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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Ruppert
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sein zu dürfen, verstand Annemie, warum es genau dort hatte sein müssen. Der Baum gab ihr den Halt und die Wurzel, die sie in ihrer Mutter nicht gefunden hatte. Aber sie sehnte sich danach.
    Annemie schaute gespannt aus dem Hintergrund zu, was geschehen würde, als das Taxi hielt und jemand ihre Torte vor sich hertragend den Garten betrat.
    »Oh!«, rief Josephine strahlend, als sie die Torte sah. »Die ist ja ein Traum! So etwas habe ich noch nie gesehen!«
    Und dann sah Annemie, wie sie plötzlich verstummte, weil die Trägerin die Torte ein klein wenig senkte und sich dadurch zu erkennen gab.
    Der aufmerksame Bräutigam kam gleich herbeigeeilt, um Frau Hartmann die Torte abzunehmen, damit Mutter und Tochter sich erst zögernd, doch dann umso inniger in die Arme schließen konnten und sich einfach nur festhielten.
    »Du bist die schönste Braut, die ich je gesehen habe, ich wünsche dir alles Glück dieser Welt.«
    »Und darauf ein Stück Torte …«, lächelte die Braut unter Tränen.
    Als Annemie später ging, hatten ihr alle dankbar die Hand gedrückt. Die Braut, der Bräutigam, vor allem aber die Brautmutter.
    Der Anruf von Fabian Schenks Mutter überraschte Annemie dann eigentlich gar nicht. Fabians Mutter wollte gerne einmal mit Annemie sprechen, ihr Sohn wisse davon nichts, ob es möglich wäre, dass dies so bliebe, erkundigte sich Frau Schenk vorsichtig vorab. Annemie versicherte ihr diskretes Stillschweigen und lud sie ein vorbeizukommen.
    Als sie voreinander standen, mussten sie lachen, denn sie kannten sich bereits aus der Haushaltsabteilung des Kaufhauses, in dem Annemie ihre Backutensilien kaufte. Frau Schenk schien sehr erleichtert zu sein, mit jemandem reden zu können, und gestand Annemie all ihre Sorgen, die sie hinsichtlich der Hochzeit ihres Sohnes hatte, die sie als »über seinen Stand hinaus« bezeichnete, und Annemie dachte, wie schwierig es anscheinend doch war, die Kinder ihren Weg gehen zu lassen, den sie sich aussuchten, mit dem Partner, den sie sich aussuchten, um das Leben zu führen, das ihnen entsprach.
    »Mochten Ihre Eltern denn Ihren Mann? Oder waren Sie die Schwiegertochter, die die Eltern Ihres Mannes sich für ihren Sohn ausgesucht hätten?«
    Annemie fragte interessiert nach, und Frau Schenk schüttelte zunächst den Kopf, wollte erwidern, dass das doch etwas ganz anderes sei, als sie plötzlich merkte, dass es gar nichts anderes war. Überhaupt nichts anderes.
    »Als Kind denkt man doch gar nicht so, wie die Eltern denken!«, rief sie aus. »Natürlich tut er das auch nicht.«
    Sie sah Annemie ein wenig verblüfft an. Dass sie darauf nicht selbst gekommen war.
    »Muss ich mir dann vielleicht gar keine Sorgen machen? Aber die spielen doch in einer ganz anderen Liga als wir!«
    »Ich verstehe genau, was Sie meinen«, gestand Annemie. »Seit ich hier aushelfe, bin ich ja selbst in dieser komplett anderen Welt gelandet. Aber im Gegensatz zu mir bewegt sich Ihr Sohn sehr natürlich in dieser Welt. Er passt da gut hinein.«
    »Wir haben so Angst, dass er einen Teil von sich verleugnet. Er ist so anders, wenn er bei den Winters ist.«
    »Ich habe leider selbst keine Kinder …«
    »Oh, das tut mir aber leid!«, unterbrach Frau Schenk, um sich gleich darauf selbst zu maßregeln, »aber ich wollte Sie nicht unterbrechen. Bitte …«
    »… deshalb weiß ich nicht, wie es ist, wenn die Kinder plötzlich eigene Wege gehen. Ich weiß nur, ich wäre auch gerne anders geworden als meine Mutter. Sie ja vielleicht auch?«
    Frau Schenk nickte, blickte aber immer noch recht unglücklich drein, denn sie hatte noch viel mehr auf dem Herzen, was sie nun Annemie gegenüber endlich einmal loswerden konnte.
    »Wir wissen auch gar nicht, was wir zu der Hochzeit anziehen müssen, wo wir das einkaufen sollen, ob mein Mann dann mit Nina tanzen muss und ich mit Herrn Winter, und was für ein Tanz das dann wohl ist, und ob ich einen Hut brauche, und was für einen Anzug der Junge anziehen soll, und was wir ihnen schenken können, denn die haben ja schon einen Haushalt, und große Geldgeschenke können wir nicht machen. Wir kennen uns gar nicht aus!«
    Annemie lächelte Frau Schenk beruhigend an.
    »Aber dabei können wir Ihnen helfen, dazu gibt es doch Hochzeitsfieber! Wenn Frau Baumgarten erst wieder da ist, dann wird sie mit Ihnen einkaufen gehen und hilft Ihnen, genau das Richtige auszusuchen. Sie übt auch die Tänze mit Ihnen, wenn Sie wollen. Frau Baumgarten kümmert sich wirklich um alles.

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