Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
jagen.
Doktor Lowe riß sich los. Obwohl Fran wußte, daß es zwecklos war, wollte sie nicht aufgeben. »Bitte, Herr Doktor.«
Doch er griff mit einer blitzschnellen Bewegung in eine Schublade, zog eine Pistole heraus, entsicherte sie mit
einem lauten, bedrohlichen Klicken, zielte und drückte ab. Der Knall war ohrenbetäubend. Der Arm mit der Brandbombe verschwand, und ein dumpfes Krachen war zu hören. Im nächsten Moment züngelten Flammen auf der Veranda empor.
Dr. Lowe riß einen Feuerlöscher von der Wand und drückte ihn Fran in die Hand. Dann rannte er zum Wandsafe, öffnete ihn und begann, ihn hastig zu durchwühlen.
Fran beugte sich aus dem Fenster. Flammen umzüngelten die Schuhe des glücklosen Attentäters, der auf der Veranda lag. Stöhnend umklammerte er seine Schulter und versuchte, den Blutfluß zu stoppen. Fran drückte den Hebel des Feuerlöschers herunter. Das Feuer rings um den Verletzten wurde sofort vom Schaum erstickt.
Allerdings hatten sich die Flammen bereits zum Geländer der Veranda ausgebreitet und würden jeden Augenblick die Treppe erreichen. Außerdem war ein Teil der brennbaren Flüssigkeit aus der Bombe durch die Dielenbretter gesickert, und Fran sah, daß es auch schon im Erdgeschoß brannte. Doch wenn sie die Tür zur Veranda öffnete, würde das Feuer ins Labor eindringen und den Sauerstofftank zum Explodieren bringen.
»Raus hier, Doktor!« schrie sie. Er nickte und floh, die Arme voller Papiere, den Flur entlang. Sie hörte seine raschen Schritte auf der Treppe.
Fran sah wieder hinaus auf die Veranda. Es gab nur eine Möglichkeit, das Leben des Verletzten zu retten, und dazu war sie fest entschlossen. Schließlich konnte sie nicht zulassen, daß der Mann mit dem Labor verbrannte. Den Feuerlöscher in der Hand, zwängte Fran sich durch die schmale Fensteröffnung. Die Flammen näherten sich wieder dem Verwundeten und der Außenwand des Hauses. Mit dem Feuerlöscher sprühte Fran eine Schneise zwischen Fenster und Treppe frei. Der gescheiterte Attentäter lag oben am Treppenabsatz. Fran stellte den Feuerlöscher weg, schob die Hand unter die rechte Schulter des Mannes
und zog ihn mit aller Kraft weiter. Zuerst schien es, als würde sie es nicht schaffen, doch dann stürzte er unter Schmerzensschreien kopfüber die Treppe hinab.
Als Fran sich aufrichten wollte, verlor sie wegen des glitschigen Schaums das Gleichgewicht und spürte, wie ihr die Füße wegrutschten. Beim Fallen prallte sie mit dem Kopf gegen die oberste Stufe, schlug mit der Schulter gegen die scharfe Kante der nächsten und verrenkte sich den Knöchel.
Benommen rappelte sie sich auf, als Dr. Lowe ums Haus herumgelaufen kam. »Nehmen Sie ihn!« rief Fran. »Helfen Sie mir, ihn wegzuschaffen, bevor das ganze Haus in die Luft fliegt.«
Der Mann hatte das Bewußtsein verloren und hing wie ein nasser Sack in ihren Armen, als Fran ihn unter Aufbietung all ihrer Kräfte und mit Dr. Lowes Hilfe etwa zehn Meter vom Haus wegschleppte. Und im nächsten Augenblick ereignete sich die Explosion, die Calvin Whitehall so sorgfältig geplant hatte.
Sie ergriffen die Flucht, während Flammen in den Himmel schossen und rings um sie Trümmer niederregneten.
85
N achdem Fran fort war, ging Molly nach oben ins Bad und betrachtete ihr Gesicht im Spiegel. Sie hatte das Gefühl, eine Fremde vor sich zu sehen, und zwar eine, die sie nicht unbedingt kennenlernen wollte. »Du warst doch mal Molly Carpenter, richtig?« sagte sie zu ihrem Spiegelbild. »Molly Carpenter war doch ein Glückskind, dem die Welt zu Füßen lag. Aber jetzt gibt es sie nicht mehr, mach dir nichts mehr vor. In Zukunft bist du nur noch eine Nummer, die in einer Zelle wohnt. Hört sich
nicht sehr spaßig an, was? Und ich finde, es ist keine sehr gute Idee.«
Sie ließ Wasser in den Whirlpool einlaufen, gab parfümiertes Badesalz hinzu und ging ins Schlafzimmer.
Jenna hatte gesagt, sie werde vor ihrem Besuch bei Molly noch kurz bei einer Cocktailparty vorbeischauen. Ihre Haushälterin werde Molly das Abendessen bringen. Sicher sieht Jenna wieder hinreißend aus, sagte sich Molly. Sie faßte den Entschluß, heute abend zum letzten Mal Molly Carpenter zu sein.
Eine Stunde später hatte Molly sich die Haare gewaschen und ihre Augenringe mit dezentem Make-up getarnt. In hellgrünen Seidenhosen und einer passenden Bluse mit Schalkragen, wartete sie auf Jenna.
Als diese um halb acht kam, war sie genauso makellos schön, wie Molly es sich vorgestellt hatte. »Ich
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