Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter
Licht weiter und breitete sich zu meinen Fingerspitzen und meine Arme empor aus. Bald schon erglühten meine Arme rot und orange, hell wie Feuer unter dem Wasser.
Was ging hier vor sich? Hatte meine Angst um Jillian sich endlich einen Weg an die Oberfläche gebahnt, grell und jäh sichtbar?
Möglicherweise. Ich hatte jedoch nicht nur Angst. Ich war frustriert, traurig, sogar voller Hoffnung, Jillian immer noch helfen zu können. Eine Vielzahl von Gefühlen brannte in meinem Innern. Sie waren mächtig. Schmerzhaft.
Doch das feurige Licht auf meiner Haut war es nicht. Es tat überhaupt nicht weh. Es glänzte nur.
Ich drehte die Hände nach oben und dann nach unten und sah zu, wie sich das Licht über meine Ellbogen und bis zu meinen Schultern ausbreitete. Ich stieß mit einem Bein in mein Blickfeld und sah das Leuchten dort ebenfalls. Bald schon erstrahlte mein ganzer Körper in dem Glanz.
Ich war zu einem strahlenden Leuchtfeuer in dem dunklen Fluss geworden.
Und dann, wie ein Wunder, war Joshua da und hielt sich neben mir im Wasser. Für den Bruchteil einer Sekunde starrte er mich an. Seine Augen, die größer waren, als ich sie je gesehen hatte, leuchteten von dem Rot und Orange, die sich darin widerspiegelten. Er wies zwischen seinen Augen und meinem Leuchten hin und her. Anscheinend hatte er das Leuchten durch das Wasser gesehen und war zu uns nach unten geschwommen. Jetzt spiegelte seine Miene Ehrfurcht und möglicherweise ein wenig Angst wider.
Der Moment ging vorüber, und Joshua schüttelte rasch den Kopf. Wir mussten beide nicht erst daran erinnert werden, warum wir uns wieder in diesem Fluss befanden. Das Licht auf meiner Haut konnte warten.
Joshua schlang einen Arm um die Taille seiner Schwester. Er packte mich an der Hand und zerrte uns beide in Richtung Oberfläche. Ich drückte seine Hand, bevor ich sie wegstieß. Ohne mich konnten sie schneller aufsteigen. Ich folgte ihnen nach oben, wobei ich Jillian anschubste, wann immer ich konnte, obwohl ich wusste, dass meine Anstrengungen nichts bewirkten.
Es fühlte sich an, als seien Stunden vergangen – auch wenn es sich vielleicht nur um Sekunden gehandelt haben mochte –, als Joshua Jillian aus dem Wasser hob. Erst nachdem sie an der Luft war, tauchte Joshua selbst hustend und nach Luft schnappend auf. Er zog seine Schwester an sich, während er paddelte, um sich über Wasser zu halten. Zu Joshuas Leidwesen war sie so sehr totes Gewicht, wie ein lebendiges Mädchen es nur sein konnte. Ihr Kopf sackte leblos gegen die Schulter ihres Bruders, und beinahe genauso leblos klopfte ihr Herz mit jeder verstreichenden Sekunde immer langsamer.
» Joshua!«, rief ich über das dahinschießende Wasser. » Ich kann ihr Herzklopfen hören.«
» Gut!«, schrie er.
» Nicht gut, Joshua. Ich kann es hören, das ist gar nicht gut.«
» Wieso?«
» Ich habe dein Herz gehört, kurz bevor es stehen blieb. Deshalb wusste ich, dass du dabei warst zu sterben.«
Joshua antwortete mir nicht, doch er schwamm noch hektischer auf das Ufer zu.
Ich sah ihm ohnmächtig zu, wie er sich abmühte, seine Schwester an Land zu schaffen und dabei ihren Kopf über Wasser zu halten. Die ganze Zeit über lauschte ich Jillians stockenden Herzschlägen, die immer lauter wurden.
Ich hörte sie immer noch, als unsere Füße den Grund des Flusses berührten und wir uns hinstellten, um ans Ufer zu waten. Sie waren so laut, dass mir das Rufen der Leute auf der Brücke kaum auffiel, die sich daran machten, vom Veranstaltungsort ihrer verhängnisvollen Party zu fliehen.
Obwohl Joshua das Herz seiner Schwester nicht hören konnte, achtete er ebenfalls nicht auf die Schreie von der Brücke. Er legte Jillian ans Ufer und sank dann neben ihr in den Schlamm. Ich bückte mich zu ihm und zählte jene lauten Schläge voll dumpfem Entsetzen mit.
Ich hörte erst auf mitzuzählen, als Jillians Augenlider zitternd aufgingen.
Auf dieses kleine Lebenszeichen hin regte sich Freude in meinem Innern. Ich drehte mich freudig zu Joshua, doch der Klang von Jillians schwacher Stimme ließ mich innehalten.
» Wer bist du?«, flüsterte sie. Ich sah auf sie hinab, und unglaublicherweise erwiderte sie meinen Blick. Ihre haselnussbraunen Augen starrten direkt in meine.
Mir stand der Mund offen. Ich sah zu Joshua, doch er schien Jillian nicht gehört zu haben. Er überprüfte ihren Puls und beugte sich dann vor, um nach ihrem Atem zu horchen, wobei er gedankenlos ihre auf dem Schlamm ausgebreiteten Haare
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