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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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sofort zur Sache. «Laß uns nach dem Tee Kinderkriegen spielen! Ich sag dann zu dir: , und dann saust du ans Telefon und bestellst den
    Krankenwagen, aber du mußt es ganz wahnsinnig eilig machen und aufgeregt sein, und dann...»
    «Ich habe Kopfschmerzen», sagte Gaylord. Und die hatte er auch.
    Emma sagte: «Immer hast du Kopfschmerzen, wenn ich was Nettes spielen will.» Sie schmollte. «Dann spielen wir eben morgen. Und übermorgen. Du hast doch jetzt Ferien - wochenlang, oder? »
    Morgen und übermorgen und jeden Tag. Ein unerträglicher Gedanke. Verzweifelt versuchte er das Thema zu wechseln.
    «Henry Bartlett ist erwürgt worden.»
    Der Versuch war gelungen. «Totgewürgt?» fragte Emma begierig.
    «Beinahe totgewürgt», verbesserte Gaylord. «Seine Seele war schon fast oben im Himmel, aber dann kam sie noch mal wieder zurück», extemporierte er.
    «Warum?»
    «Ein Auto kam vorbeigefahren. Und da ist der Mann weggerannt.»
    Emma schien nachzudenken. «Laß uns heute nach dem Tee Erwürgen spielen. Ich erwürge dich.»
    Doch Gaylord hörte gar nicht hin. Urplötzlich war ihm aufgegangen, was er da getan hatte. Er sagte ängstlich: «Sag bloß Mummi nichts davon, daß Henry Bartlett erwürgt worden ist.»
    «Warum nicht?» Zwei porzellanblaue Augen musterten ihn in einer Weise, daß ihm noch unbehaglicher wurde. «Warum willst du denn nicht, daß ich es Tante May sage?»
    «Sie regt sich bloß auf», sagte Gaylord.
    Emma sagte: «Ich werde Tante May nichts verraten, wenn du mir versprichst, daß du die ganzen Ferien alles mit mir spielst, was ich will.» Sie lächelte wie jemand, der gerade das Trumpf-As ausgespielt hat.
    Gaylord hatte noch nie etwas von Erpressung gehört. Aber er merkte, daß er in eine Falle gestolpert war, und war wütend auf sich selbst. «Na schön», sagte er. «Dann erzähl’s ihr eben. Mir macht das nichts aus.»
    «Macht es doch. Sonst hättest du mich ja nicht extra gebeten, es ihr nicht zu erzählen. »
    «Lieber soll die sich aufregen, wie daß ich deine blöden Spiele spiele», sagte Gaylord und hätte mit diesem Satz seinen Vater nicht nur grammatikalisch bitter enttäuscht.
    Emma antwortete nicht. Sie stellte sich mit dem Rücken dicht vor ihren Vetter hin, warf den Kopf zurück, lehnte ihn an seine Brust und sah ihn von unten herauf mit einem Lächeln an, daß ihm das Blut in den Adern gefror.
     
    «Gab’s was Besonderes heute in der Schule, Gaylord? » fragte Mummi leicht verzweifelt. Allmählich graute ihr vor den Mahlzeiten. Ein Tischgespräch in Gang zu bekommen, war so mühsam, wie ein altes Auto an einem Wintermorgen zu starten. Opa sagte wenig, doch seine bloße Anwesenheit genügte, um die Gäste einzuschüchtern. Jocelyn schwebte meist in seiner eigenen Welt. Emma war zwar recht gesprächig, doch sie eröffnete die Konversation meist mit Variationen über das Thema: «In unserem Garten in Indien gibt es Elefanten», was Opa in Rage versetzte und den Stachel noch tiefer in Gaylords Seele trieb. Und Gaylord, der sonst so elastisch wie ein Gummiball war, schien nur düsteren Gedanken nachzuhängen. Als sie ihn jetzt fragte, ob es in der Schule was Besonderes gegeben habe, bekam sie genau die Antwort, die sie erwartet hatte: ein müdes «Nein, Mummi».
    Ach, wäre doch nur etwas passiert, das uns aus unserer Lethargie aufschreckte, dachte May. Wenn er doch nur sagen würde: Ja, Mummi, die Schule ist abgebrannt, dann könnten sie alle fasziniert zuhören. Aber nein. «Gar nichts, Gaylord?» fragte sie ermunternd.
    «Nein Mummi, wir haben nur Schluß gemacht. Das ist alles.»
    Der Abend war heiß und schwül. Alle Fenster standen offen, doch die Vorhänge bewegten sich nicht. Die Hitze lastete noch immer unter dem Himmel und stieg von der ausgetrockneten Erde auf. Sie war überall. Und so wie kurz vor dem Regen die Ferne näher heranrückt und alle Konturen schärfer werden, gewannen die kleinsten Ereignisse ein Gewicht und eine Bedeutung, die sie unter normalen Umständen gar nicht besaßen. Statt nur über die Oberfläche der Wahrnehmung hinwegzuhuschen, hafteten sie wie Pfeile im Bewußtsein, stilisierten sich wie Vorgänge auf der Bühne.
    Jocelyn fragte: «Noch ein Stück Kuchen, Jenny?» und reichte ihr die Platte. Sie nahm ein Stück und sagte: «Danke, Onkel Jocelyn», wobei sie ihm reizend zulächelte. Reizend? Bewundernd? Verschwörerisch? Und wie schaute er sie denn an? Lag in seinen Augenwinkeln nicht das halb

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