Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
erledigt. Grollend ging sie in die Küche. Als der Kaffee in die Glaskanne lief und die Luft mit seinem Aroma erfüllte, kam ihr ein unwillkommener Gedanke.
»Du hast doch wohl nicht vor, hier zu bleiben, oder? Du hast mir diese Wohnung vermietet!«
»Ich konnte ja schließlich nicht wissen, dass ich sie selbst brauche, oder?« Es gelang ihm, sich vom Sofa hochzuschwingen und zum Küchentisch zu schleppen, wo er sich erwartungsvoll in einen Stuhl fallen ließ. Meredith kochte innerlich vor Wut, während Toby sich durch einen Berg Cornflakes futterte.
»Toby, du kannst nicht hier bleiben. Ich habe nächste Woche frei, und ich habe mir so viel vorgenommen …«
»Ich muss aber! Wo soll ich denn sonst hin? Ich muss mich am Montagmorgen im FO melden. Mach du nur, wozu du Lust hast. Ich bin dir nicht im Weg«, fuhr er auf seine optimistische Art und Weise fort.
»Du kannst weiter im Bett schlafen, und ich nehme das Klappsofa im Wohnzimmer. Ich hab immer noch einen Riesenhunger. Besteht rein zufällig Aussicht auf ein gekochtes Ei?«
»Koch es dir selbst.« Es gab für alles Grenzen. Im Badezimmer schwärte ein Stapel zerknitterter Socken und Unterhosen unter dem tropfenden kalten Wasserhahn. Meredith kehrte in die Küche zurück.
»Es wird nicht funktionieren, Toby. Du bist unsauber und schlampig. Du hast deine schmutzige Wäsche in die Wanne gelegt, und ich wollte mir gerade ein Bad einlassen. Die Wohnung ist zu klein für uns beide.«
»Es wird schon gehen. Ich bringe das Zeugs nachher in den Waschsalon.« Später, als Meredith sich anzog, überfiel laute Rockmusik ihre Ohren. Das Telefon läutete, und sie hörte, wie Toby an den Apparat ging.
»Was? Wer?«, rief er über den Lärm hinweg, bevor er brüllte:
»Es ist für dich!« Meredith stapfte nach draußen und nahm ihm den Telefonhörer aus der Hand.
»Hallo?«
»Was um alles in der Welt ist bei dir los?«, platzte Alan Markbys Stimme in ihr Ohr.
»Wer war das?«
»Oh, Alan. Warte mal. Toby! Dreh die Musik leiser, ich verstehe kein Wort!« Doch Toby hatte sich im Badezimmer eingeschlossen, und sie musste es selbst tun. Eine gesegnete Ruhe trat ein. Sie kehrte zum Telefon zurück und erklärte Markby in knappen Worten, wo das Problem lag.
»Du willst mir doch wohl nicht erzählen, dass er bei dir wohnt?«
»Sein Posten ist aufgelöst worden, und nun ist er für unabsehbare Zeit zurück in London, und er hatte keine Zeit, entsprechende Arrangements zu treffen.« Sie blickte sich kurz um, dann zischte sie leise:
»Es ist sehr ärgerlich, aber die Wohnung gehört nun einmal ihm, und er hat sich selbst eingelassen! Ich kann ihn nicht einfach so rauswerfen, also was bleibt mir übrig?«
»Sag ihm, er soll sich ein Hotelzimmer suchen, das bleibt dir übrig! Und wenn du schon dabei bist, nimm ihm den Schlüssel weg. Er hat einen Mietvertrag unterschrieben! Du bezahlst eine großzügige Miete, und im Mietvertrag steht sicher kein Wort davon, dass du die Wohnung mit ihm teilen musst. Halt ihm den Vertrag unter die Nase. Es ist schließlich nicht deine Schuld, wenn er rausgeworfen wurde!«
»Aber ich kann ihn nicht rauswerfen, es sei denn, er geht freiwillig. Ich meine, ihn trifft doch schließlich keine Schuld!«
»Meredith!«, drang Markbys Stimme streitlustig aus dem Hörer.
»Glaub nicht, dass ich eifersüchtig bin oder misstrauisch oder sonst was. Aber er nutzt deine Gutmütigkeit nur aus! Wenn du ihn bei dir wohnen lässt, wirst du es bereuen!« Toby stieß die Badezimmertür auf und erschien platschnass mit einem Handtuch um die Hüften.
»Was dagegen, wenn ich deine Seife benutze? Ich dachte, jetzt, wo ich wieder zurück bin, könnten wir vielleicht ein paar Freunde anrufen und heute Abend eine kleine Party veranstalten.« Merediths Hand verkrampfte sich um den Hörer.
»Ich brauche niemanden, der mir erzählt, was ich bereits weiß«, sagte sie wütend in die Muschel.
Am folgenden Sonntagnachmittag saß Ursula in Oxford in dem kleinen Hinterzimmer, das sie zu ihrem persönlichen Arbeitszimmer umgewandelt hatte. Sie wollte eigentlich die Berichte über den Skelettfund bei der Grabung abschließen, doch sie saß vor dem Fenster und starrte leeren Blickes hinaus in den Garten.
Sie hatte den schrecklichen Verdacht, der ihr am Vortag gekommen war, noch immer nicht verdrängen können. Sicher war er absurd, oder nicht? Wie konnte sie Dan so etwas überhaupt zutrauen? Weil, so sagte sie sich, weil ihr Verdacht einem nagenden Gefühl persönlicher
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