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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoe Beck
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Großvater wirklich sehr ähnlich. Sie wusste nun, was Margaret gemeint hatte.
    »Schade, ich muss dringend telefonieren. Dabei plaudern wir gerade so nett. Keine Bange, ich bin in zehn Minuten wieder da, dann reden wir weiter.« Er begann, die Leiter hochzuklettern. Bevor er die letzte Sprosse nahm, beugte er sich noch einmal nach unten. »Nicht, dass Missverständnisse aufkommen: Ich kann dich natürlich nicht einfach laufen lassen. Ich möchte allerdings, dass du zunächst ein paar Dinge weißt. Das bin ich meiner Lieblingsnichte schuldig.«
    Die Falltür fiel mit einem dumpfen, sanften Laut zu, und es war wieder stockdunkel. Mina legte zitternd ihren Kopf auf die Knie und versuchte, nicht zu schreien. Sie biss sich stattdessen so fest in den Oberschenkel, dass sie ihr Blut schmecken konnte.

10.
    Desperate Dan, dachte Brady und überlegte, wie er wohl heißen würde, wenn er eine Comicfigur wäre. Laughable Loughlin, der lächerliche Loughlin.
    »Hey«, brüllte einer der Gäste, der weiter unten an der Bar stand. »Wenn das mal nicht unser Chief Inspector Hunt ist! An zwei Orten gleichzeitig, wie macht er das?« Jetzt starrte ihn das gesamte Pub an, und das Gelächter war bis Loch Ness zu hören.
    Brady wusste erst nicht, was der Mann damit meinte, dass er an zwei Orten gleichzeitig sei, bis sein Blick auf den Fernseher fiel, der in einer Ecke neben dem Eingang hing. Gerade lief »Life on Mars«, eine Wiederholung der ersten Folge. Sam Taylor, Chief Inspector bei der Polizei in Manchester und ein smarter Typ, wird von einem Auto angefahren und wacht im Manchester der siebziger Jahre auf. Da ist nicht mehr er der Chief Inspector, sondern eben Gene Hunt, und Hunt bringt dem Weichei Taylor erst mal bei, was es heißt, ohne den ganzen technischen Schnickschnack ermitteln zu müssen. Taylor bringt Hunt natürlich auch bei, dass Instinkt nicht das Einzige ist. Trotzdem war Hunt die coolere Figur, keine Frage. Politisch unkorrekt durch und durch, die witzigsten Szenen, immer die besten Sprüche.
    Brady versuchte, sich etwas aufrechter hinzustellen, was ihm nach dem vierten Bier und dem fünften doppelten Whisky allerdings nicht mehr ganz so elegant gelang.
    »Was Taylor kann, kann ich schon lange!«, rief er dem Kerl am Ende der Bar zu, und wieder lachten alle, aber diesmal nicht über ihn, sondern mit ihm.
    »Kannst wohl auch in der Zeit reisen«, war die unvermeidliche Antwort.
    »Problemlos, Kumpel. Problemlos! Gib dem Mann einen aus, auf meine Rechnung«, rief er dem Barkeeper zu. »Und mir noch mal dasselbe.« Er wollte sein Whiskyglas hochheben, doch er griff ins Leere. Er versuchte es noch einmal. Diesmal bekam er es zu fassen, aber nicht lange, denn das Glas glitt ihm aus den Fingern, fiel hinter die Theke und zerschellte vor den Füßen des Barkeepers.
    »Ups«, sagte Brady und kicherte, noch ganz beflügelt von seinem fünfzehnsekündigen Starruhm.
    »Lassen wir ’s gut sein für heute.« Der Barkeeper verzog keine Miene, kehrte nur die Scherben zusammen.
    »Einen noch«, bettelte Brady, auch wenn er wusste, dass er nichts mehr bekommen würde. Der Barkeeper ignorierte ihn und sprach schon längst mit anderen Gästen. Also verließ Brady das »Rat and Parrot« und stolperte hinaus in die frische Nachtluft, die ihn mit einem Schlag noch betrunkener machte. Schwankend hielt er sich an einem Laternenpfosten fest und versuchte, sich zu orientieren. Ein anderer Gast, der kurz nach ihm herausgekommen war, blieb kurz stehen und zündete sich eine Zigarette an. Brady überlegte, ob er ihn nach dem Weg fragen sollte. Sein Auto hatte er irgendwo in einer Seitenstraße stehen lassen. Dann war er auf eine Hauptverkehrsstraße gekommen, irgendwas mit Market …
    »’tschuldige, Kumpel, ich such mein Auto.«
    Der Mann mit der Zigarette lachte. »Dann lass es mal lieber beim Suchen. So kannst du nicht fahren.«
    »Nee, nee, schon gut«, beruhigte Brady ihn. »Ich brauche nur ein paar Sachen. Ehrlich, ich fahr heut nicht mehr. Ich muss nur was rausholen.«
    Der Mann glaubte ihm kein Wort, fragte aber trotzdem: »Na, wo steht’s denn?«
    »Marketgait, ’ne kleine Seitenstraße irgendwo«, antwortete Brady, stolz, dass ihm der Name eingefallen war.
    Jetzt lachte der Mann richtig laut, und Brady kam sich vor wie ein Trottel. »Marketgait? So heißt der Straßenring, der um das Zentrum führt. South? East? Hast du dir nicht noch irgendwas anderes gemerkt?«
    Brady schüttelte den Kopf und hielt die Laterne noch etwas fester.

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