Wenn Tote schwarze Füße tragen
wieder zurück bin,
haben Sie vielleicht schon Neuigkeiten für mich... gute Neuigkeiten.“
„Ganz bestimmt.“
„Haben Dorville und Dacosta Ihnen
alles erzählt?“
„Aber ja. Jedenfalls hoffe ich es.“
Ich gebe den Inhalt des nächtlichen
Gesprächs wieder, so gut ich kann.
„Ja, es stimmt alles“, stellt Madame
Lambert im Feldwebelton fest. „Gut. Also, ich rufe Sie an, sobald ich zurück
bin.“
Wir legen auf. Ich wische den Schweiß
von meinem Gesicht und bleibe noch eine Weile auf dem Rücken liegen.
„Entschlossener als diese beiden Waschlappen“, hat sie gesagt. Aber wie denn?!
Nestor Burma, die Entschlossenheit in Person! Das Beste, was wir zur Zeit auf
Lager haben.
Das warme Klima, an das ich nicht mehr
gewöhnt bin, meine Kopfschmerzen, meine geschwollene Nase und mein schmerzender
Nacken, das alles trägt nicht dazu bei, daß ich vor Tatendrang platze. Ob ich
nun gleich jetzt mit den Ermittlungen im Falle Agnès Dacosta beginne oder erst
heute abend, wenn ich wieder vollkommen bei Kräften bin, das wird der
Ausreißerin wohl egal sein. Eine Woche ist seit ihrem Verschwinden verstrichen
(eine Woche! Ja, Dorville und Dacosta sind wirklich Männer der Tat!), dann
kommt es auf ein paar Stunden auch nicht mehr an. Heute morgen muß ich mich
erholen, die frische Luft der Pinienwälder atmen und andere Vorzüge der Gegend
genießen. Ich werde meinen alten Onkel besuchen, der in Prades wohnt, einem
Nest, das hinter Dacostas Sägewerk an derselben Straße liegt.
Jawohl, das werde ich machen!
Ich rutsche vom Bett und gehe mit
wackligen Knien ins Badezimmer, um ein Glas Wasser zu trinken und mir mit einem
nassen Handtuch Gesicht und Nacken abzureiben. Es war nicht das erste Mal, daß
ich Prügel einstecken mußte; aber zum ersten Mal fühle ich mich danach so
hundeelend. Der Kerl, der mich derart bearbeitet hat, verfügt offenbar über
eine ganz spezielle Technik mit eigenartigen Spätfolgen. Apropos, was war das
eigentlich für ein Kerl? Montpellier ist Großstadt geworden, wie Bruyèras
gesagt hat. Ja, M’sieur, mit dem entsprechenden Komfort und dem ganzen modernen
Kram, Hoteldiebe eingeschlossen. Bei diesem Gedanken fasse ich in meine
Hosentasche, um nachzusehen, ob mein Geld noch da ist. Es ist noch da.
Vollständig. Na ja, fast... Der Schein mit den Buchstaben O A S ist
verschwunden.
In diesem Augenblick klingelt das
Telefon zum zweiten Mal. Und wieder ist es Laura Lambert, die flammendrote
Rothaarige, die mir anscheinend die Hölle heiß machen will.
„Hören Sie“, beginnt sie schwungvoll,
„haben Sie vielleicht zufällig einen lustigen Kater, der Sie zu Späßen
anstiftet?“
„Nein. Mein Kater ist überhaupt nicht
lustig, und man verscheucht ihn bestimmt nicht, indem man ihn am Telefon
anschnauzt! Warum fragen Sie?“
„Weil mich soeben jemand angerufen
hat. Ich dachte, Sie seien es gewesen.“
„Und warum dachten Sie das?“
„Der Kerl hat seine Stimme verstellt
und hatte einen komischen Akzent. Einen Akzent, der dem hier in der Gegend
ähnelte, aber imitiert war. Es hörte sich genauso an, als würde ein Pariser
versuchen, mit südlichem Akzent zu sprechen.“
„Nun, ich war’s nicht. Was wollte er?“
„Meine Meinung über ‘ne Menge
idiotischer Dinge hören. Behauptete, von einer Art Gallup-Institut anzurufen.
Ich habe ihn lauthals zum Teufel geschickt und aufgelegt. Dann dachte ich, daß
Sie mir vielleicht einen Streich spielen wollten, aber da das jetzt ja
ausscheidet…“
„Vollkommen!“
„...frage ich mich, was das sollte,
der seltsame Akzent, die offensichtlich verstellte Stimme...“
„Bestimmt hat der Mann Schwierigkeiten
mit seinem Gebiß.“
„Meinen Sie?“
„Was kommt sonst in Frage? Es sei
denn... Glauben Sie, daß der Anruf etwas mit unserem Fall zu tun hat?“
„Sicherlich nicht. Es war weder von
Agnès die Rede noch von ihrem Vater. Nicht mal mein Name ist gefallen. Der Kerl
hat sich nur nach meiner Telefonnummer erkundigt.“
„Wovon war denn genau die Rede?“
„Ach, wissen Sie, das ging sehr
schnell. Er wollte wissen, was ich von der Pille halte, von der zeitlichen
Staffelung der Ferien, vom Präsidenten...“
Sie lacht.
„Ich habe nur auf diese letzte Frage
geantwortet und ihn gleichzeitig zum Teufel geschickt. Da er meine Meinung
hören wollte...“
„Ja... Es war bestimmt ein kleiner
Witzbold.“
„Das glaube ich jetzt auch... Gut,
dann bis Sonntag oder Montag.“
„Genau, bis dann.“
Sie legt auf. Erleichtert
Weitere Kostenlose Bücher