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Wer Bist Du, Gott

Titel: Wer Bist Du, Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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der in seiner Inkarnation, in diesem Abstieg etwas Einzigartiges und Wunderbares schafft, ohne dass es sich dabei um etwas handelt, das gegenüber dem Aufsteigenden abfällt.
    Wollen wir zum unermesslichen Gott gelangen, wird uns das nur gelingen, wenn wir ihn auch im Messbaren, Konkreten, in Jesus und schließlich in unserem Bruder und in unserer Schwester suchen. »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit
ganzer Kraft, und du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.«
    Da kommt dann für mich der Heilige Geist ins Spiel. Karl Rahner (1990, S. 308) schreibt: »Weil der Sohn des Vaters unsere Menschheit in das Licht des Vaters hineingenommen hat, darum ist die Liebe des Vaters und des Sohnes in heiliger Glut in unsere Herzen gefallen. Weil der Menschensohn gestorben ist dem Fleische nach, darum kann von nun an der Mensch im Heiligen Geist das Leben Gottes leben.« Der Heilige Geist stellt die Verbindung zwischen Gott und Mensch, Mensch und Gott her. Bei alledem ist es aber der eine Gott.

Der dreifaltige Gott als Gott in Bewegung
    ANSELM GRÜN: Hier können uns vielleicht auch Überlegungen weiterhelfen, die wir im Zusammenhang mit den Gottesbildern angestellt haben.Wenn wir von dem Grundsatz ausgehen, dass das Gottesbild immer mit dem Selbstbild korrespondiert, dann wäre es spannend, sich zu überlegen, welches Selbstbild dem Bild des dreifaltigen Gottes entspricht. Joseph Ratzinger, der jetzige Papst Benedikt XVI., hat in seinem Buch Einführung in das Christentum, das auf Vorlesungen zurückgeht, die er im Sommersemester 1967 an der Universität Tübingen gehalten hat, einige hilfreiche Bemerkungen zu diesem inneren Zusammenhang zwischen dem dreifaltigen Gott und der christlichen Existenz gemacht.

    Für ihn ist der Begriff »Person« ein reiner Beziehungsbegriff. Die Person ist nicht in sich ruhend, wie wir es meinen, wenn wir von einer gefestigten Persönlichkeit sprechen. Die Person ist immer bezogen auf. Das Bild des dreifaltigen Gottes meint also, dass Gott immer schon Bezogenheit ist, in Beziehung zu sich selbst und zu uns Menschen. Und wir Menschen können uns nur verstehen als Personen, die ihr Sein von Gott haben und es auf Gott hin leben, die ihr Wesen als Beziehung verstehen. Gott in drei Personen meint den einen unteilbaren Gott, der in sich schon Dialog ist, »Zueinander von Wort und Liebe« (Ratzinger 2005, S. 143). Der Christ ist von seinem Wesen her auf ein Du bezogen, auf das Du Gottes, der aber nicht oben im Himmel thront, sondern sich als der dreifaltige Gott für uns geöffnet hat.
     
     
    WUNIBALD MÜLLER: Mich spricht die Dynamik an, die sich daraus ergibt: die Dynamik Gottes. Dass Gott nicht etwas Statisches ist. Gott eben nicht unnahbar, abgehoben und abgeschnitten von uns Menschen wie ein Kaiser auf seinem Thron sitzt, sondern sich in einer lebendigen Beziehung zu uns befindet. Das aber kann er nur, wenn er vom Himmel herunterkommt und zugleich im Himmel bleibt.
     
     
    ANSELM GRÜN: Wenn ich Gott als Herrn im Himmel sehe, dann folgt daraus ein Selbstbild des gehorsamen Menschen, der einfach nur zu erfüllen hat, was Gott sagt. Wenn ich aber den dreifaltigen Gott bekenne, dann entsteht ein anderes Selbstbild. Ich kann mich selbst gar nicht anders sehen als einen, der in seinem innersten Wesen schon auf Gott bezogen ist, der in Gott selbst hineingezogen ist. Das trinitarische
Gottesbild führt also zu einem optimistischen Selbstbild und zu einem Bild des Menschen, der von seinem Wesen her Dialog ist.
    Joseph Ratzinger zitiert hier den heiligen Augustinus, der in seinem Johanneskommentar vom Bild des dreifaltigen Gottes auf das Personsein des Menschen zu sprechen kommt. Er fragt seine Hörerinnen und Hörer beziehungsweise seine Leserinnen und Leser: »Quid tam tuum quam tu, quid tam non tuum quam tu - was ist so sehr dein wie du selbst und was ist so wenig dein wie du selbst?« (Ratzinger 2005, S. 149). Und Ratzinger kommentiert diese Aussage des heiligen Augustinus so: »Das Allereigenste - was uns letztlich wirklich allein gehört: das eigene Ich, ist zugleich das am allerwenigsten Eigene, denn gerade unser Ich haben wir nicht von uns und nicht für uns.« Und er schließt seine Gedanken über die Trinität mit den Worten: »Im Reden von Gott wird sichtbar, was der Mensch ist.«
    Für mich wäre es eine höchst spannende Aufgabe, diese Gedanken weiterzuführen, wenn es in der Therapie und in der geistlichen Begleitung um ein gesundes

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