Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry
atmete schwer. Er krümmte den Finger am Abzug, aber er brachte es nicht fertig, den Druckpunkt zu überschreiten. Mit wenigen Schritten war sie bei ihm. Sie riß ihm die Pistole aus der Hand.
Diesen Augenblick benutzte Coleman, um sich auf die beiden zu stürzen. Aber noch ehe er sie erreicht hatte, krachte der erste Schuß. Miß Turners blasses Gesicht war haßerfüllt, als sie ein zweites und drittes Mal abdrückte.
„Das ist für den Whisky, du Schuft!“ knirschte sie wütend.
Coleman zuckte unter jedem Schuß zusammen, als empfinge er einen Peitschenhieb. Er preßte die Hände gegen den Leib, und man sah, wie sich die Finger verkrampften und allmählich rot färbten. Mit einer langsamen, wie einstudiert wirkenden Seitwärtsdrehung fiel er zu Boden. Er wälzte sich auf den Rücken und starrte aus übergroß erscheinenden Augen an die Decke. Broderick faßte sich an den Hals. Aus seinem Mund drangen würgende Laute. Er sah aus, als müsse er sich erbrechen.
Miß Turner nahm ein Tuch aus ihrer Handtasche und rieb die Pistole ab, um alle Fingerabdrücke zu entfernen.
„Ich verstehe“, murmelte Coleman mit allmählich erlöschender Stimme. „Ich habe mein Selbstmordgeständnis unterschrieben. Es... es nützt euch nichts...“
„Warum?“ fragte Broderick erschreckt und beugte sich über den Sterbenden.
Ein hohnvolles Grinsen überzog Golemans Züge. „Ich habe meine Handschrift verstellt..., niemand wird die Unterschrift als meine eigene anerkennen...“
„Verdammt!“ stieß Broderick hervor. Er blickte das Mädchen an. „Zeig mir den Wisch!“
Sie reichte ihm den Bogen. Broderick ließ sich mit einem dumpfen Stöhnen in den nächstbesten Sessel fallen.
„Er hat recht“, murmelte er dumpf. „Jetzt sitzen wir in der Patsche!“
In diesem Augenblick klingelte es.
*
Broderick sprang auf. In seinen Augen loderte panische Angst. „Die Schüsse!“ rief er. „Man hat die Schüsse gehört!“
Er warf einen Blick auf Coleman. Das Mädchen kniete neben dem Toten und bemühte sich, ihm die Pistole in die allmählich starr werdenden Finger zu zwängen. Hierzu hatte sie sich rasch ihre Handschuhe übergestreift. Nachdem ihr das Vorhaben geglückt war, stand sie auf.
„Nicht öffnen!“ befahl sie leise.
Dann schritt sie auf Zehenspitzen zum Fenster.
„Vor der Haustür steht ein Hillman“, sagte sie. „Kennst du den Wagen?“
Broderick trat neben sie. Er atmete auf.
„Das ist Derrek“, erklärte er. „Ein Saufkumpan von Robert.“
„Wir machen einfach nicht auf.“
Es klingelte ein zweites Mal.
„Ob er die Schüsse gehört hat?“ fragte Broderick nervös.
„Das glaube ich nicht“, tröstete ihn Miß Turner. Sie schob den Arm unter den Ellbogen von Broderick, aber der machte sich los.
„Robert hat also doch gewonnen“, sagte er bitter.
„Nein“, erwiderte sie mit forciertem Optimismus. „Die Experten werden feststellen, daß es trotz allem seine Handschrift ist. Außerdem sind seine Fingerabdrücke am Füllhalter.“
„Warum hätte er die Unterschrift verstellen sollen?“ fragte Broderick erregt. „Nein, dieses sogenannte Geständnis ist völlig wertlos. Jeder wird erkennen, daß es gefälscht ist.“
„Es gibt eine sehr einfache Erklärung für die veränderte Unterschrift“, meinte Miß Turner. „Goleman hatte sich entschlossen, freiwillig aus dem Leben zu scheiden..., und die Erregung, die er bei diesem Entschluß empfand, übertrug sich natürlich auch auf die Unterschrift. Sieh sie dir doch an..., sie ist ganz zittrig.“
Broderick achtete nicht auf die Worte. Er trat einen halben Schritt vom Fenster weg. „Derrek haut ab“, meldete er.
Unten, vor dem Haus, stand ein junger Mann und steckte sich eine Zigarette in Brand. Er warf einen letzten fragenden Blick auf die Fenster des ersten Stockwerkes, dann schob er das Feuerzeug in die Tasche und stieg in den Hillman. Kurz darauf brauste er ab.
Broderick atmete auf. „Gott sei Dank.“
„Du hast Angst, nicht wahr?“
„Das ist keine Situation, die zur Sorglosigkeit einlädt“, erwiderte er bitter. „Ich ahnte, daß uns Coleman in letzter Sekunde reinlegen würde!“
„Ach was, die Polizei wird den Selbstmord glauben“, sagte sie und legte den Bogen auf den Schreibtisch so zurecht, daß er jedem ins Auge fallen mußte.
„Lies noch einmal vor, was darauf steht.“
Sie beugte sich über den Schreibtisch und las: „Ich, Robert Coleman, habe mich entschlossen, freiwillig und ohne fremdes
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