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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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können. Ich überlege, ob
ich die junge Frau nicht ins Kreuzverhör nehmen und einige Erklärungen von ihr
verlangen solle. Nachdem ich das Für und Wider abgewägt habe, begnüge ich mich
mit der Frage:
    „Urlaub... ganz alleine?“
    „Im Moment, ja.“
    „Ich reise ebenfalls alleine. Aber bei
mir habe ich den Verdacht, daß ich es für immer und ewig bleiben werde... Es
sei denn, Sie willigen ein, bei Gelegenheit mit mir ein Gläschen zu trinken.“
    Sie lacht auf. Das Lachen klingt nicht
sehr natürlich.
    „Sieh mal einer an! Vielleicht in
Ihrer netten kleinen Junggesellenbude mit indirekter Beleuchtung und
japanischen Stichen an den Wänden, nicht wahr?“
    „Nein. Das kommt erst später. Fürs
erste würde ein stilles Bistro genügen.“
    „Ich werd’s mir überlegen“, erwidert
sie ziemlich abweisend. „Puh...“
    Sie rümpft die Nase.
    „Das stinkt ja fürchterlich... Sagen
Sie...“
    Sie zeigt zur Straße hin.
    „Zur Jungferngrotte, geht es da lang?“
    „Ja. Ich fahre nach Prades, meinem
alten Onkel guten Tag sagen. Bis dahin kann ich Ihnen den Weg weisen. Dann
müssen Sie alleine klarkommen.“
    Das alberne Angebot verschlägt ihr den
Atem, mehr noch als die Ausdünstungen der Brennerei. Die besagte Straße ist
nicht grade ein Maultierpfad, für den man einen erfahrenen Führer braucht. Das
springt selbst jemandem, der nicht aus der Gegend stammt, ins Auge. Sie faßt
sich aber schnell und stößt wieder ihr gekünsteltes Lachen aus.
    „Schön. Aber machen Sie um Himmels
willen nicht wieder solch einen Schlenker wie eben!“
    Sie steigt in ihr Kabrio, wobei sie
eine ordentliche Portion Fleisch über der Strumpfkante entblößt, was meine
kannibalischen Instinkte weckt... und meinen Verdacht. Doch das will nichts
heißen. Heutzutage entblößen junge Mädchen scharenweise ihre Schenkel.
    Sie startet den Motor und legt den
ersten Gang ein. Ich fahre voraus, die Blondine im Rückspiegel. Ein paar
Kilometer weiter, nachdem wir Prades hinter uns gelassen haben und am Haus
meines Onkels angelangt sind, halte ich am Straßenrand und gebe ihr ein Zeichen,
einfach geradeaus weiterzufahren. Sie winkt mir zu, hupt zum Abschied, und das
amtliche Kennzeichen ihres olivgrünen Kabrioletts verschwimmt in der Ferne. Ich
schreibe es mir schnell auf, solange es noch frisch in meinem Gedächtnis ist
(1810 PK). Es würde mich überraschen, wenn die Blondine in genau diesem
Augenblick nicht dasselbe mit dem Kennzeichen meiner Dauphine täte. Wenn sie es
nicht schon getan hat. Schon lange. Zur Jungferngrotte! Von wegen! Zum Salon
der Damen, das schon eher. Ich hätte sie mir vorknöpfen sollen. Aber
aufgeschoben ist nicht aufgehoben! Wir werden uns wiedersehen, wir zwei. Dies
war nur die erste, unfreiwillige Annäherung und deswegen so leicht wie eine
Libellenwimper.
    Es sei denn, ich irre mich gewaltig,
was nicht ausgeschlossen ist!
     
    * * *
     
    Ich verbringe den Nachmittag bei
meinem Onkel und versuche, meinen Brummschädel loszuwerden. Außerdem versuche
ich, Informationen über das olivgrüne Kabriolett und seine blonde Fahrerin zu
sammeln, indem ich verschiedene Leihwagenunternehmen anrufe. Ohne Erfolg.
Schließlich rufe ich Dorville an, und diesmal bekomme ich ihn an die Strippe.
    „Sagen Sie Dacosta, er soll auf der
Hut sein“, erkläre ich ihm. „Heute morgen habe ich einen Kerl erwischt, der
sein Haus mit einem Fernglas beobachtet hat.“
    „Was?“ schreit Dorville, so als hätte
man ihm soeben mit einer Nadel in den Hintern gestochen.
    Ich erzähle ihm die Geschichte.
    „Was hat das wohl zu bedeuten?“
murmelt er ratlos. „Ein Flic?“
    „Bestimmt nicht. Er ist weggelaufen
wie ein Hase. Ein Flic hätte sich nicht von der Stelle gerührt.“
    Ich gebe eine Beschreibung des
indiskreten Beobachters, doch Dorville kann nichts damit anfangen.
    „Was hat das zu bedeuten?“ wiederholt
er.
    „Keine Ahnung. Ein unbedeutender
Zwischenfall wahrscheinlich. Wie die Sache heute nacht und die Episode mit der
Blondine.“
    „W... was... was für eine Sache, und
was für eine Blondine?“
    Er fällt buchstäblich aus allen
Wolken.
    „Ein Kerl hat heute nacht im Hotel
meine Klamotten durchwühlt“, erkläre ich. „Noch bevor er mit seiner Arbeit
fertig war, bin ich aufgetaucht... und hab ‘ne K.-o.-Niederlage einstecken
müssen. Deswegen höre ich mich auch noch so benebelt an.“
    „Eine K.-o.-Niederlage?“
    „Ja, und zwar eine, die sich gewaschen
hatte! Ich bin erst um zehn Uhr aus dem Koma

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