noch etwas bleiben und mit mir essen?”
Er lächelte. „Das würde ich gern tun, Megan.”
Sie stöberte im Kühlschrank herum. „Etwas Besonderes gibt es nicht. Mollie ist unsere Köchin. Ich mache nur einen Imbiss und …”
Sie richtete sich auf und hielt eine Platte mit Käse und Aufschnitt in den Händen. Damit wandte sie sich zu Travis um und entdeckte ihn gleich hinter sich. Er nahm ihr die Platte ab, stellte sie auf die Anrichte und schloss für Megan den Kühlschrank.
„Ich finde, wir sollten unsere Abmachung besiegeln, oder nicht?” murmelte er. Hinter ihr war nur der Kühlschrank. Sie konnte ihm nicht ausweichen.
Megan konnte sich nicht erinnern, jemals so überrascht worden zu sein. Ehe sie noch einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte er ihr schon den Mund mit seinen Lippen verschlossen.
Es durchfuhr sie wie ein elektrischer Stromstoß. Travis Kane, der Schwarm aller Frauen, küsste sie. Er küsste sie, Megan O’Brien … den Wildfang … das Mädchen, das …
Was sie mit den Sinnen aufnahm, verdrängte jeglichen Gedanken. Sie nahm den Duft seines Rasierwassers wahr, den pfefferminzartigen Geschmack seiner Lippen, die Muskeln seines Oberkörpers, sein
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