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Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
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er sie wegen eines Sportstipendiums an einem weit entfernten College.
    Nach einer Zeit nächtlicher Weinkrämpfe und Selbstbeschimpfungen dafür, dass sie es nicht geschafft hatte, ihn dem Sport zu entreißen und an sich zu binden, war Ann bereit, einen neuen Versuch zu wagen.
    In diesem Sommer – nach ihrem Schulabschluss und vor dem Eintritt ins College – lebte sie noch immer zu Hause, in einem Zuhause, das am Zusammenbrechen war. Nach jahrelangen Drohungen hatte Anns Mutter schließlich die Scheidung eingereicht und dafür einen Rechtsanwalt engagiert, der für seine Bereitschaft bekannt war, notfalls auch mit schmutzigen Tricks zu arbeiten. Die Ehe ihrer Eltern war wie ein Schlachtfeld gewesen, auf dessen einer Seite ein zwanghaft auf seine Arbeit fixierter Vater stand und ihm gegenüber eine Mutter, die jedes Mittel bis hin zur Gewalt gegen ihn und sich selbst einsetzte, um ihn zu zwingen, mehr Zeit mit ihr, Ann und der älteren Tochter Beth zu verbringen. Er war so selten zu Hause, dass seine Frau diese Stippvisiten sarkastisch als «Zwischenlandungen» bezeichnete.
    «Und seine Besuche bei uns waren wirklich schlimm», erinnerte sich Ann. «Jedes Mal arteten sie in einen schrecklichen Dauerstreit aus, in dessen Verlauf meine Mutter schrie und ihn beschuldigte, uns alle nicht zu lieben, und mein Vater immer wieder beteuerte, er würde nur wegen uns so viel und so lange arbeiten. Und so endete es jedes Mal damit, dass sich beide anbrüllten. Meist verließ er dann das Haus, knallte die Tür hinter sich zu und schrie: ‹Kein Wunder, dass ich so ungern nach Hause komme!› Manchmal jedoch, wenn meine Mutter lange genug geweint oder ihm wieder einmal die Scheidung angedroht hatte oder sogar mit einer Überdosis Tabletten in die Klinik eingeliefert worden war, verhielt er sich eine Zeit lang anders, kam früh nach Hause und verbrachte viel Zeit mit uns. Meine Mutter fing dann jedes Mal an, die tollsten Mahlzeiten für ihn zu kochen – vermutlich, um ihn dafür zu belohnen, dass er zu seiner Familie heimkehrte.» Sie runzelte die Stirn. «Das ging vielleicht drei oder vier Abende lang gut, aber dann kam garantiert wieder so ein Telefonanruf. Meine Mutter beschränkte sich zuerst auf eiskalte Bemerkungen wie ‹Aha, ich verstehe. Ja, wirklich?›, aber nach kurzer Zeit beschimpfte sie ihn mit den schmutzigsten Ausdrücken und knallte den Hörer auf. Und so saßen wir dann dumm rum, Beth und ich; wir hatten uns doch immer fein machen müssen, wenn unser Vater zum Abendessen erwartet wurde. Womöglich hatten wir auch schon den Tisch hübsch gedeckt, mit Kerzen und Blumen, genau so, wie unsere Mutter es haben wollte, wenn Vater erwartet wurde. Und nun war es wieder einmal so weit, dass unsere Mutter in der Küche herumraste, schrie, Töpfe auf den Boden warf und mit den widerlichsten Ausdrücken über meinen Vater herzog. Wenn sie sich etwas beruhigt hatte, wurde sie wieder eiskalt und teilte uns mit, dass wir jetzt eben ‹allein›, sprich ohne ihn essen würden. Das war sogar noch schlimmer als ihr Geschrei. Sie servierte das Essen und saß da, ohne uns überhaupt anzusehen. Ihr Schweigen machte Beth und mich jedes Mal total nervös. Wir wagten es nicht, zu sprechen, aber auch nicht, das Essen stehen zu lassen. So blieben wir halt am Tisch sitzen und versuchten, es ihr ein bisschen leichter zu machen, ohne überhaupt zu wissen, wie. Nach solchen Mahlzeiten wurde mir oft mitten in der Nacht so schlecht, dass ich mich übergeben musste.» Ann schüttelte scheinbar ungerührt den Kopf. «So etwas fördert nicht gerade eine gesunde Verdauung.»
    «Und auch nicht das Erlernen von ‹gesunden› Beziehungsmustern», fügte ich hinzu, denn in diesem Klima hatte Ann gelernt, was für ihren Umgang mit Menschen, die sie liebte, bestimmend werden sollte.
    «Was ging in solchen Situationen in Ihnen vor?», fragte ich sie.
    Ann dachte eine Weile nach und nickte dann, um ihre Antwort noch zu unterstreichen. «Während dieser Szenen hatte ich Angst, aber meistens fühlte ich mich einfach einsam. Niemand achtete auf mich oder dachte mal darüber nach, was ich eigentlich machte oder was in mir vorging. Meine Schwester war so schüchtern, dass wir beide wenig miteinander redeten. Sie verkroch sich in ihrem Zimmer, wenn sie nicht beim Flötenunterricht war. Ich glaube, sie spielte vor allem deshalb Flöte, weil sie sich damit den Streitigkeiten entziehen konnte und immer eine gute Entschuldigung dafür hatte, den anderen aus dem

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