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Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie

Titel: Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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ich Mary J. Blige finde, dann lehne ich mich zurück und versuche an nichts weiter zu denken als die Musik und den Rhythmus.
    Und ich lasse die Augen offen.
    Als wir in die Auffahrt einbiegen, die am oberen Parkdeck vorbei hinunter zum Lehrerparkplatz und zu der Zwölftklässlergasse führt, geht es mir besser, obwohl Lindsay flucht und Elody sich beklagt, dass sie Freitag nachsitzen muss, wenn sie noch einmal zu spät kommt, und es hat bereits vor zwei Minuten zum ersten Mal geläutet.
    Alles wirkt so normal . Ich weiß, dass Emma McElroy von Matt Danzig kommt, weil Freitag ist, und richtig, da ist sie und schlüpft durch ein Loch im Zaun. Ich weiß, dass Peter Kourt ein Paar Nike-Air-Force-1-Schuhe trägt, die er schon seit einer Million Jahren hat, weil er die täglich anzieht, obwohl sie schon so viele Löcher haben, dass man die Farbe seiner Socken sehen kann (normalerweise schwarz). Ich sehe sie kurz aufblitzen, als er auf das Hauptgebäude zurast.
    All diese Dinge führen dazu, dass ich mich tausendmal besser fühle, und ich beginne zu denken, dass das gestern – all das, was passiert ist – vielleicht nur eine Art langer seltsamer Traum war.
    Lindsay fährt hinunter zur Zwölftklässlergasse, obwohl es null Chancen gibt, dort noch einen Platz zu finden. Sie tut das aus Prinzip. Ich zucke zusammen, als wir am dritten Platz von den Tennisplätzen aus gesehen vorbeifahren und ich dort Sarah Grundels braunen Chevrolet stehen sehe mit seinem Aufkleber der Thomas-Jefferson-Schwimmmannschaft – und einem anderen, kleineren, auf dem steht: Mach dich nass  –, der mich von der Stoßstange her anlacht. Ich denke: Sie hat den letzten Platz gekriegt, weil wir so spät dran sind, und ich muss mir die Fingernägel in die Handflächen pressen und dauernd wiederholen, dass ich nur geträumt habe, dass nichts davon schon passiert ist.
    Â»Ich glaub’s einfach nicht, dass wir 354 Meter laufen müssen«, sagt Elody schmollend. »Ich hab gar keine Jacke mit.«
    Â»Selbst schuld, wenn du halb nackt aus dem Haus gehst«, sagt Lindsay. »Es ist schließlich Februar.«
    Â»Ich wusste ja nicht, dass ich draußen sein würde.«
    Auf dem Weg zurück zum oberen Parkdeck lassen wir die Fußballplätze rechts liegen. Zu dieser Jahreszeit sind sie alle aufgewühlt und bestehen nur aus Matsch und ein paar Flecken braunen Rasens.
    Â»Ich habe das Gefühl, als hätte ich ein Déjà-vu«, sagt Elody. »Wie in der zehnten Klasse, wisst ihr?«
    Â»Ich habe schon den ganzen Morgen ein Déjà-vu«, platze ich heraus, bevor ich mich zurückhalten kann. Augenblicklich geht es mir besser und ich bin sicher, dass es das ist.
    Â»Lass mich raten.« Lindsay legt eine Hand an ihre Schläfen und runzelt die Stirn, damit es so aussieht, als konzentrierte sie sich. »Du erlebst gerade das letzte Mal wieder, als Elody schon vor neun Uhr morgens so nervig war.«
    Â»Halt die Klappe!« Elody beugt sich vor und klatscht Lindsay auf den Arm und sie fangen beide an zu lachen. Ich lächele auch, erleichtert, dass ich es laut ausgesprochen habe. Das ergibt Sinn: Einmal bin ich mit meinen Eltern bei einer Reise nach Colorado fünf Kilometer zu diesem kleinen Wasserfall mitten im Wald gewandert. Die Bäume waren groß und alt, alles Kiefern. Die Wolken erstreckten sichwie gesponnener Zucker über den Himmel. Izzy war noch zu klein zum Laufen oder Reden; sie saß im Tragerucksack auf Dads Rücken und streckte ihre kleinen dicken Fäuste in den Himmel, als wollte sie sie fangen.
    Auf jeden Fall, als wir dann da standen und den Sprühnebel des Wassers auf den Felsen betrachteten, hatte ich das verrückte Gefühl, dass das alles schon einmal passiert war, bis hin zum Geruch der Orange, die meine Mutter schälte, und dem genauen Spiegelbild der Bäume auf der Wasseroberfläche. Ich war mir so sicher. Schließlich wurde das zum Running Gag des Tages, weil ich gemeckert hatte, dass ich fünf Kilometer laufen sollte, und als ich meinen Eltern sagte, dass ich ein Déjà-vu hatte, hörten sie gar nicht wieder auf zu lachen und sagten, es wäre wirklich ein Wunder, wenn ich in einem früheren Leben jemals bereit gewesen wäre, so weit zu laufen.
    Worauf ich hinauswill, ist, dass ich mir damals absolut sicher war, genauso sicher wie jetzt. So was kommt vor.
    Â»Oohh!«, kreischt

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