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Wenn nichts mehr ist, wie es war

Wenn nichts mehr ist, wie es war

Titel: Wenn nichts mehr ist, wie es war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Berger
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quollen ihr unaufhaltsam ü ber die Wangen, doch sie schmeckten mehr nach Wut, als nach Verzweifl ung. „Was h a be ich dir getan?“, fuhr sie ihn heftig an.
    „ Was du mir getan hast?“, s chrie er z u rück. Wütend und unruhig ging er jetzt vor ihr auf und ab. Zum ersten Mal sah Beth seine ganze Gestalt. Er hatte braunes, schulterlanges Haar, das von Si l bersträhnen durchzogen wurde. S ein ganzes Ge sicht war von Fa l ten zerfurcht und die hagere Statur trug dazu bei, dass seine kö r perliche Kraft bestimmt oft unterschätzt wurde. Sein gesamtes Erscheinungsbild war sehr unauffällig. Sie versuchte herauszufi n den, warum sie sich an ihn erinnert hatte, als er seinen Fokus wi e der d i rekt auf sie richtete. Und genau deshalb fiel es ihr auch plötzlich wieder ein . A ls sie sich zu ihm umg e dreht hatte, hat te es ihr nicht auffallen können, weil sie zu sehr damit beschäftigt g e wesen war, eine Fluchtmöglichkeit zu fi n den, doch jetzt war es ganz deutlich . Er hatte sie immer direkt angesehen, egal wo sie sich begegneten. Sie erschauerte bei dem Gedanken und drückte sich u nwillkürlich noch näher an den Gra b stein.
    „Siehst du das denn nicht? Das da drin war meine Frau! Und was tat dein Onkel Pierre ? Er täuscht zuerst den Wohltäter vor, dann ve r führt er sie! Was glaubst du, wie ich mich gefühlt habe, als ich dieses Kreuz im Schmuckkästchen meiner Frau gefunden habe?“ Immer und immer näher trat er an Beth heran , dann zei gte er dr a matisch auf das Kreuz am Boden . In seinen Augen spiegelte sich der pure Wah n sinn. „ Aber so sollte sie mir nicht davon kommen, oh nein! Weißt du , was ich getan habe?“ Ein irres L a chen stieg aus seiner Kehle empor und endete in einem weiblich klingenden K i chern. Beth schüttelte nur ängstlich den Kopf, obwohl sie wusste, dass es keiner Antwort bedurfte. Inzwischen schien er sich so sehr in die G e schichte hineingesteigert zu haben, dass er kaum mehr zu bre m sen war.
    „Als sie schlief, habe ich ihr die Kette um den Hals g e legt. Sie sollte am nächsten Morgen aufwachen und beim ersten Blick in den Spiegel erblassen! Ich wäre dann hi n ter ihr in das Zimmer gekommen, so dass sie mich im Spiegel ges e hen hätte und hätte sie einfach ruhig wartend angeschaut. “ Wie ein Schauspieler, der ein Stück aufführt , ahmte er die Bewegungen zu seinen Erzählu n gen nach. Schwun g voll dreht e er sich dann wieder um. „Aber es kam alles anders.“ Seine etwas zu hohe Stimme hallte bedro h lich durch die Nacht. Langsam beugte er sich zu Beth hinunter. Der Kerzenschein flackerte unheimlich auf seinem falt i gen Gesicht. „Das Haus, das dein Vater ausgebaut hatte, stürzte in di e ser Nacht ein. Alles zerstört! Meine Frau tot ! Und dann noch das!“ Jetzt deutete er auf das Bild im Grabstein. „Wie hat mein Herz gebl u tet , als man mir im Krankenhaus das Foto meiner toten Frau g e zeigt hatte! Als hätte diese Familie nicht genug zerstört, musste sie s o gar auf dem letzten Foto meines geliebten Weibes ihre Markierung hinte r lassen !“
    „Sie haben den Einsturz also gut überstanden?“ Beth überraschte es selbst , wie kühl und sarkastisch diese Bemerkung ihren Mund verliess. Doch sie bereute es sogleich. Flink wirbelte ihr Gege n über he r um und setzte ihr das Messer an den Hals. Mit der freien Hand führte er ihre Hand an den Ort seines Körpers, der die abs o lute Männlichkeit symbolisiert. Aber dort war nichts.
    Beth wa g te nicht zu atmen. Schock und Ekel überkamen sie.
    „Ja, da bist du plötzlich still. Das war ich auch, nachdem ich im Krankenhaus aus dem Koma aufwachte und fes t stellen musste, dass ich meiner Fähigkeit der Fortpflanzung beraubt wurde, dass ich der allerletzte meiner direkten Blutlinie sein werde! Nach me i nem Tod gibt es keine weiteren Bertrands! Und was ist die Strafe für die Schuldigen? Sie werden freigesprochen! Gut, d ein Da d dy sitzt im Rollstuhl, aber das war’s dann auch ! Und was ist mit mir? M eine Nachfahren, meine gesamte Familie und die Möglichkeit nach mehr davon - ausgerottet! Einfach ausgelöscht! “ Verstän d nisheischend sah er Beth an. „Ausgerottet! “ , w i e derholte er noch einmal. „ Das schrie förmlich nach Rache! Doch als ich aus dem Krankenhaus kam, wart ihr weg! Aber ich habe Geduld. Ich wart e te einfach. Und es hat sich gelohnt! Als deine Tante über die Grenze kam, wollte ich sie eigentlich nicht töten, nur ein bisschen ärgern. Aber als dann du hier aufg e taucht

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