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Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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wir uns dieser Dynamik überlassen, führt sie uns in die Hingabe an unsere Mitmenschen und in die Hingabe an Gott.

TEIL III

    Als der Kardinal-Inquisitor mich fragte, ob ich an Gott glaube, antwortete ich: »Nein, an Ihren Gott glaube ich nicht.«
    Als der Atheist mich fragte, ob ich an Gott glaube, antwortete ich abermals: »Nein, an den Gott, den Sie leugnen, glaube ich nicht.«
    »Also glauben Sie doch an einen Gott«, erwiderten mir Kardinal und Atheist wie aus einem Munde.
    »An GOTT, wenn ich bitten darf, nicht an ›einen‹, wie Sie es tun. Nicht an ›einen‹, nicht an ›meinen‹, nicht an diesen noch an jenen, denn das alles sind Götter. GOTT liegt im Streit mit den Göttern und mit uns, die deren Bilder verehren oder zerstören, und insofern ist Gott der militanteste ›Atheist‹.«
    Der Inquisitor verurteilte mich wegen Blasphemie, der Atheist schmähte und nannte mich einen Filou.
    Fridolin Stier

GOTT UND DIE DOGMEN

Dogmatik ist die Kunst, das Geheimnis offenzuhalten
    WUNIBALD MÜLLER: In einer Biografie über C.G. Jung heißt es, der junge Carl Gustav Jung habe sich auf seiner Suche nach Gott zunächst mit der Dogmatik beschäftigt, also mit jener theologischen Disziplin, die sich vornehmlich mit der Lehre einer Religion befasst. Und frustriert davon, habe er schließlich in der Begegnung mit dem Unbewussten gefunden, wonach er vergeblich in der Lehre gesucht hatte. Von der Dogmatik heißt es dort, dass sie nicht mehr sei als leeres Geschwätz.
    Wer das sagt, wird der Dogmatik nicht gerecht. Ich entdecke bei mir in den letzten Jahren eine neue Wertschätzung gegenüber der Theologie, also der Lehre von Gott, und ihrem Bemühen, Glauben in Worte und Begriffe zu fassen. So finde ich es faszinierend und bereichernd, welche Gedanken sich Menschen über Gott machen, wie sie sich bemühen, unter Zuhilfenahme etwa der Philosophie Gott zu erklären und zu verstehen. Auch finde ich es legitim und wichtig, dass - und das ist nochmals eine andere Vorgehensweise
- eine Religionsgemeinschaft zu definieren versucht, was die Kennzeichen ihres Glaubens sind und welche Folgerungen sich daraus für das Leben der Personen, die sich zu dieser Glaubensgemeinschaft bekennen, ergeben.
    Doch so interessant ich auch die großen Themen der Dogmatik wie die Gotteslehre, die Christologie und die Ekklesiologie finde und so wichtig ich die wissenschaftliche und auch die theologische Auseinandersetzung damit erachte - von wirklicher und entscheidender Bedeutung sind sie für mich, was meine persönliche Beziehung zu Gott betrifft, nicht.
     
     
    ANSELM GRÜN: Ich habe ja selbst in Dogmatik promoviert. So möchte ich eine Lanze brechen für die Dogmatik. Manche meinen, die Dogmatik sei rein theoretisch und spröde. Aber für mich ist die Dogmatik die Kunst, das Geheimnis offenzuhalten. Ich habe Angst vor einer Theologie, die alles erklären möchte. Gott bleibt letztlich immer unbegreiflich. Die Dogmatik ist die Kunst, das Geheimnis des unbegreiflichen Gottes zu wahren.
    Das möchte ich an einem Beispiel erörtern: Wenn ich sage: »Jesus war nichts als ein religiös begabter Mensch«, dann nivelliere ich ihn auf das, was ich kenne - auf das Vorfindbare. Ich löse sein Geheimnis auf. Wenn ich sage: »Jesus war Gottes Sohn«, dann weiß ich letztlich nicht, was das wirklich bedeutet. Aber ich halte das Geheimnis Jesu offen. Ich weigere mich, ihn mit den Kategorien eines Zeitungsjournalisten zu beschreiben. Ich achte das Geheimnis Jesu, das Unbegreifliche in ihm. Und so bleibt Jesus eine Herausforderung für mich. Ich kann mich nicht zurücklehnen, weil
ich ihn so erklärt habe, dass er mir nicht mehr gefährlich werden kann.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: Die Dogmen der Kirchen, die die Lehre über Gott beinhalten und mit denen sich die Dogmatik auch befasst, zeugen von tiefem Interesse und großem Bemühen, Gott zu erklären. Ich gebe Bruder David Steindl-Rast (2003, S. 25f.), der wie du Benediktiner ist, recht, wenn er sagt, die christliche Gotteslehre verlange »scharfes, aber nüchtern selbstkritisches Denken und zugleich die glutpersönliche Gotteserfahrung. Wenn diese beiden aber zusammenkommen, dann schmilzt das theistische Eis der Dogmen und lebensspendendes Wasser sprudelt.«
    Weiter meint Bruder David Steindl-Rast, dass in den Dogmen, die wir den Kirchenvätern der ersten Jahrhunderte verdanken, wirklich die bahnbrechende Gotteserfahrung Jesu enthalten sei, wenn auch in beinahe unkenntlicher Form. »An der Oberfläche

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