Wenn nichts mehr ist, wie es war
kam ihm zum ersten Mal der Geda n ke, dass sie nicht da sein könnte.
„Blödsinn “ , e rmahnte er sich selbst und stieg aus. Beim Betreten des Hauses verstärkte sich sein Unbeh a gen. Anfangs noch ruhigen Schrittes durchkämmte er jedes Zimmer. Nachdem auch das vierte Zi m mer leer war, begann er zu rufen. Als er keine Antwort erhielt, wurden seine Schritte schneller und die Bew e gungen energischer. Erst mit dem Öf f nen des Gästezimmers erlangte er Gewissheit. Ein kurzer Blick auf die Kommode, auf der das braune Päckchen mit Dinas Gegenständen gelegen hatte, reichte aus. Das Päc k chen war weg.
Kapitel 51
Silvan öffnete die Tür und wollte se i nen Augen nicht t rauen. „Was ist denn mit dir passiert? Du atmest, als wäre eine ganze Büffe l herde hi n ter dir her!“
„Keine Büffel, aber Bullen. Darf ich reinkommen?“
„Oh, entschuldige meine Unhöflichkeit!“ Silvan trat zur Seite. „Bi t te.“
„Danke.“ Langsam beruhigte sich der Puls wieder und als die T a sche schwer auf dem Boden landete, ging es Beth schon etwas besser.
„Setz dich.“ Silvan kam hinter ihr in das Wohnzimmer und wies ihr den Platz auf dem bequem wirkenden Sofa zu. Dann ging er in die Küche. Genauso schnell wie er verschwunden war, kam er auch wieder z u rück. Bewaffnet mit einer Flasche Wasser, Wein und einem klaren Getränk in einer Flasche ohne Etikett. Beth ve r mutete etwas Hochprozentiges aus Eigenproduktion . Als Si l van Beths Blick bemerkte, hob er entschuldigend die Schultern. „Ke i ne Angst, ich habe nichts Unmoralisches vor. Es mag vie l leicht nicht so aussehen, aber es ist nicht meine Art , Frauenbesuch gleich nach ihrem Eintreten mit Schnaps gefügig zu m a chen.“
„Tatsächlich? Wie lange wartest du denn normalerweise mit di e sem Schritt? Zehn- , zwanzig Min u ten ?“
Ein leichtes Lächeln umspielte Beths Lippen, was Silvan beruhi g te. Ganz beiläufig sagte er deshalb: „Ne, ich lass ihnen schon so ungefähr eine Stunde.“ Er grinste sie frech von der Seite an. Dann machte das Lächeln einer Mischung aus Besorgnis und Wohltäti g keit P latz. „Aber im Ernst, so wie du jetzt hier ang e kommen bist, dachte ich, du könntest einen guten Schluck brauchen, bevor du mir dann e r zählst, was dich plagt.“
„Sehe ich so schlimm aus?“
„Du siehst aus wie e in in die Enge getriebenes Reh. Weit aufgeri s sene Augen, gehetzte Körperhaltung, gejagte Atmung. Also en t weder hattest du ein absolut ü b les Date oder du läufst vor etwas davon.“
Jetzt war es an Beth entschuld igend die Schultern zu heben. „Ich nehme g erne einen Schluck von dem Selbstgebran n ten.“
„Braves Bambi.“ Silvan schenkte e i nen grosszügigen Schluck in ein normales Wasserglas ein. Er wollte noch eine Warnung au s sprechen, da war es aber schon zu spät. Beth sass ihm mit hochr o tem Kopf gegenüber und hustete, als gäbe es kein Morgen. Ke u chend japste sie nach Luft. „Das… ist…“ Ein erneuter Hustena n fall rüttelte sie durch. „Teufel s zeug… Brennt wie Feuer…“
„Ich hätte dich gewarnt, aber du musstest das Glas ja unbedingt anse t zen, als wärst du zehn Tage durch die Wüste geirrt!“ Sosehr er sich auch bemühte, jetzt konnte Silvan sich einfach nicht mehr b e herrschen. Das Lachen, das ihn in der Kehle kitzelte brach mit voller Kraft aus ihm heraus, bis sein Gesicht dieselbe Farbe ang e nommen hatte wie das von Beth.
Geduldig wartete Beth , bis s ein Anfall vorbei war. „Wieder gut? Ich scheine auf dich ja eine tierisch amüsante Wirkung zu h a ben.“
„Entschuldige, ich wollte dich nicht auslachen, aber zug e geben, ich habe lange nicht mehr so gelacht .“ S ilvan setzte sich ihr g e genüber und schenkte sich selbst ein Glas ein. „Prost!“
„Auf dieses Teufelszeug.“ Sie erhoben die Gläser und nahmen beide nur ein vorsic h tiges Schlückchen.
„Mein Onkel hat diesen Grappa gemacht. Es ist wirklich ein Te u fel s zeug, aber es wirkt Wunder.“
Tatsächlich wurde Beth bereits wohlig warm. „In kleinen Schl u cken ist er auch sehr lecker.“ Sie kam nicht umhin, ebenfalls über die Komik der Situation zu l ä cheln.
„Also, was treibt dich hierher?“
„Ach, eigentlich nichts. Darf ich denn nicht einfach einen alten Freund bes u chen?“
„Sicher. Aber auch wenn du mir ans Herz gewachsen bist, als alte Freunde können wir uns meiner Me i nung nach nicht bezeichnen und normalerweise sehen spontane Besucher auch nicht so abg e hetzt aus. Da du
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