Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
Anwesenheit für die polizeilichen Ermittlungen ebenfalls nicht mehr erforderlich war, saß Meredith im Crossed Keys und drehte Daumen. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, die zusätzliche Woche Urlaub in Bamford zu verbringen. Die Zeit war eindeutig reif, um nach London und in ihre Wohnung zurückzukehren, zu Toby und all den anderen Problemen, die sie verdrängt hatte, als sie – vielleicht ein wenig zu voreilig – losgefahren war, um Ursula zu helfen. Diesmal würde sie besonnener handeln und Toby von ihrer bevorstehenden Rückkehr in Kenntnis setzen. Es war schließlich möglich, dass während ihrer Abwesenheit die ein oder andere Freundin bei ihm übernachtete. Doch da sie ihn frühestens am Abend telefonisch erreichen könnte, musste die Rückfahrt nach Islington noch bis zum nächsten Morgen warten. Damit war sie für den Rest des Montags in Bamford auf sich allein gestellt. Durch die Entdeckung von Finnys Leiche war die Arbeit an der archäologischen Grabungsstelle erneut unterbrochen worden, und Meredith wusste nicht, ob sich jemand von der Stiftung oder vom Museum dort draußen aufhielt. Sie versuchte, Ursula in Oxford anzurufen, doch niemand ging ans Telefon. Meredith hätte natürlich zum Museum fahren können, doch dazu verspürte sie keine Lust. Falls Jackson in der Nähe war, würde er ihr wegen der Brosche erneut Löcher in den Bauch fragen, und sie hätte ihm nichts Neues mehr sagen können. Karen würde unglückselig durch die Gänge laufen, und Meredith wollte Dan, falls er sich dort herumtrieb, unter keinen Umständen begegnen. Doch am Ende brachte schiere Langeweile sie dazu, am späten Nachmittag in den Wagen einzusteigen und nach Bamford Hill hinauszufahren. Sie war nicht überrascht, als sie an der Grabungsstätte nur zwei Grabungshelfer vorfand, die sie kannte. Die beiden Männer waren verschwitzt und schmutzig, saßen auf der Wiese und tranken Dosenbier. Die schmutzverkrusteten Spaten und Schaufeln lagen neben ihnen auf dem Boden. Sie hatten die Gräben aufgefüllt, informierten sie Meredith, und die Beweise für ihren Fleiß waren hinter ihnen zu sehen: Es war ein zeitraubendes und langwieriges Geschäft, eine Grabung wieder aufzuräumen und sämtliche Spuren zu beseitigen, und da die Archäologen nicht mehr weitergraben würden, hatte Jackson die Männer hergeschickt, um mit den notwendigen Arbeiten anzufangen. Das Grab mit dem Skelett durften sie selbstverständlich nicht anrühren; die Knochen mussten zuerst herausgenommen werden, und das würden Jackson und Dr. Gretton beaufsichtigen. Außerdem flatterte gegenwärtig noch das Absperrband der Polizei rings um das Grab. Soweit die Arbeiter informiert worden waren, sollten die Knochen erst entfernt werden, wenn die Polizei ihre Genehmigung dazu gegeben hatte. Also beschränkten sie sich einstweilen darauf, die Erkundungsgräben zuzuschütten, die sich in der Nähe des Bauwagens befanden. Eine Schande, sagten sie, dass sie Wulfric nicht gefunden hatten. Aber das andere Skelett war schließlich auch eine gute Sache.
»Manchmal findet man eben nichts«, sagte einer der beiden. Meredith sagte, dass sie vermutlich genauso gut mit einem Spaten umgehen konnte wie jeder andere auch, und bot ihre Hilfe an. Doch war es weit anstrengender und erforderte mehr Geschick, als sie vermutet hatte. Nach einer Stunde, in deren Verlauf sie sich Rückenschmerzen und Blasen an den Händen einhandelte, verkündeten ihre jungen Freunde höflich, dass sie von nun an auch alleine zurechtkämen, und bedankten sich für Merediths Hilfe. Nicht wenig erleichtert packte sie zusammen, überließ den Rest ihnen und wanderte zu ihrem Wagen. Nachdem der Hügel nun einsam und verlassen lag und bis auf das Geräusch der Schaufeln alles still war, konnte sich Meredith vorstellen, wie es hier oben für gewöhnlich aussah. Ganz sicher hatte das Land für den Augenblick genug Aktivitäten gesehen, und das Auffüllen der Gräben erschien wie eine höchst symbolische Handlung – als kehre das Leben zur Normalität zurück. Ganz besonders die Felstons mussten mächtig erleichtert sein, dass sämtliche Besucher, die eingeladenen und die uneingeladenen, ihre Zelte abbrachen. Falls Renees Theorie zutreffend war, würde Wulfric mehr als zufrieden sein, und sein Geist tanzte wahrscheinlich voller Spott und Häme über die alte Wehrmauer. Der Gedanke an die Felstons brachte Meredith dazu, den Blick auf den Horizont und die exzentrische Silhouette von Mott’s Folly zu
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