Wenn nichts mehr ist, wie es war
nach etwas suchen zu lassen, an dem sie sich festha l ten konnte. Es kam ihr vor, als wäre sie ewig gerutscht, bis sie endlich Halt fand. Staub wi r belte um sie herum, der ihr die Sicht vernebelte . Hustend und keuchend hielt sie sich an der rettenden Wurzel fest und ve r suchte, sich nach oben zu ziehen. Es wollte ihr aber nicht geli n gen. Mit den Füssen fand sie keinen Halt, was ihre Lage noch verschlimmerte. Wild um sich stra m pelnd schwang sie ihre Beine hin und her, aber es half alles nichts. Tr ä nen der Verzweiflung begannen sich in deutlich en Spuren einen Weg durch ihr staub i ges Gesicht zu bahnen. S o laut es ihr ihre trockene Kehle erlaubte schrie Beth um Hilfe. Aber s ie b e kam keine Antwort. Mehrmals wiederholte sie ihren Ruf, bis ihr schliesslich die Luft vol l ständig ausging. Das wars , d achte sie bei sich. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis entweder die Wu r zel nachgab, oder ihre Kraft. Wo war denn ihr Retter jetzt? Im Kraftraum am Gewichte stemmen wahrscheinlich. Weitere Gedanken ve r mochte sie nicht mehr zu fassen, da selbst das zuviel kostbare Energie kostete, die sie dri n gend brauc h te .
Obwohl sie sich verbissen dagegen wehrte, wurde sie schwächer und schwächer und allmählich lie s s der feste Griff um die Wurzel nach. Sie war schon im Aufg e ben begriffen, als plötzlich etwas nach ihr griff. Zu s chwach um zu reagieren oder gar zu erschr e cken, liess sie es ei n fach geschehen.
E ine kräftige Hand umschloss ihre Gelenke. Kaum aufnahmef ä hig registrierte Beth knapp, dass es sich möglicherweise um einen Feuerwehrmann mit kompletter Ausrüstung zum Abseilen handeln könnte . W e nige Minuten später lag sie auf einer Steinbank mit eine Fl a sche Wasser in den Händen und einem kalten Lappen im G e sicht.
„Madame, könne n S ie mir sagen, was passiert ist?“
Beth murmelte beinahe unverständlich unter dem feuchten Tuch hervor. „Ich habe keine Ahnung. Abg e stürzt, hängen geblieben, Panik, Schwäche, Aufgabe, Re t tung.“
„Und weshalb oder wie sind Sie abgestürzt? Wurde I hnen übe l oder schwarz vor Augen? Sind S ie ausg e rutscht?“
„Ich weiss es nicht “ , s tammelte Beth halb verärgert, halb verzwe i felt. „I ch weiss es wirklich nicht!“
„Schon gut. Sie haben grosses Glück gehabt.“
„Ja, das hast du wirklich.“
Das war der Tonfall, um ihre erschlafften Lebensgeister wi e der in Schwung zu bringen. Diese Stimme kannte sie, glauben kon n te sie es aber dennoch nicht, ohne nicht einen Blick riskiert zu haben. Mühsam hob sie eine Ecke des Lappens an und äugte darunter he r vor. „Was machst du denn hier?“
„Der Polizist, der dir soeben die Fragen gestellt hat, hat dich wi e dererkannt, weil du des Öfteren auf der Wache mit mir gesehen wurdest. Sich wie ein nervtötendes Anhängsel zu verhalten, hat dir also doch etwas g e bracht.“
„Ja, es hat direkt nach einer Nahtoderfahrung auch noch dich auf das Parkett gezaubert. Als wäre der A b sturz nicht schon schlimm genug gewesen.“
„Da spricht wohl jemand im Schockzustand. Wir bringen dich jetzt nach Ha u se. Kannst du aufstehen?“
„Ich denke schon.“ Langsam und vorsichtig half Jérémie Beth, sich erst aufzusetzen und dann aufzust e hen. Als sie gleich wieder we g knickte, schlang er sofort seine Arme um ihre Taille und hielt sie fest. Sie kon n te sich voll und ganz auf ihn stützen.
Unten am Berg hatte Jérémie ein Auto geparkt, in das er Beth einlud und zu seinem Haus fuhr. Ursprünglich war er nicht einve r standen damit, dass sie seinen Vorschlag, oder eher Befehl, sie ins Kranke n haus zu bringen, ablehnte. Am Ende liess er sich dann aber doch weichklo p fen.
Beim Haus angekommen, öffnete er die Beifahrertür und wollte ihr beim A ussteigen helfen. Doch sie war während der Fahrt ei n geschlafen. Weil er sie nicht w e cken, aber auch nicht im Auto liegen lassen wollte, schob er seine Arme unter ihren Körper und hob sie hoch . Diese Handlung bereute er sofort. Ihr Haar ki t zelte an seiner Hand, ihr weicher Körper schmiegte sich ganz selbstve r stän d lich in seine Arme und ein sanfter, angenehmer Geruch von Sonne und Erde stieg in seine Nase. Am liebsten hätte er sie auf der Ste l le fallen gelassen - was zuviel war, war zuviel. Seinem Impuls nicht nachgebend trug er sie aber stattde s sen in das Haus, die Treppe hinauf bis in ihr Schla f zimmer. Während er sich wegen des Zudeckens über sie beugte, schaute er auf sie hinunter. „Ja, schlaf schön
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