Wenn ich sterbe, stirbst auch du Kommissar Morry
überschritten.“
Broderick nahm zwei Gläser aus dem Schrank und brach einige Eiswürfel aus einem Behälter, der zum Kühlfach der Hausbar gehörte. Er ließ die Würfel in die Gläser fallen und fragte: „Ist Ihnen ein Scotch recht?“
„Meinetwegen“, erwiderte sie mit ihrem typischen dünnen Lächeln.
Broderick füllte die Gläser und kam auf Miß Turner zu. Er reichte ihr ein Glas und sagte: „Auf Ihr Wohl, gnädiges Fräulein!“
Sie lächelte, ohne etwas zu erwidern, und nahm einen kleinen Schluck.
Broderick holte tief Luft. „Sie können sich vorstellen, daß wir das Geld nicht bei einer Bank deponiert haben“, erklärte er. „Es wäre aufgefallen, wenn wir laufend größere Beträge eingezahlt hätten. Darum zogen wir es vor, die... Einkünfte außerhalb von London zu verbergen.“
„Ich verstehe. Aber warum ist Coleman so spät losgefahren? Er hätte es so einrichten können, daß das Geld jetzt hier ist.“
„Robert ist ein Langschläfer“, entgegnete Broderick. „Er ist viel zu spät aufgebrochen, um den Termin einhalten zu können. Ich rechne aber bestimmt damit, daß er in etwa einer halben Stunde zurück sein wird.“
„Da kann ich mich ja inzwischen ein wenig setzen.“
Broderick entschuldigte sich und sprang diensteifrig hinzu, um ihr einen Sessel zurechtzurücken.
„Vielen Dank“, sagte sie. Sie beobachtete leicht amüsiert, wie sich Broderick ein wenig verlegen ihr gegenüber hinsetzte.
„Vermutlich haben Sie ein schlechtes Gewissen wegen gestern Abend, nicht wahr?“ — fragte sie.
„Es war Colemans Idee“, erwiderte Broderick rasch. „Er vertrat die Auffassung, wir dürften uns keine weiteren Pannen leisten. Da ihm bekannt ist, daß sich Papiere mit seinem Namen bei Knight befanden und damit rechnete, daß Scotland Yard alle Kunden Ihres Onkels überprüfen wird, hielt er es für geraten, den Laden hochgehen zu lassen.“
„Wie hat er das bewerkstelligt?“
„Ganz einfach. Er fuhr mit einem gestohlenen Wagen durch die Straße, an der das Atelier liegt, und warf eine selbstproduzierte Bombe durch das Schaufenster.“
„Wäre es nicht klüger und weniger auffällig gewesen, dem Laden einen nächtlichen Besuch abzustatten und alle Unterlagen, die für ihn von Interesse waren, zu entfernen?“
„Das erschien ihm zu gefährlich, weil er fürchtete, daß die Polizei das Atelier überwacht.“
„Damit hat er recht gehabt. Ein gewisser Mr. Sullivan von Scotland Yard hat Mr. Colemans Namen schon vor der Explosion entdeckt.“
Broderick wurde blaß. „Er hat den Namen ausdrücklich erwähnt?“
Sie nickte.
Broderick kaute auf der Unterlippe herum wie ein junger Hund am Rande eines Teppichs. Dann nahm er einen tüchtigen Schluck aus dem Glas. „Warum gerade Coleman?“ fragte er verstört. „Vielleicht steht er bei Scotland Yard auf der schwarzen liste?“
„Unsinn..., Goleman hat nie krumme Sachen gemacht, jedenfalls keine, die der Polizei bekannt geworden sind.“
„Das kann man nicht wissen. Mr. Sullivan hat übrigens auch Ihren Namen erwähnt.“ Broderick schluckte. „Meinen Namen?“
„Ja, er wollte wissen, was ich von Ihnen halte.“
„Haben Sie ihm gesagt, daß Sie mich kennen?“
„Leider. Es rutschte mir so raus. Ich erklärte ihm, daß Sie durch meinen Onkel oft Fotos Ihrer Arbeiten anfertigen ließen und stets dafür bar bezahlten.“
„Das stimmt doch gar nicht!“
„Ich konnte ihm nicht gut erzählen, daß ich gestern mit Ihnen zusammentraf, um über einen Anteil an Mrs. Cumberlands Geld zu verhandeln.“
Broderick stand auf. Er begann nervös im Raum hin und her zu marschieren. „Dieser Sullivan ist ein gefährlicher Bursche“, murmelte er. „Er scheint zu ahnen, daß Coleman und ich mit der Sache etwas zu tun haben. Daß er mich verdächtigt, will ich noch durchgehen lassen..., aber wie kommt er auf Coleman?“
„Keine Ahnung.“
„Robert wird vor Schreck umfallen, wenn er das hört. Er ist eiskalt, aber diese Entwicklung wird seiner Selbstsicherheit einen bösen Stoß versetzen.“
„Das kann gar nicht schaden.“
„Sie mögen ihn nicht, was?“
„Ich hasse ihn.“
„Ich gebe zu, daß er gemein zu Ihnen war. Andererseits dürfen Sie nicht verkennen, daß ihn Ihre Forderungen in eine begreifliche Wut versetzen mußten.“
„Ich hasse ihn trotzdem. Warum arbeiten Sie überhaupt mit ihm zusammen?“
„Er ist gewissermaßen der Kopf des Unternehmens“, erwiderte Broderick schulterzuckend. „Er war es, der den
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