Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an dir vorbei, sagen sie
etwas â Wörter, die ich nicht verstehen kann, irgend so was wie Sitz oder Sicht oder Scheià  â und plötzlich überschlägt sich das Auto und schleudert von der StraÃe herunter mitten hinein in das schwarze Maul des Waldes. Ich höre ein schreckliches kreischendes Geräusch â Metall auf Metall, zersplitterndes Glas, ein Auto, das zusammengeknautscht wird â und rieche Feuer. Ich habe noch Zeit, mich zu fragen, ob Lindsay wohl ihre Zigarette ausgemacht hat â¦
Und dann â¦
Dann passiert es. Der Augenblick des Todes ist voller Hitze und Lärm und Schmerzen, die schlimmer sind als alles â ein Strom brennender Hitze, der mich in zwei Teile zerfetzt, ein Sengen, Brennen und ReiÃen, und wenn Schreien ein Gefühl wäre, dann dieses.
Dann nichts.
Ich weiÃ, dass einige von euch denken werden, vielleicht hätte ich es verdient. Vielleicht hätte ich Juliet diese Rose nicht schicken sollen oder auf der Party nicht das Bier über ihr auskippen. Vielleicht hätte ich in Chemie nicht bei Lauren Lornet abschreiben sollen. Vielleicht hätte ich Kent nicht diese Sachen an den Kopf werfen sollen. Es gibt sicher einige unter euch, die denken, ich hätte es verdient, weil ich vorhatte, es mit Rob zum ÃuÃersten kommen zu lassen â weil ich mich nicht aufsparen wollte.
Aber bevor ihr anfangt, mit dem Finger auf mich zu zeigen, möchte ich euch fragen: Ist das, was ich getan habe, wirklich so schlimm? So schlimm, dass ich es verdient hätte zu sterben? So schlimm, dass ich es verdient hätte, so zu sterben?
Ist das, was ich getan habe, so viel schlimmer als das, was alle tun?
Ist es wirklich so viel schlimmer als das, was ihr tut?
Denkt mal darüber nach.
ZWEI
Ich weià in meinem Traum, dass ich falle, obwohl es kein Oben und kein Unten gibt, keine Wände, Seiten oder Decken, nur das Gefühl von Kälte und Dunkelheit überall. Ich habe solche Angst, dass ich schreien könnte, aber als ich den Mund aufmache, geschieht nichts. Wenn man endlos fällt und fällt und nie irgendwo aufkommt, ist das dann wirklich noch Fallen?
Ich glaube, ich falle endlos.
Ein Geräusch unterbricht die Stille, ein leises Blöken, das immer lauter wird, bis es klingt wie eine metallene Sense, die durch die Luft schneidet, durch mich hindurch â¦
Dann wache ich auf.
Mein Wecker plärrt seit zwanzig Minuten. Es ist zehn vor sieben.
Ich setze mich im Bett auf und schiebe die Decke weg. Ich bin schweiÃnass, obwohl es in meinem Zimmer kalt ist. Mein Hals ist trocken und ich giere nach Wasser, als wäre ich einen weiten Weg gerannt.
Als ich mich im Zimmer umsehe, sieht einen Augenblick lang alles verschwommen und leicht verzerrt aus, als würde ich gar nicht wirklich mein Zimmer angucken, sondern nur eine Folie meines Zimmers, die nicht richtig liegt, so dass die Ecken nicht mit den echten Gegenständen übereinstimmen. Dann verändert sich das Licht und alles sieht wieder normal aus.
Plötzlich fällt mir alles wieder ein und das Blut hämmert in meinem Kopf: die Party, Juliet Sykes, der Streit mit Kent â¦
»Sammy!« Meine Tür schwingt auf und knallt gegen die Wand und Izzy kommt durchs Zimmer gelaufen und tritt dabei über all meine Blöcke und abgelegten Jeans und mein PINK-Sweatshirt von Victoriaâs Secret hinweg. Irgendwas scheint nicht zu stimmen; irgendwas schrappt am Rand meiner Erinnerung entlang, aber dann ist es weg und Izzy hüpft auf mein Bett und schlingt die Arme um mich. Sie sind ganz warm. Sie ballt eine Faust um die Kette, die ich immer trage â ein dünnes Goldkettchen mit einem kleinen Vogelanhänger daran, ein Geschenk meiner GroÃmutter â, und zieht vorsichtig daran.
»Mommy sagt, du sollst aufstehen.« Ihr Atem riecht nach Erdnussbutter und erst als ich sie wegschiebe, merke ich, wie stark ich zittere.
»Es ist doch Samstag«, sage ich. Ich habe keine Ahnung, wie ich gestern Nacht nach Hause gekommen bin. Ich habe keine Ahnung, was mit Lindsay oder Elody oder Ally passiert ist, und schon beim Gedanken daran wird mir übel.
Izzy fängt wie irre zu kichern an, springt vom Bett und huscht zurück zur Tür. Sie verschwindet auf dem Flur und ich höre sie rufen: »Mommy, Sammy steht nicht auf!« Sie spricht meinen Namen Zhammy aus.
»Ich will nicht zu dir hochkommen müssen, Sammy!«, hallt Moms
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