Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft
er. «Aber jetzt sind Ferien.»
Sie warf ihm einen Blick liebevoller Verzweiflung zu. «Sehr konn-struktiv bist du ja nicht, mein Lieber.»
«Nein», sagte er kläglich.
May trocknete sich die Hände ab. «Liebling, du mußt einfach Miss Plattner in ihrer Wohnung anrufen.»
«Aber wenn er sich das alles nur aus den Fingern gesogen hat», sagte Jocelyn beklommen. Er war Miss Plattner nur einmal begegnet und sich dabei wie ein kleiner Schuljunge mit tintenbeklecksten Fingern vorgekommen. Es war kaum zu glauben, aber ein Blick von ihr -und er hatte wieder kurze Hosen angehabt.
«Du hast doch wohl keine Angst vor ihr?» fragte May.
«Schlotternde Angst», gestand er.
Sie legte die Hand auf seinen Arm. «Hör mal, Jocelyn. Vielleicht ist das Ganze nur das Phantasieprodukt eines kleinen Jungen. Aber es kann ebensogut tödlicher Ernst sein. Wir müssen hier klarsehen.»
«Ja», sagte er. «Natürlich. Entschuldige, Liebling.» Er ging zum Telefon. «Hier Pentecost. Es tut mir sehr leid, daß ich Sie um diese Zeit störe. Aber Gaylord ist mit einer phantastischen Geschichte angekommen - eins der Kinder sei überfallen worden.»
«Ich weiß nicht, wieso Sie das phantastisch nennen. So was kommt häufig genug vor.» Miss Plattners Stimme kam knapp und metallisch durch den Draht.
«Sie - Sie meinen, die Geschichte ist wahr?»
«Henry Bartlett ist vor einer Woche in der Crawford Lane überfallen worden. Er verdankt sein Leben offenbar nur dem Umstand, daß ein vorbeifahrender Wagen den Unhold verscheuchte.»
May konnte jedes Wort mithören. Wütend stupste sie Jocelyn mit dem Finger in die Seite. «Schon vor einer Woche ? Frag sie, warum man zum Teufel erst heute davon erfährt.»
Jocelyn sagte zaghaft: «Sagten Sie vor einer Woche, Miss Plattner? Wäre es da nicht... Ich meine, hätte man die anderen Eltern da nicht schon früher informieren sollen?»
«Die anderen Eltern wurden nicht informiert, Mr. Pentecost, weil der arme, verstörte Junge bis heute kein Wort davon erzählt hat.»
«Oh», sagte Jocelyn. «Ich verstehe. Entschuldigen Sie, Miss Plattner.»
«Schon gut.» Miss Plattner fand, daß Kinder relativ unproblematisch waren, doch der Herr bewahre einen vor den Eltern!
«Frag sie, ob sie die Polizei benachrichtigt hat!» flüsterte May.
«Sie haben doch sicher die Polizei benachrichtigt?» sagte Jocelyn.
«Wollen Sie mich über meine Pflichten aufklären, Mr. Pentecost? Natürlich habe ich die Polizei informiert.»
«Gut. Ich war überzeugt, daß Sie das getan hätten.»
Miss Plattner sagte: «Verzeihen Sie, wenn ich etwas kurz angebunden war. Ich verstehe Ihre Sorge durchaus. Aber inzwischen haben mich fünfzehn Eltern angerufen und mir die gleichen Fragen gestellt. Guten Abend, Mr. Pentecost.» Sie legte auf.
Jocelyn wischte sich über die Stirn. «Wie muß die auf ein kleines Kind wirken! » Dann sah er das Gesicht seiner Frau. «Liebling! Es muß nicht noch mal passieren. Es kann doch jemand gewesen sein, der nur hier durchkam. Außerdem ist die Polizei...»
«Es wird wieder passieren», sagte sie. Sie sah an ihm vorbei und starrte zum Fenster hinaus auf den bleigrauen Himmel. «So was wiederholt sich immer. Und die Polizei kann nicht jedes Kind in dieser Gegend bewachen.»
Er legte den Arm um sie. Sie zitterte am ganzen Leib und war trotz der Sommerhitze eiskalt. «Das nächste Mal...» flüsterte sie tonlos, «... das nächste Mal kommt vielleicht kein Wagen im rechten Moment vorbei. Das nächste Mal ist es vielleicht...» Sie brach ab. «Ich möchte bloß wissen, ob er sich immer noch mit Willie trifft.»
«Liebling, du darfst Willie damit nicht in Verbindung bringen. Das ist wirklich unfair. Er ist nur ein harmloser Narr.»
«Woher weißt du, daß er harmlos ist?» fragte sie gereizt. «Woher kann das irgend jemand wissen, bevor was passiert ist?»
«Ich gebe zu, es ist fatal, daß Gaylord ausgerechnet den Dorftrottel zu seinem besten Freund erkoren hat. Aber es ist absolut typisch für ihn. Und es wäre sehr falsch, sich hier einzumischen, bevor wir Genaueres wissen.»
«Wenn wir Genaueres wissen, ist es vielleicht schon zu spät.»
«Trotzdem...» sagte Paps.
Auch er schaute aus dem Fenster. «Da haben wir’s», sagte er. «Die Polizei ist schon in Aktion. Da drüben! Ist das nicht schon eine gewisse Beruhigung für dich?»
5
Es wäre nicht korrekt zu behaupten, daß der junge Constable Harris eine schlechte Meinung von den Fähigkeiten anderer Leute hatte. Er hatte
Weitere Kostenlose Bücher