Wenn es daemmert
Produzenten sagten: Die Leute wollen Klischees im Kino sehen.
Mina reiste auf Anraten ihres Agenten einen Tag früher ab als geplant, um die Produktion unter Druck zu setzen. Als sie ihre Wohnung in Chelsea aufschloss, watete sie selbst knietief in einem der größten Klischees.
»Er war neidisch auf Ihren Erfolg«, sagte McCallum, und es klang irgendwie selbstverständlich.
»Das habe ich damals nicht verstanden. Ich dachte, er hat doch auch seinen Erfolg und sogar einen viel bedeutenderen als ich.«
»In der akademischen Welt, ja. Davon steht aber nichts in der Zeitung. Er hat sie mit einer Frau betrogen, die Ihnen nicht annähernd das Wasser reichen konnte, nehme ich an.«
Mina zuckte die Schultern. »Jedenfalls war sie nicht mal besonders hübsch oder so was.«
»Aber bei ihr hat er sich groß gefühlt.«
»Jetzt weiß ich das auch alles.«
»Sie sollten froh sein, dass Sie ihn los sind«, sagte McCallum nüchtern, und dann lächelte er. »Der Heiratsantrag hat ihm wohl den Rest gegeben. Das ist immer noch Männersache.«
Mina nickte, und bevor er weiterreden konnte, fragte sie schnell: »Was ist jetzt mit meinen Tabletten?«
»Sie geben mir die Nummer von Ihrem alten Arzt, und ich rede mit ihm.«
»Heute noch?«
Jetzt lächelte er nicht mehr, sondern sah sie ernst an. »Von diesem Zeug kann man zwar nicht physisch abhängig werden, aber sehr wohl psychisch, was oft viel schwerwiegendere Konsequenzen haben kann. Sie wissen, dass Sie längst abhängig sind?«
»Natürlich.«
McCallum hatte ihr sein Handy überlassen. Die Nummer ihres Onkels bekam sie von der Auskunft. Für die Handynummer ihrer Mutter musste sie beim British Council in Wien anrufen. McCallum würde entzückt sein über seine nächste Telefonrechnung.
Das Handy ihrer Mutter war ausgeschaltet. David teilte ihr in ungnädigem Ton mit, dass keinerlei Grund für Margaret bestanden hätte, wegen des Nachlasses nach Edinburgh zu kommen. Schon seit Ende der siebziger Jahre war klar, dass sie nichts erben würde, und das hatte sie auch akzeptiert, mit Unterschrift und notariell beglaubigt. Ob er Mina etwa die Unterlagen faxen sollte?
Seit drei Jahrzehnten ist sie enterbt. Seit es mich gibt, dachte Mina. Sie legte auf, ohne sich von David zu verabschieden, und fragte sich, warum ihre Mutter sie angelogen hatte. Wo war sie?
Sie erfuhr es, als Cedric, bleich wie die Wand ihres Zimmers und mit einer Whiskyfahne, von der ihr schwindelig wurde, wie aus dem Nichts auftauchte, sich an ihr Bett setzte und erzählte.
»Wir müssen hier weg. Wir sind die Nächsten«, sagte er, als er fertig war.
12.
Lord Darney hielt Wort. Am Vormittag fuhr ein Putztrupp aus drei Männern und zwei Frauen in einem kleinen Lieferwagen vor. Sie blieben bis zum frühen Abend, und danach waren Haus und Garten so sauber und aufgeräumt, dass Pete dachte, er sei aus Versehen in einem Paralleluniversum gelandet. Obwohl Pete den Bentley bereits an der Tankstelle von Morrisons gesaugt hatte und danach auch durch die Waschstraße gefahren war, handelte Doug mit einem der Männer aus, dass dieser sich den Wagen noch einmal vornehmen würde. »Wenn Sie schon mal hier sind … Ich zahle es auch extra. Als kleines Dankeschön an den Lord«, sagte Doug zu dem Mann. Es klang unverdächtig.
Nun waren alle Spuren beseitigt. Es war, als sei die Frau niemals da gewesen. Die Polizei würde nichts finden. Doug versicherte Pete, dass sie vermutlich gar nicht erst kommen würde. Keiner hatte die Prostituierte bei ihnen gesehen. Er wusste außerdem, dass sie mit dem Zug und dem Bus gekommen war und kein Taxi zu ihrem Haus genommen hatte.
»Und wenn sie jemand auf der Straße gesehen hat?«, fragte Pete ängstlich.
»Zu der Zeit? Selbst wenn, hier sind so viele Leute rein und raus, irgendjemand könnte sie mitgebracht haben. Zu uns kann niemand eine Verbindung herstellen.«
»Wo hattest du sie eigentlich her?«
Doug zuckte die Schultern. »Irgendwer hat mir ihre Visitenkarte gegeben. Ich hab angerufen und den Deal klargemacht.«
Pete schnappte erschrocken nach Luft. »Dann kann jemand deinen Anruf nachverfolgen!«
»Quatsch. Du glaubst doch nicht, dass ich bei einer Nutte von meinem Handy aus anrufe, ich bin doch nicht weich in der Birne! Nicht so wie du!«
Pete schwieg. Er sollte dankbar sein, dass Doug ihm geholfen hatte. Pete selbst hätte niemals so organisiert handeln können. Andererseits war er jetzt völlig von Doug abhängig, und er zitterte bei dem Gedanken, was Doug als
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