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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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kratzen die Dinger noch schlimmer. Los, probier deine mal an.«
    Dara zog sich ihre Mütze über den Kopf und betrachtete sich im Seitenfenster des Autos. Angel stellte sich neben sie, setzte die auf links gedrehte Mütze auf und zog sie sich über das Gesicht. Sie starrten einander durch die ungleichmäßigen Augenlöcher hindurch an und gackerten los, ganz leise, um keinen Lärm zu machen. Durch die dicke, kratzende Wolle war ihr Gekicher ohnehin nur gedämpft zu hören.
    »Gehen wir«, sagte Angel schließlich und marschierte los.
    »Ich weiß nicht recht …« Dara zupfte sich ein paar Fussel aus dem Mund.
    »Nun komm schon«, zischte Angel, die schon an der Einfahrt zum Parkplatz war.
    »Ich bin mir nicht sicher …« Dara folgte ihr zögernd. Angel nickte ihr ermutigend zu und überquerte die Straße.
    Dann standen sie rechts und links der Straße, zwei dunkle Silhouetten im Schein des Mondes, der gelegentlich durch die dichte Wolkendecke lugte. »Was ist denn nun?«, rief Angel.
    »Ich mache mir Sorgen«, sagte Dara.
    »Was hast du schon zu verlieren?«
    »Na ja, zum Beispiel meinen Job. Meinen Lebensunterhalt. Und meinen Ruf als Tierpflegerin. Wenn das ans Licht kommt, lassen sie mich nicht einmal mehr im Zoo die Elefantengehege ausmisten.«
    »Willst du das denn, Elefantengehege ausmisten?«, fragte Angel.
    »Nein, aber …«
    »Na, also. Was noch?«
    Dara überlegte, dann stieß sie einen Seufzer hervor, der Anya beeindruckt hätte. Sie straffte die Schultern, zog sich die Mütze noch weiter über das Gesicht, blickte nach links, nach rechts, und noch einmal nach links und überquerte die Straße.
    »Falls irgendetwas schiefgeht …«
    »Es wird schon nichts schiefgehen.« Angels Optimismus war so unverwüstlich wie eh und je.
    »Okay, aber falls doch, dann lauf um dein Leben, ja?«
    »Ich bin aber nicht so schnell wie du«, wandte Angel ein.
    Dara grinste. »Eben deshalb.«
    Sie kletterten über das Gatter und schlichen die Auffahrt
entlang. Die Hecken, die nun zum Frühsommer hin immer dichter wurden, raschelten und rauschten in der kühlen Brise. Dara vernahm das bedächtige Kratzen von Krallen auf Borke. Wahrscheinlich ein Dachs. Das streitlustig klingende Jaulen zweier Katzen, die sich in den Binsen am Flussufer tummelten. Das Huschen und Trippeln der Mäuse, die im hohen Gras des Ackers etwas weiter hinten ihr Leben aufs Spiel setzten.
    Dara drehte an dem Zahlenschloss, das an der Tür des Containers hing. Die Kombination war dieselbe, die bei Dara auch sonst immer zum Einsatz kam – ihre Pin für sämtliche Bankkarten und ihr Handy, ihr Passwort beim Mailen. 0310. Der dritte Oktober. Der Tag, an dem Mr. Flood auf Nimmerwiedersehen verschwunden war. Seltsamerweise war es im Hause Flood stets ein guter Tag gewesen, an dem ihre Mutter immer etwas Besonderes mit ihnen unternommen hatte, ganz egal, ob sie zur Schule mussten oder nicht. Sie war mit ihnen in den Zoo, ins Theater oder in einen Buchladen gegangen, um ihnen brandneue Bücher zu kaufen, die ganz anders rochen als die Büchereibücher, die sie sonst lasen. Früher hatten sie es einfach hingenommen, wie kleine Kinder es eben tun, wenngleich sie sich durchaus gefragt hatten, warum Mrs. Flood sie an diesem Tag nach der Frühmesse mit heißer Schokolade und Nuss- oder Zimtschnecken verwöhnte – obwohl weder Weihnachten noch irgendein Feiertag war und sie auch nicht Geburtstag hatten. Später reimte sich Dara zusammen, dass es wohl eine Art gleichgültiges Schulterzucken war. Dass Mrs. Flood ihrem nutz- und treulosen Gatten damit gewissermaßen den Stinkefinger zeigen wollte. Siehst du, wir brauchen dich nicht. Wir kommen auch ohne dich hervorragend zurecht.
    Am dritten Oktober hatte ihre Mutter sie stets in ihre Sonntagsklamotten gesteckt, selbst wenn gar nicht Sonntag war. Als wollte sie sie zur Schau stellen. Als könnte Mr. Flood sie sehen. Als wären sie die Protagonisten einer Fernsehsendung, die er sich anguckte, während er irgendwo auf einem Sofa lümmelte und sich am Sack kratzte.
    Dara schaltete die Überwachungskamera aus und schnappte sich den Schlüssel zu Luckys Zwinger.
    Als sie an den Käfigen vorbeikamen, wurden die Hunde munter, aufgeregt über diese unerwartete nächtliche Aktivität. Jeffrey warf sich begeistert gegen die Gitterstäbe, und Dara kniete sich hin und drückte das Gesicht an seinen Käfig, damit er ihr die Nase lecken konnte, ehe sie sich mit einigen der Hundeplätzchen, die sie vorhin noch gebacken hatte,

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