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Wenn Du Luegst

Titel: Wenn Du Luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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ihr eigenes Kind gekidnappt zu haben. Sie ist mit ihm zusammen, und sie hat das Sorgerecht. Sie kann meine Vormundschaft jederzeit widerrufen.«
    »Ich wette zehn zu eins, dass sie nichts damit zu tun hat. Sie weiß vermutlich noch nicht einmal, dass sie Lily mitnehmen werden.«
    »Mit ziemlicher Sicherheit weiß sie das nicht«, gab ich ihr recht.
    »Also kann sie der Polizei sagen, dass sie nicht einverstanden war.«
    Mandy und ich sahen uns schweigend an. Betsy wusste
nicht das Geringste über misshandelte Frauen. »Sie wird sich ihm nicht widersetzen, Betsy«, erklärte ich sanft. »Sie steht absolut und vollkommen unter seiner Kontrolle. Sie ist so viel geschlagen worden, dass sie jedes Gefühl für sich selbst verloren hat. Sie wird sagen, was auch immer er ihr zu sagen befiehlt.«
    »Verdammt noch mal, Breeze«, explodierte sie. »Wir werden nicht einfach hier sitzen und es zulassen.«
    »Ich weiß nicht, was wir tun könnten.«
    »Wir können sie zurückkidnappen.«
    »Ja, genau. Und wie würde es dir gefallen, wegen Entführung angeklagt zu werden?«
    »Komm mir nicht mit solchem Bockmist, Breeze. Wir werden nicht zulassen, dass dieser Dreckskerl einfach damit durchkommt, und mehr gibt es dazu nicht zu sagen.«
    »Was genau glaubst du, könnten wir tun? Wenn er sie erst mal in seiner Gewalt hat, wird er einen Weg finden, damit sie das sagt, was er von ihr erwartet.«
    »Breeze, ich fass es einfach nicht. Was bist du nur für ein Weichei. Das musst du von deiner Hippie-Mutter haben, diesen ganzen Arizona-Liebe-und-Frieden-Kram. Das hat nichts mit den Südstaaten zu tun, so viel ist sicher. Wir vergessen nicht, wir verzeihen nicht, und wir geben niemals auf. Es gibt Klapperschlangen, die es mehr verdient haben zu leben als dieser Mistkerl. Ich persönlich bezweifle, ob es die Polizei wirklich kümmern würde, wenn wir ihn erschießen und an die Krabben verfüttern würden, sobald sie erst mal wissen, was er Jena angetan hat.«
    Dass sie meine Mutter erwähnt hatte, ärgerte mich. Ich war erschöpft und krank vor Sorge, und meine Gefühle
waren bis zu dem Punkt angespannt, an dem das Gummiband zurückschnappt. Aber Betsy bemerkte meine Verärgerung noch nicht einmal. Sie suchte Streit, und ich war da.
    »Jetzt bloß keine Südstaatennostalgie, Betsy. Das ist Schwachsinn.«
    Mandy wollte uns unterbrechen, aber Betsy stoppte sie mit einer Handbewegung.
    »Fang du nicht mit dem Süden an«, sagte Betsy. »Ich weiß, dass wir Fehler gemacht haben. Es gab Zeiten, da lagen wir so falsch, wie ein Volk nur falsch liegen kann. Aber du musst unterscheiden zwischen den Inhalten und dem Handeln. Wir lagen nur bei den Inhalten daneben, aber Loyalität gegenüber der Familie, den Angehörigen und der eigenen Heimat war noch nie falsch. Wir wissen, was Loyalität ist. Sie zieht sich wie Granitschichten durch diesen ganzen Teil des Landes. Man kann Menschen nicht behandeln, wie er diese beiden behandelt, ohne dass deren Familien einem eins vor den Latz knallen. Und wir sind die einzige Familie, die diese beiden haben.« Nach einer Weile fügte sie hinzu: »Wäre ich keine Dame, würde ich sagen, dass dieser Schweinehund den Tod verdient hat.«
    »Wir sind keine Damen«, erwiderte ich.
    »Tja, dann hat er den Tod verdient.« Wir alle schwiegen.
    »Mandy?«, fragte ich schließlich.
    »Sie geht mit uns oder ohne uns«, erwiderte sie und stand auf. »Also sage ich, wir gehen mit. Zum Glück«, fügte sie hinzu, »bin ich die Einzige mit einer Waffe.«

kapitel 25
    Jerry sah zu Jena hinüber, die still neben ihm saß und aus dem Fenster starrte. Es war der Punkt erreicht, an dem sie so gut wie nutzlos war. Sie konnte noch nicht einmal mehr auf einer Autobahn fahren. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie fuhr jeden Tag zur Arbeit. Wie zur Hölle hätte er ahnen sollen, dass es sie verwirren würde, auf Straßen zu fahren, die sie nicht kannte? Schaudernd erinnerte er sich daran, wie er von der Hupe des Sattelschleppers aufgewacht war. Das Miststück war ihm direkt vor die Schnauze gegurkt. Es könnte durchaus Absicht gewesen sein. Sie hatte sich schon ein paarmal die Arme aufgeritzt, aber das hatte er nie ernst genommen. Ein Sattelschlepper hingegen war verdammt ernst.
    Das bedeutete, dass er die ganzen beschissenen siebzehn Stunden würde durchfahren müssen. Und das wiederum brachte ein neues Problem mit sich. Er hatte vorgehabt, noch in derselben Nacht zurückzufahren, in der er Lily aufgabeln würde, aber das war nun unmöglich.

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