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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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mich sehr allein. Ich war mir keinesfalls sicher, dass es einen Gott gab.
    Großmama hatte keinen Führerschein, aber einer unserer Nachbarn fuhr uns, sodass wir Mama jeden Tag besuchen konnten. Langsam ging es ihr besser. Sie erzählte uns, dass sie während der Operation in einem Winkel des Operationssaals gewesen war, auf sich selbst herabgeschaut hatte und den Arzt hatte sagen hören: »Holt sie zurück! Holt sie zurück!« Der Arzt tat ihre Erfahrung jedoch als Unsinn ab und meinte, sie habe gehört, was die Schwestern sich erzählten, aber Mama war sich absolut sicher, dass sie auf sich herabgeschaut hatte, und sie beschrieb die Szene und was alle sagten. Das brachte mich zum Nachdenken darüber, was geschieht, wenn wir sterben.
    Manchmal nahm unsere Familie das Abendessen vor dem Fernseher ein. Ich sah Bilder von verhungernden Kindern in Biafra, Nigeria. Und ich brauchte keine Kirche, die mir sagte, dass es falsch war, selbst so satt und voll zu sein, während sie so leer waren und hungerten. Immer wieder fragte ich mich, warum manche Menschen in ein Leben in Armut geboren waren und manche in eins des Überflusses. Ich versuchte, einen Sinn für das Leiden zu finden, wanderte nachts umher und blickte mit der Frage, ob es einen Gott gab, hoch zu den Sternen. Es musste einen geben, dachte ich, damit die Welt einen Sinn bekam.
    In meinem Schlafzimmer hingen Glaskristalle vor dem Fenster und brachen das Licht zu farbenprächtigen Regenbogen, die über meine Wand tanzten. Vielleicht verwies die außerkörperliche Erfahrung von Mama auf eine verborgene Dimension des Lebens. So wie die Farben im Licht durch
Kristalle sichtbar und die Geräusche um uns herum durch ein Transistorradio hörbar gemacht werden, könnten wir womöglich mit der richtigen Ausrüstung Gott wahrnehmen.
    Als ich mit Freunden auf einem Musikfestival in einem kühlen bewaldeten Tal der Galston-Schlucht kampierte, wo ein gerodetes Gebiet am Fuße eines Abhangs als natürliches Amphitheater diente, schwang mein Körper im Einklang mit der Musik, die mir von einem Lebenslied erzählte, das nur gesungen zu werden brauchte.
    Zu diesem Zeitpunkt war ich weit davon entfernt, Nonne zu werden, obwohl Jenny, eine Freundin von mir, vorhatte, den Dominikanerinnen beizutreten. Ich bewunderte einige der Nonnen an der Schule, aber sie gehörten für mich zum Establishment.
    »Glaubst du nicht, dass die Kirche das Feuer der Evangelien verloren hat?«, fragte ich Jenny. »Was wurde aus: ›Verkaufe alles, was du hast, und gib’s den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm und folge mir nach!‹ (Lukas 18,22). Sämtliche Orden besitzen viel Land und Geld. Sie sind reicher als die Menschen, von denen sie unterstützt werden.«
    »Das musst du praktischer sehen, Colette. Die Schwestern können dich wohl kaum neben der Straße unterrichten!«
    Als ich mich dann im letzten Highschool-Jahr auf meine Abschlussprüfungen vorbereitete, sah ich den Film, der die Geschichte der Mutter Teresa zeigt, Something Beautiful for God, produziert von Malcolm Muggeridge, einem agnostischen britischen Journalisten. Muggeridge war Mutter Teresa
zum ersten Mal begegnet, als er sie für das britische Fernsehen interviewte, was sich als schwierig herausgestellt hatte, da sie nur knappe Antworten gab und persönlichen Fragen gänzlich auswich. Doch das Interview stieß auf unerwartete Resonanz in der Öffentlichkeit, und Muggeridge nahm 1969 Mutter Teresas Einladung an, sich selbst von ihrer Arbeit in Kalkutta zu überzeugen und einen Film darüber zu drehen. Er konvertierte daraufhin zum Christentum und produzierte den Film, der mich dazu bewegte, einer religiösen Berufung zu folgen. Wie der Film erzählt, war 1948, als die Staaten Pakistan und Bangladesch von Indien abgetrennt wurden, Westbengalen in Aufruhr. Mutter Teresa trat durch die Tore der Schulanstalt Saint Mary’s in Kalkutta, wo sie Geografie lehrte, hinaus auf die wimmelnden Straßen, um den Mittellosen beizustehen, die unbeachtet auf den Gehwegen starben. Sie spürte einen »Ruf innerhalb eines Rufs«, sich um Christus im »Gewand der Notleidenden« zu kümmern.
    Die Idee eines mitfühlenden, praktischen Dienstes an den Armen faszinierte mich. Dieser Film stellte für mein Leben einen Wendepunkt dar. In erster Linie hatte ich danach gestrebt, als Medizinstudentin an einer Sydneyer Universität angenommen zu werden. Am Vorabend der Prüfungen beschloss ich jedoch, dass ich keine Zeit zu vergeuden brauchte,

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