Wenn wir uns wiedersehen: Thriller (German Edition)
Lou, der Enkel von Bebe Clauss, deren einzige Tochter mit
Lenny Knox durchgebrannt war. Zwei Jahre später war sie in die Stadt zurückgekehrt, hatte das lästige kleine Kind ihrer Mutter überlassen und sich dann wieder aus dem Staub gemacht.
Trotz seiner Familienverhältnisse war Cal intelligent und ehrgeizig genug gewesen, um aufs College zu gehen. Lou hingegen hielt es an keinem Arbeitsplatz lange aus. Wegen Ladendiebstahls saß er dreißig Tage im Stadtgefängnis ab und verbüßte dann wegen schwerer Körperverletzung drei Jahre in einer staatlichen Haftanstalt. Vor fast sechzehn Jahren erhielt er schließlich einen Anruf von Cal, der inzwischen Mr. Calvin Whitehall aus Greenwich, Connecticut, war.
Jetzt muß ich meinem alten Kumpel die Füße küssen, war Lous erster Gedanke gewesen. Bei seinem Besuch in Greenwich hatte Cal ihm unmißverständlich klargemacht, daß es ihm nicht um Freundschaft ging, sondern daß er ein zuverlässiges Mädchen für alles brauchte.
Noch am selben Tag war Lou in das Haus eingezogen, das Cal damals in Greenwich gekauft hatte. Es war zwar um einiges kleiner als das Anwesen, das er heute besaß, befand sich aber eindeutig in der richtigen Gegend.
Daß Cal begann, Jenna Graham den Hof zu machen, hatte Lou endgültig die Augen geöffnet. Eine traumhafte Schönheit aus guter Familie ließ sich mit einem Mann ein, der aussah wie ein ehemaliger Preisboxer? Was um alles in der Welt fand sie nur an ihm?
Doch es dauerte nicht lange, bis Lou auf die Antwort stieß: Macht. Nackte, brutale Macht. Jenna war fasziniert davon, daß Cal sie besaß und auch einzusetzen verstand. Obwohl er nicht in ihren Kreisen verkehrte und aus einer anderen Welt stammte, wußte er sich zu benehmen und gewöhnte sich rasch ein. Auch wenn man in den alteingesessenen Familien nicht viel von Cal Whitehall hielt, wagte niemand, sich ihm in den Weg zu stellen.
Cals Eltern wurden niemals nach Greenwich eingeladen. Als sie kurz nacheinander starben, war es Lous Aufgabe, die Formalitäten zu erledigen und sie so schnell wie möglich beerdigen zu lassen. Cal neigte nicht zu Sentimentalitäten.
Im Lauf der Jahre wurde Lou für Cal zunehmend wichtiger, und das wußte er auch. Dennoch zweifelte er keinen Augenblick daran, daß Calvin Whitehall ihn ohne zu zögern den Löwen zum Fraß vorwerfen würde, wenn er ihn nicht mehr brauchte. Und deshalb erinnerte er sich mit einem finsteren Lächeln daran, wie alle Aufträge, die er für Cal erledigte, so geplant gewesen waren, daß dieser seine weiße Weste behielt. Also war es nicht schwer zu erraten, wer im Notfall als Sündenbock würde herhalten müssen.
Nun, da hat Cal die Rechnung ohne den Wirt gemacht, dachte Lou mit einem verschlagenen Grinsen.
Jetzt mußte er herausfinden, ob Fran Simmons nur lästig war, oder ob sie sich als gefährlich erweisen konnte. Das würde interessant werden. Ob sie wohl war wie ihr Vater?
Immer noch grinsend, dachte Lou an Frans Vater, einen vertrottelten Emporkömmling, den seine Mutter wohl nie vor Leuten wie Cal Whitehall gewarnt hatte. Er hatte seine Lektion gelernt – allerdings ein wenig zu spät.
53
T agsüber fuhr Dr. Peter Black nur selten nach West Redding. Auch wenn wenig Verkehr herrschte, dauerte die Fahrt etwa vierzig Minuten. Doch was noch wichtiger war, er befürchtete aufzufallen, wenn er sich zu häufig in dieser Gegend blicken ließ. Sein Ziel war ein abgelegenes Farmhaus,
in dessen oberem Stockwerk sich ein modern ausgestattetes Labor befand.
Laut Grundbucheintragung handelte es sich bei dem Gebäude um das Privathaus von Dr. Adrian Logue, Augenarzt im Ruhestand. Doch tatsächlich gehörten Anwesen und Labor dem Remington-Gesundheitsdienst. Die nötigen Ausrüstungsgegenstände wurden im Kofferraum von Peter Blacks Wagen dorthin geschafft.
Als Black das Farmhaus erreichte, waren seine Handflächen schweißnaß. Ihm graute vor dem unvermeidlichen Streit, der vor ihm lag, vor allem weil er wußte, daß er ihn nicht gewinnen konnte.
Eine halbe Stunde später kam er wieder aus dem Haus. Er hatte ein Päckchen bei sich, dessen Gewicht ganz sicher kein Grund für seine Erschöpfung war. Nachdem er es im Kofferraum verstaut hatte, machte er sich auf den Nachhauseweg.
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E dna Barry sah auf den ersten Blick, daß Molly gestern abend Besuch gehabt hatte. Die Küche war zwar sauber und die Spülmaschine durchgelaufen, doch die kleinen Veränderungen entgingen Edna nicht. Salz- und Pfefferstreuer standen auf der
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