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Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
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Aufmerksamkeit, nach der sie sich doch so gesehnt hatte, Unbehagen in ihr auslöste. Sue und Erik hätten an diesem Punkt einfach haltmachen können: Bei nunmehr vertauschten Rollen (er als Nähe Suchender, sie als Unnahbare) wäre es nicht schwer gewesen, den gebotenen Abstand zu wahren und die Beziehung unter grundsätzlich unveränderten Bedingungen aufrechtzuerhalten. Aber sowohl Sue als auch Erik brachten den Mut auf, mehr über sich zu erfahren, und gingen mit therapeutischer Hilfe und Unterstützung durch eine verständnisvolle und einfühlsame Gruppe das Risiko ein, sich wirklich näher zu kommen: als Paar und – mit Tim – auch als Familie.
     
    Die Bedeutung der allerersten Begegnung zwischen zwei Menschen ist immens. Der Eindruck, den ein neuer Klient bei der ersten Sitzung auf mich – als seine Therapeutin – macht, verschafft mir einige der wichtigsten Informationen, die ich von dieser Person überhaupt je erhalten werde. Durch das, was gesagt wird, und das, was ungesagt bleibt, aber auch durch alles andere, was das äußere Erscheinungsbild offenbart – zum Beispiel Körperhaltung, Mimik, Gestik, Stil und Zustand der Kleidung, Frisur, Stimme, Augenkontakt, Äußerungen, die auf Werte und Normen verweisen –, erhalte ich eine Fülle von Informationen darüber, wie dieser Mensch mit der Außenwelt umgeht und zurechtkommt – ganz besonders unter Stress. All das fügt sich zu einem starken, wenn auch subjektiven Eindruck zusammen, aus dem heraus ich ein Gespür dafür entwickle, wie ich mit diesem Klienten in einer therapeutischen Beziehung werde arbeiten können.
    Als Therapeutin versuche ich also sehr bewusst, die Haltung meines Klienten dem Leben gegenüber einzuschätzen. Ein ähnlicher, wenn auch weniger bewusster Prozess findet immer dann statt, wenn sich zwei Menschen kennenlernen. All die Informationen, die schon während der ersten Momente automatisch ausgetauscht werden, ermöglichen jedem der Teilnehmer an dieser Interaktion die Beantwortung einiger Fragen, die den anderen betreffen. Diese stillschweigenden Fragen lauten gewöhnlich: Bist du jemand, mit dem ich etwas gemeinsam habe? Was könnte mir eine freundschaftliche Beziehung zu dir bieten? Macht es Spaß, mit dir zusammen zu sein?
    Je nachdem, wer diese beiden Menschen sind und was sie wollen, werden oft auch andere Fragen gestellt. Bei jeder Frau, die zu sehr liebt, verbergen sich viel dringlichere Fragen hinter den offenkundigen, rationalen und praktischen: Fragen, an deren Beantwortung uns viel mehr liegt, weil sie aus unserem Innersten kommen.
    «Brauchst du mich?», fragt insgeheim die Frau, die zu sehr liebt.
    «Wirst du dich um mich kümmern und meine Probleme lösen?», lautet die unausgesprochene Frage hinter den ausgesprochenen Worten des Mannes, der diese Frau vielleicht als Partnerin wählen wird.

[zur Inhaltsübersicht]
    Die Schöne und das Tier
    «Es gibt Menschen, die viel schlimmere Ungeheuer sind als Ihr», sagte Labelle. «Und sie sehen dabei ganz nett aus. Man weiß nie, wer wirklich ein Ungeheuer ist.»
    – Die Schöne und das Tier
     
    I n den Berichten der beiden letzten Kapitel wurde bei allen Frauen übereinstimmend das Bedürfnis deutlich, den Männern nützlich zu sein, mit denen sie Beziehungen eingingen. Diese erneute Gelegenheit zu helfen war hauptsächlicher Bestandteil des Interesses an ihren zukünftigen Partnern. Entsprechend ließen die Männer erkennen, dass sie nach einer Partnerin suchten, die ihnen helfen konnte, die ihr Verhalten kontrollieren, ihnen ein Gefühl von Sicherheit geben oder sie sogar «retten» konnte. Es war die Suche nach der «Frau in Weiß», wie es einer meiner Klienten einmal ausdrückte.
    Eine Frau erlöst einen Mann durch das Geschenk ihrer selbstlosen, umfassenden, alles verzeihenden Liebe – dieses Thema ist uns altbekannt. Märchen, die in sich die wichtigsten Lehren der Kultur tragen, die sie erschaffen und verbreitet hat, variieren es seit Jahrhunderten immer wieder aufs Neue. In dem französischen Märchen
‹Die Schöne und das Tier›
begegnet die schöne junge Unschuld dem abstoßenden, furchterregenden Ungeheuer. Nur um ihre Familie vor seinem Zorn zu bewahren, ist sie bereit, mit ihm zu leben. Als sie jedoch das Ungeheuer besser kennengelernt hat, überwindet sie schließlich ihre natürliche Abscheu und beginnt, es trotz seiner tierischen Gestalt zu lieben. Eben diese Liebe bewirkt ein Wunder: die Zurückverwandlung des Ungeheuers in sein

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