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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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sein Schweigen erkaufte. So arbeitete sie sich, dicht gefolgt von Angel, von Käfig zu Käfig vor. Hand hinstrecken, Nase lecken lassen, Hundekeks, und ihre Schützlinge, die Daras selbstgemachte Hundekekse fast so sehr liebten wie sie Dara selbst liebten, kooperierten bereitwillig. Vor Luckys Käfig hielt Dara so abrupt an, dass Angel mit ihr zusammenstieß.
    »Was ist los?« Angel rieb sich das Kinn, das sie sich an Daras Kopf gestoßen hatte.
    »Pssst!«, flüsterte Dara. Aus dem Käfig ertönte ein tiefes Knurren.
    »Ach herrje«, murmelte Angel.
    »Er ist bloß verwirrt«, sagte Dara.
    »Das klingt nicht verwirrt, sondern gefährlich.«
    »Keine Sorge«, beruhigte Dara ihre Schwester. Sie kniete sich hin und rutschte auf den Zwinger zu.
    Lucky hielt sich mit den Pfoten die Augen zu und weigerte sich, sie anzusehen. Er knurrte weiter, bis Dara das
Gesicht nach vorn schob und ein paar leise Kussgeräusche von sich gab. Jetzt zuckten seine Ohren, die Pfoten rutschten über die Nase hinunter, er schielte zu Dara hoch. »Hallo altes Haus«, schien er zu sagen. »Grässliche Sache, das gestern. Tut mir auch schrecklich leid, aber was sollte ich denn machen, wenn mir diese Göre mit einem Stock an den Kronjuwelen rumstochert und mir ins Gesicht sagt, ich sei der hässlichste Köter, den sie je gesehen hat? Höchst unangebracht, findest du nicht?«
    Dara schob ihm vorsichtig die Hand unter die Nase, und er schnupperte daran, ehe er sie mit seiner feuchten, rauen Zunge langsam und gründlich ableckte, von den Fingerspitzen bis zum Handgelenk. Es war ein Lecken, das sich irgendwie wichtig anfühlte. Bedeutsam. Es kam Dara so vor, als würde damit ein Band zwischen ihnen geknüpft. Sie schob den Schlüssel ins Schloss und öffnete den Käfig. Lucky erhob sich entschlossen und sah sich ein letztes Mal in seinem Käfig um, ehe er ihn verließ. Seine anmutigen Bewegungen standen in krassem Gegensatz zu seinem bunt zusammengewürfelten Körper.
    »Jessesmariaundjosef«, stieß Angel hervor. »Der ist ja eine ziemlich bunte Mischung, nicht?«
    »Ja, er hat ein bisschen was von allem«, räumte Dara ein. »Du bist ein interessant aussehender Hund, nicht wahr, Lucky?«, flüsterte sie ihm zu und ließ die Hände über seine Ohren gleiten, wie er es gern hatte. Es dauerte ewig. Seine Ohren waren wirklich erstaunlich lang.
    »Interessant?«, wiederholte Angel. »Ja, so kann man es auch nennen.«
    Dara drehte sich besorgt zu ihr um. »Du willst doch jetzt keinen Rückzieher machen, oder?«
    »Quatsch.« Angel bückte sich und hielt Lucky die Hand
hin. Er schnupperte halbherzig daran und wandte sich wieder zu Dara um. »Er sieht aus, als würde er dringend ein Zuhause brauchen.«
    Dara nickte, holte die Leine aus der Innentasche ihrer Jacke, befestigte sie an Luckys Halsband und richtete sich auf.
    »Gehen wir nach Hause, Lucky?«, fragte sie, und da bellte der Hund. Es war das erste Mal, dass sie ihn bellen hörte. Es klang fröhlich, eher wie ein Lachen als ein Bellen, und unerwartet hoch und mädchenhaft, beinahe gekünstelt. Etwa so, wie wenn ein haariger Hüne von einem Mann den Mund aufmacht und mit seiner Teenagerstimme spricht, weil er nie in den Stimmbruch gekommen ist.
    Dara ruckte einmal leicht an der Leine, und schon tapste Lucky artig neben ihr her, als hätte er sein ganzes Leben lang nie etwas anderes getan.
    Er wedelte den ganzen Nachhauseweg über mit dem Stummelschwanz.



56
    Im Laufe des nächsten Tages verschlechterte sich Angels Gesundheitszustand. Es fing ganz harmlos an. Eine Erkältung vermutlich. Kopfweh, Gliederschmerzen.
    »Es ist nichts«, beharrte sie, schnäuzte sich und unterdrückte einen verdächtig schleimig klingenden Husten.
    Dara zog die Bettdecke hoch und steckte sie unter Angels Kinn fest. »Ich hätte dich gestern nicht mitnehmen sollen.«
    »Ich wollte aber. Es war schließlich meine Idee.« Angel richtete sich auf, um Lucky zu streicheln, der sich am Fußende ihres Bettes ausgestreckt hatte und sich nicht mehr von der Stelle bewegte. Er hatte sie im Nu ins Herz geschlossen. So ging es den meisten.
    Dann kam das Fieber. Kein extremes, aber doch so hoch, dass Angel rote Wangen und eine feuchte Stirn hatte und sich Dara und Mrs. Flood mehr Sorgen als sonst machten.
    »Du solltest ins Krankenhaus fahren«, sagte Mrs. Flood mit einem Blick auf das Thermometer. Dara stimmte ihr zu.
    Angel wollte nichts davon wissen. »Ich muss am Montag ohnehin zur Dialyse, das ist noch früh genug.«
    Mrs. Flood

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