Wenn Wir Tiere Waeren
mit vielen Schlüsseln. Er öffnete die Tür und sagte: Sie kriegen Anstaltskleidung, wenn Sie wollen. Der Kalfaktor sah mir offenbar an, dass ich vor der Anstaltskleidung zurückzuckte.
Wenn Sie jemanden haben, der Ihre Wäsche abholt und gewaschen wiederbringt, dürfen Sie auch Privatwäsche und so weiter tragen, sagte der Kalfaktor.
Ich habe jemanden, der mich versorgt, sagte ich.
Gut, sagte der Kalfaktor.
Er rief mit dem Handy den Schließer herbei, der mich in die für mich bestimmte Zelle brachte. Jetzt war ich allein, jetzt war ich Häftling, für niemanden erreichbar. Ich blieb etwa zehn Minuten auf meinem Platz stehen und betrachtete die Einzelheiten. Rechter Hand war ein kleines Waschbecken mit Spiegel und Konsole. Das Handtuch war angeblich frisch, es roch nach fremden Männerkörpern. Ich würde mich nicht abtrocknen, ich würde abwarten, bis das Wasser auf meinem Körper von selbst eingetrocknet war. Auch die Toilettenschüssel neben dem Waschbecken war angeblich frisch gereinigt, sie roch nach der Pisse von mehreren tausend Männern.
Am anderen Ende der Zelle stand meine Pritsche. Eine schwere graue Anstaltsdecke lag auf ihr. Sofort fürchtete ich mich vor ihrem Geruch. Neben der Pritsche, direkt an der Wand, ein kleiner Tisch mit Stuhl. Wenn ich auf den Stuhl steigen würde, würde ich aus dem Fenster sehen können. Aber das Fenster war mit armdicken, undurchsichtigen Glasquadern ausgefüllt, die etwas Licht in die Zelle fallen ließen. Ich versuchte zu überlegen, ob ich dankbar sein sollte für das blinde Fenster. Die Zelle war komplettmit grüner Farbe gestrichen. Ich erinnerte mich, dass schon die Toiletten des von mir besuchten Gymnasiums und der Umkleideraum der Turnhalle mit demselben Grün ausgemalt waren. Zwischen Waschbecken und Toilette sah ich zahlreiche Zeichnungen an der Wand. Sie hatten alle das gleiche Motiv. Liegende nackte Frauen mit weit geöffnetem Geschlecht und Männer mit großem Penis, die gerade in sie eindrangen. Aus den Mündern der Frauen entstiegen Sprechblasen, die ich nacheinander las. Komm schnell, mach mich fertig, fick mich tot. Ich war erschöpft und hatte Scheu, mich auf die Pritsche zu legen. Ich war im fremdesten Raum, den ich je betreten hatte. Ich überlegte, ob ich die Pritsche würde ertragen können, wenn ich onanierte. Ich lehnte mich gegen die Wand, holte mein Geschlecht aus der Hose und fing an. Onanieren ist wie einen Film anschauen, in dem man Regisseur, Hauptdarsteller und Kameramann gleichzeitig ist. Zuerst erschien Luise, eine etwa fünfunddreißigjährige Frau, die ich mit siebzehn geliebt hatte, als ich Lehrling war. Luises Anblick schwächte mich so sehr, dass in meinem Film nur noch zwei Minuten Zeit war für den Auftritt der Hauptdarstellerin Elisabeth. Sie war Hausgehilfin in einer Bäckerei, die ich, als ich etwa neunzehn war, fast täglich aufsuchte. An einem Sommerabend sah Elisabeth aus dem Fenster ihrer Wohnkammer über der Bäckerei heraus. Beim ersten Vorübergehen traute ich mich nicht, deswegen kehrte ich um und lief noch einmal an dem Fenster vorbei. Elisabeth gab mir mit den Augen ein Zeichen und schloss ihr Fenster. Die Haustür war offen, das Treppenhaus still. Es war ganz leicht, Elisabeths angelehnte Zimmertür zu finden und zu öffnen. Erst viel später ist mir aufgefallen, dass Elisabeths Verhalten bis in die Details hinein dem Verhalten einerProstituierten ähnelte, die Elisabeth nicht war. Auch mein Verhalten ähnelte dem Benehmen eines Freiers: Ich war einer kaum verhüllten Aufforderung an einem offenen Fenster gefolgt. Elisabeth war klein und üppig und roch leider nicht gut. Ihr Zimmer ähnelte einer Zelle. Links stand das ungemachte Bett, rechts ein niedriger Schrank. An der linken Wand war ein Waschbecken mit Spiegel und Konsole, an der rechten Wand hing eine hellblaue Kutte, die Elisabeth tagsüber in der Bäckerei trug. Sie verschloss die Zimmertür und zog sich aus. Ihr Geruch stieß mich ab, aber ihre Zärtlichkeit überraschte und rührte mich. Ich gewöhnte mich schnell an den Geruch und empfand ihn bald als intime Vertiefung von Elisabeths Nacktheit. Ich verstand, dass das Bett normalerweise ein Ort der Langeweile und des Alleinseins war, das Elisabeth an diesem Abend nicht hinnehmen wollte. Ihre Brust war von blondem Flaum übersät, den ich mit großem Entzücken immerfort küsste. Elisabeth lag mit geschlossenen Augen neben mir und hielt mit beiden Händen mein Geschlecht. Die linke Hand umfasste die
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