Wer Andern Eine Grube Gräbt: Mitchell& Markbys Fünfter Fall
und hatte sich die Archäologin stets als wenig ansehnliche, sommersprossige Frau vorgestellt. Er hatte sich geirrt.
Eine weitere Frau stand in der Gruppe, die seiner Vorstellung von der typischen Archäologin bereits viel näher kam – stämmig und unbeholfen, in einem schmutzigen Arbeitskittel und einem eigenartigen alten Gartenhut. Diese Frau betrachtete ihn mit einer Art Bestürzung. Und eine dunkelhäutige, stupsnäsige junge Frau, die ihn anstarrte wie etwas, das sie gerade ausgegraben hatte und nicht identifizieren konnte. Dann waren da noch die vier Männer. Zwei junge Burschen, die offensichtlich nur Helfer waren und kaum Interesse zeigten. Für die beiden anderen galt das kaum. Der große, bärtige Kerl war wahrscheinlich Woollard. Keine sonderlich schwierige Schlussfolgerung angesichts der Tatsache, dass der Chief Inspector den anderen bereits kennen gelernt hatte: Ian Jackson.
Jackson eilte auf ihn zu.
»Chief Inspector! Gott sei Dank, dass Sie hergekommen sind! Werden Sie nun endlich etwas unternehmen?«
Markby überhörte den in seinen Worten enthaltenen Rüffel.
»Guten Tag, Mr. Jackson. Wie Sie sehen, bin ich gekommen, um mir die Situation einmal selbst anzuschauen.«
Noch während er sprach, wandte er sich Woollard zu. Es war stets schwierig, den Gesichtsausdruck eines Bartträgers zu interpretieren, doch Markby hätte schwören können, dass Woollard deutlich zusammengezuckt war, als Jackson Markby mit seinem Dienstgrad begrüßt hatte. Inzwischen hatte Woollard sich wieder ein wenig entspannt, doch hielt er sich noch immer im Hintergrund und beobachtete Markby misstrauisch.
»Wie war die letzte Nacht?«, wandte sich Markby an Meredith.
»Prima. Das hier ist Ursula, Dr. Gretton. Ursula hat mich hierher eingeladen.« Markby schüttelte der attraktiven Frau die Hand. Sie besaß einen festen Händedruck und einen kühlen Blick, den Markby als recht beunruhigend empfand. Sie hatte das lange dunkle Haar mit einem Band nach hinten gebunden, trug keinerlei Make-up, und die engen Jeans betonten ihre schlanken Hüften und die langen Beine.
»Wir hatten einen Anstandsbesuch von einem HippiePärchen«, berichtete sie.
»Sie wollten nachsehen, wie es uns geht.«
»Sie waren ziemlich nett«, sagte Meredith.
»Aber sie haben ein wenig gerochen. Ich meine nicht Körpergeruch, sondern nach Rauch von ihrem Feuer. Wir haben den Geruch einfach nicht mehr aus dem Wagen gekriegt, nachdem sie wieder weg waren.«
»Aber sonst seid ihr während der Nacht nicht gestört worden?« Ursula schüttelte heftig den Kopf, doch Markby bemerkte ein leichtes Zögern bei Meredith, bevor sie antwortete:
»Nein, es war alles ruhig.«
»Und Ihrer Grabung ist folglich auch nichts geschehen?«, wandte sich Markby wieder an Jackson.
»Jeder sagt, ich soll mir keine Sorgen machen!«, erwiderte der Kurator verdrießlich.
»Aber das ist nicht der Punkt! Wie sollen wir vernünftig arbeiten, wenn wir ständig über die Schulter nach hinten sehen müssen? Selbst dieser Hund hier ist ein Ärgernis!« Er deutete auf einen schwarzen Labrador-Mischling, der an einem Holzpflock angebunden war.
»Er macht keinen Ärger, wirklich nicht, Ian!«, sagte das Mädchen im Arbeitskittel hastig.
»Er gehört nicht zu uns, um Himmels willen! Auch wenn er sich uns angeschlossen zu haben scheint. Aber meine Hauptsorge gilt diesem Joe. Wir können ihn einfach nicht von dem Skelett fern halten.«
»Ah, ja. Sie sprachen darüber. Colonel Harbin, der Coroner, hat das Skelett vor ein paar Tagen beim Abendessen erwähnt. Er schien sich über die Geschichte sehr zu amüsieren. Er meinte, es wäre das erste Mal, dass ihm ein sächsischer Krieger auf dem Magen läge.« Markby lächelte schwach.
»Ich denke, es ist sein neuer Standardwitz beim Essen.« Woollard ergriff erstmals das Wort.
»Ich bin ja so froh, dass der alte Knabe die Geschichte lustig findet!«, sagte er laut.
»Wir finden das überhaupt nicht. Wir haben verdammt noch mal die Nase voll von der Situation!«
»Dan …«, sagte das Mädchen im Arbeitskittel besorgt und warf Markby einen entschuldigenden Seitenblick zu.
»Ich schätze, Sie sind Mr. Woollard?« Markby sah das Misstrauen in Woollards Augen aufflackern.
»Ja!«, antwortete er defensiv.
»Sie und Dr. Gretton arbeiten für die Stiftung, die das Unternehmen finanziert, wenn ich mich nicht irre?«
»Das ist richtig – und ich werde der Stiftung bald Bericht erstatten müssen. Das hätte ich schon viel früher tun
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