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Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
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ihr Aufmerksamkeit entgegenbrachte. Sie war einfach nicht daran gewöhnt, denn in ihrer Familie hatte es noch weniger Aufmerksamkeit und Zuwendung als in meiner gegeben. Ihr Vater war als Schiffskapitän ständig unterwegs gewesen, und ihre Mutter schien damit gut zurechtgekommen zu sein. Sue hatte sich immer einsam gefühlt, sich immer nach Nähe gesehnt, aber genau wie ich konnte sie damit eigentlich nichts anfangen.
    Wir gingen eine Weile zur Eheberatung, und auf Empfehlung unseres Therapeuten schlossen wir uns dann einer Initiative für Stiefeltern an. Als das Verhältnis zwischen Tim und mir enger wurde, konnte Sue es nur schwer zulassen, dass auch ich in seine Erziehung eingriff. Sie fühlte sich ausgeschlossen und befürchtete, die Kontrolle über ihn zu verlieren. Aber ich wusste, dass ich selbst Tim Grenzen setzen musste, wenn wir eine richtige Beziehung zueinander entwickeln wollten.
    Die Mitarbeit in dieser Initiative half mir mehr als alles andere. Dort trafen sich Familien, die ähnliche Probleme wie wir hatten. Zum ersten Mal erlebte ich, dass auch andere Männer mit ihren Gefühlen zu kämpfen hatten und wie sie es taten. Durch ihre Aussagen wurde ich ermutigt, über meine Gefühle in Bezug auf Sue zu reden.
    Wir haben noch viel zu besprechen, und wir leben noch immer zusammen und lernen, Nähe zuzulassen und einander zu vertrauen. Keiner von uns beiden kann damit schon so gut umgehen, wie wir es gerne hätten, aber wir üben weiter. Für uns beide ist dies ein ganz neues Spiel.
    Warum sich Erik von Sue angezogen fühlte
    Erik sehnte sich in all seiner selbstauferlegten Isolation danach, geliebt und versorgt zu werden, ohne dabei das Risiko von Nähe eingehen zu müssen. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte Sue ihm stillschweigend signalisiert, dass sie seine hauptsächliche Vermeidungsstrategie, die Fixierung auf Sport, hinzunehmen bereit war. Und so fragte sich Erik, ob er in ihr nicht die ideale Frau gefunden hatte – eine Frau, die sich um ihn kümmern und ihn gleichzeitig in Ruhe lassen würde. Obwohl Sue sich indirekt über sein unaufmerksames Verhalten beklagte, indem sie für ihre erste Verabredung ein Lokal ohne Fernseher vorschlug, nahm er trotzdem zu Recht an, dass sie Unzugänglichkeit in hohem Maße tolerierte. Andernfalls wäre sie ihm ja von vornherein aus dem Weg gegangen.
    Aber sowohl seine Ungeschicklichkeit im Umgang mit anderen Menschen als auch seine Unfähigkeit, Nähe zuzulassen, waren Charakterzüge, die auf Sue eine große Anziehungskraft ausübten. Sie fand seine unbeholfene Art liebenswert. Gleichzeitig konnte sie davon ausgehen, dass er wohl nur schwer Kontakt zu anderen Menschen fand, ganz besonders zu Frauen. Diese Voraussetzungen waren wichtig für sie. Wie viele Frauen, die zu sehr lieben, hatte auch Sue eine tiefsitzende Angst vor dem Verlassenwerden. Lieber war sie mit jemandem zusammen, der nicht all ihren Bedürfnissen entsprach, den sie dafür aber auch nicht verlieren würde, als mit einem liebevolleren und liebenswerteren Mann, bei dem die Gefahr bestand, dass er sie wegen einer anderen verließ.
    Außerdem verschaffte ihr Eriks soziale Isolation eine Aufgabe: Sie konnte die Kluft zwischen ihm und den anderen Menschen überbrücken. Sie konnte ihn und seine Eigenschaften nach außen hin interpretieren, seinen Rückzug von sozialen Kontakten auf Schüchternheit statt auf Gleichgültigkeit zurückführen. Er
brauchte
sie also.
    Andererseits ließ sich Sue auf eine Beziehung ein, in der die negativen Aspekte ihrer Kindheit wiederaufleben konnten – die Einsamkeit, das hoffnungsvolle Warten auf Liebe und Beachtung, die tiefe Enttäuschung und schließlich die wütende Verzweiflung. Als sie Erik dazu zwingen wollte, sich zu ändern, bestätigte ihr Verhalten nur seine Angst vor Beziehungen und bewirkte, dass er sich noch weiter zurückzog.
    Aber eine Reihe von Ereignissen, die ihn tief berührten, führte bei ihm zur Veränderung. Er entwickelte die Bereitschaft, sich mit seiner Angst vor Nähe auseinanderzusetzen, weil er nicht zum Ebenbild seines kalten, unnahbaren Vaters werden wollte. Die Identifizierung mit dem einsamen kleinen Tim stellte einen wichtigen Faktor in seiner Entschlossenheit dar, ein anderer Mensch zu werden. Aber diese Veränderung in ihm selbst zwang auch jedes andere Familienmitglied zur Veränderung. Sue wurde plötzlich nicht mehr ignoriert, sondern geradezu umworben, und sah sich dadurch zu der Erkenntnis gezwungen, dass die liebevolle

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