Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
habe, als sie zu mir kam. Woollard hat sie schlimm behandelt, ständig ist er anderen Frauen hinterhergelaufen. Sie hatte ein Recht auf ihre Rache und darauf, ihn ins Schwitzen zu bringen. Ich konnte meiner Mutter nie helfen, aber ich konnte Natalie helfen, und das tat ich. Ich versteckte sie in Mott’s Folly, genau wie ich es Miss Mitchell gesagt habe. Lionel ist nie auch nur in die Nähe des alten Baus gegangen. Er schien ihn irgendwie zu meiden, also dachte ich, es ginge in Ordnung. Scheint so, als hätte ich mich geirrt.«
»Brian, wollen Sie damit andeuten, dass Ihr Onkel Natalie Woollard getötet hat?« Brian wand sich.
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber Sie denken es? Würde es einen Sinn ergeben? Hat er Natalie bestraft, weil er Ihre Mutter nicht für ihren Verrat bestrafen konnte?« Brian fixierte Markby mit einem feindseligen Blick.
»Ich weiß nicht genau, was passiert ist, und das ist die Wahrheit! Während Natalie in Mott’s Folly war, bin ich jede Nacht hinausgegangen, um bei ihr zu sein. Am Dienstag lag sie tot auf dem Boden, als ich das Zimmer betrat. Ich habe es gleich gesehen, aber ich konnte es nicht glauben, jedenfalls anfangs. Nicht meine Natalie, so schön und so voller Leben! Sie war wieder wie früher, dort oben bei mir in dem alten Prunkbau, weg von diesem Woollard. Ich kniete neben ihr nieder und hob sie hoch. Sie war bereits kalt, und ihr Gesicht war blau angelaufen, aber ich dachte, dass ich vielleicht noch etwas tun könnte, wie man das eben so hört. Mund-zu-Mund-Beatmung. Aber als ich meinen Mund auf ihren legte, um sie zu beatmen, da wusste ich, dass ich eine Leiche küsste.« Pearce trat verlegen von einem Bein aufs andere. Mit ausdrucksloser Stimme fragte Markby:
»Um welche Zeit war das?«
»Gegen zehn Uhr abends, vielleicht halb elf. Onkel Lionel war bereits schlafen gegangen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wahrscheinlich hatte ich Panik, schätze ich. Ich wusste, dass ich die Leiche irgendwie beseitigen musste. Aber wie? Und wo? Es war dunkel, doch diese verdammten Hippies hatten ihr Feuer an und tanzten herum. Ich konnte kein Grab ausheben. Ich dachte, wenn man ein Schaf verstecken will, dann bringt man es zu einer Herde anderer Schafe. Also habe ich Natalies Leichnam später, als unten bei den Hippies alles ruhig war, in den alten Teppich vom Fußboden gewickelt, in meinen Land-Rover getragen und bin mit ihr hinunter zur Abzweigung gefahren, wo es in den Steinbruch geht. Ich dachte, wenn ich sie auf die Müllhalde bringe, dann wäre es nur ein Stück Plunder unter vielen, und ich könnte sie später wieder abholen und irgendwo im Wald begraben. Ich hatte Angst, der alte Wilf Finny könnte etwas hören, deswegen habe ich den Land-Rover oben an der Straße stehen lassen und den Teppich mit Natalie auf der Schulter getragen. Feuerwehrgriff nennt man das, glaube ich. Irgendwie habe ich sie hinunter zum Boden des Steinbruchs geschafft. Das war irrsinnig anstrengend, kann ich Ihnen sagen! Sie war nur eine kleine Person, aber tot war sie verdammt schwer! Aber ich habe schon mehr als einmal ein Tier getragen, und es gibt einen Trick dabei. Jedenfalls, ich ließ den Teppich auf der Müllkippe zurück und fuhr nach Hause.«
»Und all das«, beharrte Markby leise,
»all das, weil Sie glauben, dass Ihr Onkel Lionel Natalie früher am Tag in Mott’s Folly entdeckt und in einem Anfall gerechter Wut umgebracht hat?«
»Sehen Sie!«, Brian beugte sich unvorsichtig vor, fluchte laut und sank wieder zurück, eine Hand auf die bandagierten Rippen gelegt.
»Sehen Sie …«, wiederholte er ächzend.
»Er ist durchgedreht! Übergeschnappt, wenn es um Frauen geht, heißt das. Deswegen habe ich Ihnen von Mutter erzählt, wie es dazu gekommen ist, dass er so wurde. Wenn er es gewesen ist, dann begreift er nicht, was er getan hat!« Brian stieß mit dem Finger nach Markby.
»Aber mein Plan ging nicht auf! Diese Hippies haben am nächsten Tag auf der Müllhalde herumgestochert und Natalie gefunden! Dann waren Ihre Leute da, überall! Und um es noch schlimmer zu machen, habe ich Natalies Sandalen verloren! Ich erinnerte mich, dass sie keine Schuhe anhatte, als ich sie in den Teppich gerollt habe. Sie mussten also irgendwo von Natalies Füßen gefallen sein. Schicke ausländische Dinger waren das. Ich bin also zurückgekehrt und hab in dem Zimmer nach den Sandalen gesucht, aber sie waren nicht da. Dafür hat Ihre Freundin rumgeschnüffelt, Markby. Sie hat mir erzählt, dass eine
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