Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
allen Menschen nett.«
»Mrs. Russo, mein Name war Ihnen offenbar ein Begriff, als ich vorhin hereinkam. Sie wissen, daß ich für die Sendung Wahre Verbrechen den Mord an Dr. Gary Lasch untersuche?«
»Ja.«
»Dr. Kirkwood hat mir eben erzählt, Sie wären dabeigewesen, als Dr. Morrow Dr. Lasch und Dr. Black als Mörderbande bezeichnete. Das ist ein ziemlich heftiger Vorwurf.«
»Er kam gerade aus der Klinik zurück und war schrecklich aufgebracht. Bestimmt hatte er sich wieder wie üblich wegen eines Patienten gestritten, dessen Behandlung abgelehnt worden war. Und ein paar Tage später wurde der Arme dann erschossen.«
»Wenn ich mich recht entsinne, ging die Polizei davon aus, ein Drogensüchtiger sei eingebrochen und habe ihn spätabends in der Praxis überrascht.«
»Genau. Sämtliche Schreibtischschubladen waren ausgeleert, und der Medikamentenschrank wurde geplündert. Mir ist klar, daß Drogensüchtige verzweifelte Menschen sind. Aber warum mußte er ihn gleich erschießen? Hätte es denn nicht genügt, ihn zu fesseln und auszurauben?« Die Frau hatte Tränen in den Augen.
Vielleicht hatte der Täter Angst, daß Morrow ihn später wiedererkennen könnte, dachte Fran. Das ist normalerweise
der Grund, warum Einbrecher zu Mördern werden. Sie wollte sich schon verabschieden, als ihr eine letzte Frage einfiel.
»Mrs. Russo, war noch jemand dabei, als Dr. Morrow die Herren Lasch und Black eine Mörderbande nannte?«
»Zum Glück nur zwei Leute, Miss Simmons: Wally Barry, ein langjähriger Patient von Dr. Morrow und seine Mutter Edna.«
52
L ou Knox bewohnte ein Apartment über der Garage, die neben der Villa der Whitehalls stand. Er war mit der Drei-Zimmer-Wohnung zufrieden. Da er gerne schnitzt, hatte Calvin Whitehall ihm erlaubt, einen der Lagerräume in der gewaltigen Garage als Werkstatt zu benützen. Außerdem hatte er Knox gestattet, die Wohnung nach seinem Geschmack einzurichten.
Nun waren Wohnzimmer und Schlafzimmer mit hellem Eichenholz getäfelt. An den Wänden befanden sich Regale, in denen allerdings keine Bücher standen, denn Lou Knox war keine große Leseratte. Statt dessen hatte er darin seinen Fernseher, seine hochmoderne Stereoanlage und seine Videos und CDs untergebracht.
Außerdem konnte er dahinter ausgezeichnet die immer größer werdende Sammlung von Beweisen für Calvin Whitehalls kriminelle Machenschaften verstecken.
Allerdings war er ziemlich sicher, daß er sein Wissen nie gegen seinen Arbeitgeber verwenden würde. Schließlich bestand zwischen ihm und Cal Whitehall schon seit langem eine unausgesprochene Aufgabenteilung. Lou wußte, daß er sich mit diesen Beweisen nur selbst belasten würde. Und deshalb betrachtete er sie als einen Trumpf im Ärmel,
den er nur ausspielen würde, wenn alle übrigen Möglichkeiten ausgereizt waren. Alles andere hätte bedeutet, den Ast abzusägen, auf dem er saß – eine Redewendung seiner Großmutter, wenn er wieder einmal über seine Stelle als Botenjunge bei einem Metzger geklagt hatte.
»Bezahlt er dich pünktlich?« hatte seine Großmutter, bei der er aufgewachsen war, gefragt.
»Ja, aber er fordert die Kunden auf, das Trinkgeld auf die Rechnung zu setzen und zieht es mir dann vom Stundenlohn ab.«
Noch nach all den Jahren erfüllte es Lou mit Genugtuung, wenn er daran dachte, wie er es dem Metzger heimgezahlt hatte. Auf dem Weg zu den Kunden öffnete er die Päckchen und nahm einen Teil des Inhalts heraus – ein Stück Huhn, eine Scheibe Filet Mignon oder genug Rinderhack für einen guten Hamburger.
Seine Großmutter, die von vier Uhr nachmittags bis Mitternacht in einem fünfzehn Kilometer entfernten Hotel als Telefonistin arbeitete, hinterließ ihm für gewöhnlich eine Dose Spaghetti mit Fleischbällchen oder eine andere Fertigmahlzeit, auf die er keinen Appetit hatte. Also zweigte er täglich einen Teil der Waren ab und tat sich an Rindfleisch und Huhn gütlich, wenn er von seinem Job nach Hause kam. Danach warf er die Fertigmahlzeiten seiner Großmutter weg, und niemand kam ihm je auf die Schliche.
Der einzige, der davon wußte, war Cal. In ihrem letzten Schuljahr hatte Cal ihn überraschend besucht, als er sich gerade ein Steak aus dem Fleischpäckchen eines Stammkunden briet.
»Du bist ein Idiot«, sagte Cal. »Steak darf man nicht so lange in der Pfanne lassen.«
An jenem Abend wurde aus den beiden jungen Männern ein aufeinander eingeschworenes Zwiegespann: Cal, Sohn der beiden schlimmsten Säufer der Stadt, und
Weitere Kostenlose Bücher