Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
tatsächlich so war.
Wenn die beiden nicht wären, wo wäre sie dann jetzt gerade? Wer, wenn nicht die beiden, wäre in diesem Moment an ihrer Seite?
Merkas?
Luzifer?
Nikolaj?
NEUN
Marah hatte die Ecke des Hauses fast erreicht, als Jo herumgeschossen kam und sie über den Haufen rannte. „Hey, wohin denn so eilig?“, fragte sie zurückstolpernd.
„Nach drinnen. Ich nehme mir den Kühlschrank vor …“
Sie betrachtete ihn mit einem Stirnrunzeln. „Den Kühlschrank? Ist das dein ernst?“
„Warum nicht?“ Er lief weiter Richtung Hauseingang.
„Jo, warte!“ Sie ging ihm hinterher. „Vielleicht sollten wir uns kurz zusammensetzen, damit ich dich auf den neuesten Stand bringen kann.“ Sie kratzte sich am Kopf und löste dabei ein paar Haarsträhnen aus ihrem Zopf. „Es gibt eine Menge …“
„Du musst nicht alles wiederholen, was Gwen dir erzählt hat. Ich weiß schon alles.“
„Du weißt schon alles?“ Sie musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen, dann dämmerte es ihr. „Gwen wollte nach draußen. Du bist ihr nicht zufällig über den Weg gelaufen und hast sie ausgequetscht, oder …?“ Sie sprach rügend, konnte sich eine feine Prise Sarkasmus nicht verkneifen. Sie redete so, wie sie schon oft mit ihm geredet hatte. Allerdings bevor Corin und Simon gestorben waren und bevor sie ihm erzählt hatte, dass sie ebenfalls eine Hexe war. Es war in diesem Moment vielleicht nicht angebracht, doch das letzte, was Gwen nun brauchen konnte, war jemand wie Jo, der ihren Nervenzustand noch weiter über die Klippe trieb. Natürlich wusste sie, dass Jo selbst an der Klippe entlangdriftete und sich deswegen so benahm, wie er es tat. Alle beide benötigten Zuspruch und Trost, doch konnte sie nicht zeitgleich an beiden Fronten stehen.
Niemand von ihnen dreien war unbelastet oder in einwandfreiem emotionalem Zustand: auch sie hatte der Verlust von Corin schwer getroffen. Jedoch konnte sie es sich nicht leisten, auch noch durchzuhängen. Einer von ihnen musste schließlich einen klaren Kopf behalten. Was jedoch nicht bedeutete, dass sie sich all dem gewachsen sah, was vor sich ging – oder auf sie wartete. Sie hatte geahnt, dass es nicht leicht werden würde, dass es gefährlich werden konnte. Doch ein Kampf gegen Luzifer war nicht wirklich das gewesen, mit dem sie gerechnet hatte.
Sie hatte keine Ahnung, ob sie wirklich so hilfreich sein konnte, wie Hekate sich vorstellte. Natürlich hatte sie einige Kniffe auf Lager, aber ob das reichen würde? Ob drei Personen ausreichen würden, um diese Aufgabe zu bewältigen? Drei gegen – wie viele? Drei gegen – welches Machtpotenzial?
„Rein zufällig ist sie mir tatsächlich über den Weg gelaufen“, entgegnete Jo, nun ebenfalls in schnippischem Tonfall. „Allerdings habe ich sie weder ausgequetscht noch beschimpft oder beleidigt – auch, wenn du dir das gut vorstellen kannst. Ich habe euer Gespräch vorhin mitbekommen – daher ist es nicht nötig, dass wir uns zusammensetzen.“
„Du hast uns belauscht?“
Er zuckte mit den Achseln. „Ging mich schließlich auch etwas an. Nachdem ich alles gehört habe, muss ich sagen, dass ich nicht sehr glücklich bin. Ich dachte, wir legen uns mit den Sensaten an – nun klingt es, als sollten wir uns als ihre Retter aufspielen!“
„Als ihre Retter aufspielen?“
„
Den Funken Licht in ihnen entzünden …
“, zitierte er spöttisch Gwens, beziehungsweise Hekates Worte.
„Dir ist aber schon klar, dass, wenn wir es tatsächlich schaffen, den Funken Licht in ihnen zu entzünden, genaugenommen eine Ebene höher besiegen? Die Ebene höher, die für die Sensaten verantwortlich ist? Die Ebene, die sich unrechtmäßig und ungebeten in den Zauber einer Hexe eingeklinkt und ihn vergiftet hat?“
Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Fängst du jetzt auch noch damit an?“ Er klang müde. „Wenn du behaupten willst, Luzifer wäre schuld an Corins und Simons Tod und nicht seine Höllenbrut, die sie umgebracht hat, dann weiß ich echt nicht mehr, was ich noch sagen soll. Wenn wir Menschen etwas verbocken, dann tragen nicht unsere Eltern die Schuld daran, sondern wir – oder? Wir können eigenmächtig entscheiden und handeln und sie können es auch. Punkt.“
„Hör zu Jo“, sagte sie seufzend, „ich weiß, dass du …“
„Außerdem war es wohl nicht nur Luzifer allein, der den Zauber vergiftet hat. Lilith selbst hat es so weit kommen lassen.“
Sie öffnete den Mund, um ihn zu beruhigen, ihm etwas Tröstliches zu
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