Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Ihnen. Danke, Mrs. Barry. Würden Sie mir wohl eine Tasse Kaffee bringen?« Sie nahm den Fön und schaltete ihn ein.
Nachdem Edna Barry gegangen war, stellte Molly den Fön wieder ab. Das feuchte Haar klebte ihr am Hals. Inzwischen war das warme Gefühl nach dem Duschen verflogen, so daß die Haarsträhnen naßkalt auf ihrer Haut lagen.
Du willst doch nicht allen Ernstes eine Überdosis Schlaftabletten schlucken? fragte sie sich. Sie betrachtete ihr Gesicht im Spiegel – es war, als blickte ihr eine Fremde entgegen. Ist es nicht eher, als befände ich mich an einem unbekannten Ort und suchte nach dem Ausgang, nur für den Fall, daß ich später schnell verschwinden muß? Sie beugte sich zum Spiegel vor und starrte hinein. Sie war absolut ratlos.
Eine Stunde später saß Molly im Arbeitszimmer und ging die Kartons durch, die sie vom Speicher heruntergeholt hatte. Die Staatsanwaltschaft hat diese Papiere zweimal gesichtet, dachte sie. Nach Garys Tod wurden sie beschlagnahmt, und gestern hat man sie noch einmal durchgearbeitet. Offenbar glaubt man nicht mehr, etwas Aufschlußreiches darin zu finden.
Wonach suche ich eigentlich? überlegte sie.
Nach einem Hinweis, der mir hilft zu verstehen, was Annamarie mit ihrer abfälligen Bemerkung über Garys Fähigkeiten als Arzt gemeint hat. Daß er ein untreuer Ehemann war, interessiert mich inzwischen nicht mehr.
In dem Karton lagen einige gerahmte Fotos. Molly griff nach einem und betrachtete es lange. Sie und Gary waren darauf zu sehen – beim Wohltätigkeitsball der Herz-Gesellschaft. Sie musterte es ohne Sentimentalität. Ihre Großmutter hatte immer gesagt, Gary erinnere sie an Tyrone Power, ein Kinoidol, für das sie vor sechzig Jahren geschwärmt hatte.
Offenbar habe ich ihn wegen seines guten Aussehens und seines Charmes nicht durchschaut, überlegte Molly. Annamarie war anscheinend klüger gewesen als sie. Doch was hatte sie herausgefunden? Und wie?
Um halb zwölf rief Fran an. »Molly, kann ich dich kurz besuchen? Ist Mrs. Barry da?«
»Ja.«
»Gut, dann sehen wir uns in zehn Minuten.«
Als Fran eintraf, umarmte sie Molly als erstes. »Vermutlich hattest du gestern einen reizenden Nachmittag.«
»Den schönsten meines Lebens.« Molly lächelte bemüht.
»Wo ist Mrs. Barry, Molly?«
»In der Küche. Sie läßt es sich nicht ausreden, mir ein Mittagessen zu kochen, obwohl ich keinen Hunger habe.«
»Komm mit. Ich muß mit ihr sprechen.«
Edna erschrak, als sie Fran Simmons Stimme hörte. Bitte, lieber Gott, hilf mir, flehte sie. Laß nicht zu, daß sie mich über Wally ausfragt. Er kann nichts dafür, daß er so ist.
Fran kam sofort zur Sache. »Mrs. Barry, Dr. Morrow war doch der Arzt Ihres Sohnes.«
»Ja, richtig. Er war auch in psychiatrischer Behandlung, aber Dr. Morrow war sein Hausarzt«, entgegnete Edna und versuchte, sich ihre wachsende Beklommenheit nicht anmerken zu lassen.
»Ihre Nachbarin, Mrs. Jones, hat mir letzthin erzählt, Wally sei über Dr. Morrows Tod sehr bestürzt gewesen.«
»Ja, das stimmt.«
»Soweit ich informiert bin, hatte Wally damals eine Gehschiene.«
Edna Barry zuckte zusammen und nickte dann steif. »Von den Zehenspitzen bis zum Knie«, erwiderte sie. »Nach dem Tod des armen Dr. Morrow mußte er die Schiene noch eine Woche tragen.«
Das hätte ich nicht sagen sollen, schoß es ihr durch den Kopf. Schließlich hat Miss Simmons Wally nicht beschuldigt.
»Ich wollte nur wissen, Mrs. Barry, ob Sie oder Wally je gehört haben, wie Dr. Morrow über Dr. Lasch und Dr. Peter Black sprach. Angeblich hat er die beiden als Mörderbande bezeichnet.«
Molly schnappte nach Luft.
»Ich kann mich an nichts dergleichen erinnern«, erwiderte Edna Barry leise und wischte sich nervös mit den Händen über die Schürze. »Was soll das Ganze überhaupt?«
»Ich glaube nicht, daß Sie eine solche Äußerung so leicht vergessen hätten, Mrs. Barry. Bei mir würde sie gewiß einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ich habe auf der Herfahrt vom Auto aus Mr. Matthews in seiner Kanzlei angerufen und ihn nach dem Ersatzschlüssel zu diesem Haus gefragt, der im Garten versteckt ist. Seinen Aufzeichnungen zufolge haben Sie ihn an dem Morgen, an dem Dr. Lasch ermordet in seinem Arbeitszimmer aufgefunden wurde, der Polizei ausgehändigt und gesagt, er befinde sich schon seit einiger Zeit in der Küchenschublade. Weiterhin erklärten Sie, Molly habe eines Tages ihren Hausschlüssel vergessen, deshalb den Ersatzschlüssel aus dem
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