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Wenn du lügst

Wenn du lügst

Titel: Wenn du lügst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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nicht einleuchten, wie Leroys Versuch, mich zu kidnappen und weiß der Himmel was noch, eine gute Sache sein sollte, ganz gleich, wie sehr es Pat half. Sie bemerkte meine Reaktion. »Gehen Sie nach Hause, Breeze. Ich lasse Sie von einem Beamten zum Flughafen fahren, der bei Ihnen bleibt, bis die nächste Maschine geht. Danach sollten Sie in Sicherheit sein. Hier sind Sie eine Bürde für uns, und Sie selbst gehen ein hohes Risiko ein.«
    »Überlegen Sie mal«, erwiderte ich, »wenn er mich ermorden würde und Sie ihn dafür drankriegen könnten. Wäre das nicht großartig?«
    »Hinterlassen Sie uns ein paar brauchbare Beweise, okay?«, sagte sie trocken. »Gute, solide Beweise. Das wüssten wir wirklich zu schätzen.« Sie lächelte nicht.

kapitel 15
    Das Flugzeug hob ab und stieg in einen harten, blauen Lackhimmel empor, der mit einer dünnen, weißen Baumwollschicht überzogen war. Die Wolken wirkten wie zerschreddert vor diesem erbarmungslosen, viel zu selbstsicheren Himmel.
    Was hatte Pat mir eingebrockt, indem sie Leroy hinters Licht führte?
    In gewisser Hinsicht verstand ich sie. Pat wusste etwas, das die Öffentlichkeit nicht wusste, nämlich, dass sie Leroy nicht erwischen würde, wenn sie nach den Regeln spielte. Dann hätte sie am Ende noch mehr tote Lebensmittelhändler mit behinderten Frauen. Also versuchte sie, kreativ zu sein. Das Einzige, was ich Pat wirklich vorwarf, war, dass sie Leroys Gewaltbereitschaft unterschätzt hatte. Nach allem, was sie im Laufe der Jahre über ihn gesammelt hatte, war das unverzeihlich.
    Ich verbrachte die lange Fahrt von Raleigh nach Cedar damit, die Sache mit der Limousine wieder und wieder Revue passieren zu lassen. Ich hätte mir gern dafür auf die Schulter geklopft, entwischt zu sein, tatsächlich fühlte ich mich aber wie eine komplette Idiotin, weil ich überhaupt erst eingestiegen war. Und was würde ich tun, wenn so etwas noch einmal passierte? Nächstes Mal würde
es gewaltsamer und reibungsloser ablaufen. Leroy würde seine Lektion gelernt haben und auf fantasievolle Tricks verzichten. Ich sagte mir, dass es nicht passieren würde. Ich war zum Zufallsopfer geworden, weil ich mich gerade in Dallas aufgehalten hatte. Wenn ich mich bedeckt hielt und nicht ins Leroys Blickfeld geriet, sollte sich die ganze Aufregung legen, und es würde kein nächstes Mal geben.
    Das Haus war still, als ich eintrat, und ich fühlte mich so erleichtert, wieder in meiner eigenen Welt zu sein, dass mir fast die Tränen kamen. Betsy war ein willkommener Anblick, wie sie da in Trägertop und Hüftjeans auf dem Sofa im Wohnzimmer saß und mit auf ein Kissen gestützten, rot lackierten Zehennägeln still in einer Zeitschrift las.
    »Hallo«, begrüßte ich sie. »Wo ist Lily?«
    »Fräulein Lily ist in ihrem Zimmer und hört Musik. Sie hat ihre Kopfhörer auf. Hattest du eine gute Reise?« Betsy sah bemerkenswert unbeschadet aus.
    »Eine ziemlich bizarre«, erwiderte ich. »Wie ist es hier gelaufen?«
    »Okay.«
    »Nur okay?«
    »Na ja, das ist so eine Art Durchschnittsergebnis. Mir ging’s prima.«
    »Und Lily?«
    »Nun, diese ganze Sache zieht sie halt völlig runter, das ist alles.«
    »Ich weiß, dass die Schule ein Schock war. Sie ist zu klein.«
    »Ach, Breeze, Schätzchen. Das hat nicht mit der Größe
zu tun. Sie passt in diese Schule etwa so gut wie ein Vampir. All diese Kinder kennen sich schon seit dem Kindergarten. Ihre Familien sind miteinander bekannt. Außerdem hat sie grüne Haare, sie ist gepierct, und es gibt hier sonst weit und breit niemand, der so aussieht. Aber es ist nicht nur ihre Aufmachung. Ich weiß, dass du das glaubst, aber es ist alles an ihr. Die anderen Schüler in ihrer Klasse behandeln sie wie eine Aussätzige. Und das ist noch nicht mal das Schlimmste.«
    »Lieber Himmel. Was meinst du damit? Was ist das Schlimmste?«
    »Ist dir irgendwelche Post von ihrer Mutter aufgefallen?«
    »Post? Sie erwartet Post?«
    »Menschenskinder, Breeze. Ja, Post. Sie hat bisher kein Sterbenswörtchen von ihrer Mutter gehört.«
    »Na ja, ihre Mutter …«
    »Geht jeden Tag zur Arbeit, wo sie eine Postkarte schreiben und sie ihrer Tochter schicken könnte.«
    »Kapiert sie es denn einfach nicht? Ihre Mutter ist total abgedreht und kaputt. Ich bezweifle, dass sie ihr Auto auf einem Parkplatz finden könnte. Sie kann sich wahrscheinlich nicht mal mehr daran erinnern, wie es aussieht. Sie ist nicht funktionsfähig. Vermutlich ist ihr Gehirn geschädigt. Das ist die

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