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Wenn Du Luegst

Titel: Wenn Du Luegst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Salter
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Isadora Duncan. Wenn sie tanzte, bräuchte sie jemand, der mit ihr tanzen würde. Wenn sie tanzte, würde dann ihre Mutter kommen? Ihre Mutter war vor so langer Zeit gegangen, war von Tag zu Tag mehr davongedriftet, bis sie kaum mehr das Bett verlassen hatte. Dann, eines Tages, war sie gar nicht mehr aufgestanden. Vielleicht würde sie kommen, wenn Jena tanzte. Das war ihr noch nie in den Sinn gekommen.
    Sie stand auf und ging zurück in das Motel, wo sie sich selbst damit überraschte, dass sie die Schublade des Nachtkästchens neben Jerry aufzog. Sie hatte gesehen, dass er die Waffe dort hineingelegt hatte, genau so, wie er es zu Hause machte. Der blaue Stahl schimmerte, als das Mondlicht ihn einfing. Jena nahm die Pistole heraus und ließ ihre Hand darübergleiten. Ihr war nie zuvor aufgefallen, wie schön so eine Waffe war, aber das tiefe Funkeln auf dieser hier faszinierte sie.
    Sie setzte sich in den Sessel neben dem Bett. Die Pistole lag auf ihrem Schoß. Es fühlte sich richtig an, sie in der Hand zu halten, fast so, als wäre sie ein Teil von ihr, oder vielleicht war sie selbst ein Teil der Waffe. Die Pistole hatte ihre eigene Vorstellung von den Dingen, das war Jena klar. Vielleicht wusste die Pistole, was passieren würde. Sie staunte darüber, wie richtig sie da auf ihrem
Schoß aussah. Ob sie wohl für immer eine Waffe in der Hand halten sollte, so wie Michael Jackson seine Handschuhe trug? Sie saß da und wartete. Worauf? Sie war sich nicht sicher. Sie saß einfach da und wartete, was geschehen würde. Während sie wartete, beobachtete sie Jerry beim Schlafen.
    Es musste geraume Zeit vergangen sein. Denn das Tageslicht fiel schon durch den Vorhang, als er aufwachte. In Lilys Zimmer nebenan war es still. Er öffnete die Augen, dann fuhr er mit einem Ruck hoch. »Was tust du da?«, fragte er.
    Sie wusste es nicht, deshalb gab sie keine Antwort. Es war keine faire Frage. Sie tat gar nichts.
    »Was zur Hölle tust du da?«, fragte er wieder, dieses Mal lauter, und sie hörte die Angst in seiner Stimme. Seltsam, Angst bei ihm zu hören. Das war neu und irgendwie peinlich. »Gib sie mir«, verlangte er und streckte die Hand nach der Waffe aus.
    »Oh, das kann ich nicht«, sagte sie, während ihre Hand automatisch die Pistole hob und auf ihn richtete. Warum redete er mit ihr? Es war nicht ihre Entscheidung. »Ich warte nur«, versuchte sie ihm das Ganze zu erklären.
    »Nimm dieses Ding runter«, befahl er, aber nicht so nachdrücklich, wie er sonst immer mit ihr sprach.
    Sie sah die Pistole an. »Es ist nicht meine Entscheidung.« Konnte er das nicht erkennen? Er lehnte sich einfach zurück und starrte sie an. »Ich glaube nicht, dass es wirklich wichtig ist«, sagte sie. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
    »Was zum Teufel stimmt nicht mit dir?«, flüsterte er.
War das die Wahrheit? Stimmte wirklich etwas nicht mit ihr? Sie fühlte sich gut - ruhig und leicht. Sie hätte beinahe getanzt. Sie beobachtete die Pistole, um zu sehen, was sie als Nächstes tun würde.
    »Du willst das eigentlich gar nicht«, sagte er. »Du landest im Gefängnis. Du wirst Lily nie wiedersehen.«
    Das war eine überraschende Bemerkung. Sie fühlte ein leichtes Ziehen, als er Lily erwähnte, aber das Wort Gefängnis erzeugte überhaupt keine Gefühle in ihr. Genauso gut hätte er sagen können, dass sie Spargel essen würde.
    »Es ist wie Spargelessen«, meinte sie.
    Er sah nun wirklich alarmiert aus, und sie versuchte, ihn zu beruhigen. »Hab keine Angst«, sagte sie. Sie wollte, dass er verstand, aber das schien er nicht zu tun.
    »Was hast du vor?«, fragte er. Hatte er wirklich gewinselt? War das möglich? Sie fühlte sich verwirrt. Sie kannte diesen Mann nicht. Wer war er? Jerry fragte sie nie, was sie vorhätte.
    »Ich warte, was passieren wird. Du kannst mit mir warten, wenn du möchtest.«
    »Warum holen wir nicht jemand? Du brauchst Hilfe. Du brauchst Ruhe. Warum rufen wir nicht die Polizei?«
    »Die Polizei?«, fragte sie, jetzt noch verwirrter. »Du hast mir verboten, die Polizei zu rufen. Ich müsste ihnen meinen Hals zeigen. Und meinen Rücken. Aber das ist jetzt egal, oder? Warum sollten wir die Polizei rufen?« Mit schräg gelegtem Kopf beobachtete sie ihn und die Waffe und fragte sich, was als Nächstes geschehen würde.
    Sie saßen da, und Jena wartete, und er sah sie unverwandt an. Eigentlich, dachte sie, sollte er die Pistole ansehen
und nicht sie. Er hatte wirklich eine seltsame Nase. Sie wunderte sich,

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