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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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Stimme aus der Küche.
    Ich stelle die Füße auf den Boden. Das Gefühl der kalten Holzdielen beruhigt mich. Als ich noch kleiner war, habe ich immer den ganzen Sommer über auf dem Boden gelegen, wenn mein Vater sich weigerte, die Klimaanlage einzuschalten; es war der einzige Platz, andem es kühl blieb. Ich bin versucht, das jetzt auch zu tun. Ich fühle mich fiebrig.
    Rob, der Regen, das Geräusch von Flaschen, die im Wald zerschellen …
    Mein Handy klingelt und ich zucke zusammen. Ich greife danach und klappe es auf. Eine neue SMS von Lindsay: bin draußen. und du?
    Ich klappe schnell das Handy zu, aber vorher sehe ich das Datum, das mich anblinkt: Freitag, 12. Februar.
    Gestern.
    Noch ein Klingeln. Noch eine SMS: beeil dich! ]:-(
    Ich habe plötzlich das Gefühl, als würde ich mich unter Wasser bewegen, als sei ich schwerelos oder würde mich selbst aus der Ferne betrachten. Ich versuche aufzustehen, aber dabei sackt mir der Magen weg und ich laufe auf wackeligen Beinen über den Flur ins Bad, überzeugt, dass ich mich gleich übergeben werde. Ich schließe mich ein und drehe sowohl den Wasserhahn als auch die Dusche auf. Dann beuge ich mich übers Klo.
    Mein Magen verkrampft sich, aber es kommt nichts.
    Das Auto, das Schlittern, die Schreie …
    Gestern.
    Ich höre Stimmen auf dem Flur, aber das Wasser strömt so laut, dass ich sie nicht erkennen kann. Erst als jemand an die Tür hämmert, richte ich mich auf und schreie: »Was ist denn?«
    Â»Komm aus der Dusche. Wir haben keine Zeit.« Es ist Lindsay – Mom hat sie reingelassen.
    Ich öffne die Tür einen Spaltbreit und da steht sie, den Reißverschluss ihrer dicken Jacke bis zum Kinn hochgezogen, und sieht sauer aus. Ich freue mich trotzdem, sie zu sehen. Sie sieht so normal, so vertraut aus.
    Â»Was ist gestern Nacht passiert?«, frage ich.
    Sie runzelt einen Augenblick die Stirn. »Ach ja, entschuldige. Ich konnte dich nicht zurückrufen. Ich habe ungefähr bis drei Uhr morgens mit Patrick telefoniert.«
    Â»Zurückrufen?« Ich schüttele den Kopf. »Nein, ich meine …«
    Â»Er ist total ausgerastet, weil seine Eltern ohne ihn nach Acapulco fahren.« Sie verdreht die Augen. »Armes Baby. Ich schwör dir, Sam, die Kerle sind wie Haustiere. Fütter sie, streichel sie und bring sie ins Bett.« Sie beugt sich vor. »Apropos – bist du aufgeregt wegen heute Nacht?«
    Â»Was?« Ich weiß überhaupt nicht, wovon sie redet. Ihre Worte strömen einfach an mir vorbei und verschwimmen. Ich halte mich am Handtuchhalter fest, aus Angst, sonst umzukippen. Die Dusche ist viel zu heiß und überall ist dicker Dampf, der den Spiegel beschlagen lässt und auf den Kacheln kondensiert.
    Â»Du, Rob, ein bisschen Leichtbier und seine Flanellbettwäsche.« Sie lacht. »Sehr romantisch.«
    Â»Ich muss duschen.« Ich versuche die Tür zuzumachen, aber sie schiebt im letzten Moment ihren Ellbogen dazwischen und kommt ins Bad.
    Â»Du hast noch nicht geduscht?« Sie schüttelt den Kopf. »Nee, kommt nicht in Frage. Dann musst du das heute lassen.«
    Sie fasst in die Dusche und stellt das Wasser ab, dann nimmt sie meine Hand und zieht mich auf den Flur.
    Â»Schminke hast du allerdings bitter nötig«, sagt sie, als sie mein Gesicht mustert. »Du siehst beschissen aus. Albträume?«
    Â»So was Ähnliches.«
    Â»Ich habe meinen MAC-Kram im Panzer.« Sie macht den Reißverschluss ihrer Jacke auf und ich sehe, wie ein rotes Stück Kunstpelz aus ihrem Dekolleté hervorblitzt: unser Tanktop für den Valentinstag.Ich verspüre plötzlich den Drang, mich auf den Boden zu setzen und aus vollem Hals zu lachen, und ich muss mich anstrengen, nicht gleich jetzt einen Lachanfall zu bekommen, während Lindsay mich in mein Zimmer schiebt.
    Â»Zieh dich an«, sagt sie und holt ihr Handy raus, wahrscheinlich um Elody zu simsen, dass wir später kommen. Sie sieht mich einen Augenblick an und wendet sich dann seufzend ab.
    Â»Hoffen wir mal, dass Rob sich an ein bisschen Körpergeruch nicht stört«, sagt sie und während sie darüber kichert, fange ich an, mich anzuziehen: das Tanktop, den Rock, die Stiefel.
    Noch einmal.
    MACHT DIESE ZWANGSJACKE EINEN DICKEN HINTERN?
    Als Elody ins Auto steigt, beugt sie sich vor, um sich ihren Kaffee zu nehmen, und der Geruch ihres Parfüms –

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