Wer Blut vergießt
Charlotte und Toby abholte, fuhr Kincaid noch rasch mit Kit, der schon vorher nach Hause gegangen war, zum Biosupermarkt und ließ ihn die Zutaten fürs Abendessen aussuchen. Da Kit eine Überraschung vorbereiten wollte und ihn deshalb aus der Küche verbannt hatte, half Kincaid nun Toby und Charlotte, im Wohnzimmer eine Kissenburg zu bauen. Da hörte er das Klicken des Haustürschlosses und gleich darauf Geordies aufgeregtes Jaulen.
»Mami ist da!«, schrie Toby und ließ ihr sorgfältig aufgeschichtetes Bauwerk zu Boden gleiten. Charlotte fing an zu weinen.
Kincaid nahm sie auf den Arm und sagte: »Macht doch nichts. Wir bauen sie wieder auf. Du kannst sie Mami zeigen.«
Als Gemma ins Zimmer trat, sah sie munterer aus, als er es nach ihrem langen Tag erwartet hatte. »Was haben wir denn hier?«, fragte sie. »Sehe ich da die Überreste einer Burg?«
»›Und die Mauern stürzten ein‹«, trompetete Toby. »Aber du kannst uns helfen, sie wieder aufzubauen, Mami.«
Sie verwuschelte seine Haare und drückte Charlotte an sich. »Wo ist Kit? Und was duftet hier so himmlisch?«
»Da musst du Kit fragen«, antwortete Kincaid. »Es ist seine Produktion, und ich habe absolut keinen blassen Schimmer.«
»Okay, dann erst mal in die Küche.« Sie wandte sich an Toby. »Du und Charlotte, ihr fangt jetzt wieder an zu bauen, und ich komme gleich, um es mir anzuschauen.«
Kincaid folgte ihr in die Küche, wo Kit an Gemmas AGA -Herd stand, die Wangen schon ganz rot von der Hitze.
»Wie ich höre, bist du heute Küchenchef«, sagte Gemma, während sie ihn ebenfalls umarmte. »Was immer es ist, du solltest den Duft in Flaschen abfüllen und verkaufen.«
»Es sind Käsemakkaroni«, sagte Kit. Er grinste, als er ihre verblüfften Gesichter sah. »Gourmet-Käsemakkaroni. Ich hab mir das Rezept selbst ausgedacht.«
»Wow.« Gemma ließ sich mit einem zufriedenen Seufzer auf einen Küchenstuhl sinken. »Da kommt kein Gordon Ramsay mit.« Dann warf sie Kit einen strengen Blick zu. »Aber versprich mir, dass du nicht so fluchen wirst wie er, wenn du dich tatsächlich entschließt, Koch zu werden.«
»Alle Köche fluchen«, erwiderte Kit ungerührt. Dann drehte er sich wieder zur Arbeitsfläche um, nahm eine Vase und stellte sie vorsichtig mitten auf den Tisch. »Und die sind für dich.«
»Tulpen! Und auch noch rote – meine Lieblingsblumen. Danke, Kit!« Dann fügte sie lachend hinzu: »Aber das heißt noch lange nicht, dass du fluchen darfst. Oder jedenfalls nur ein kleines bisschen.«
Er erwiderte ihr Lächeln und warf dann einen Blick auf den Küchenwecker. »Die Käsemakkaroni brauchen noch fünfzehn Minuten. Ist es okay, wenn ich inzwischen schnell meine E-Mails checke?« Als sie nickten, fügte er hinzu: »Aber nicht naschen!« Einen Augenblick später hörten sie ihn die Treppe hinaufstürmen.
»Ich glaube, seine Füße sind seit Weihnachten um eine Größe gewachsen«, bemerkte Kincaid. Dann sah er Gemma an. »Tee? Ich nehme an, du kannst eine kleine Stärkung gebrauchen.«
»Ich bin abgefüllt mit Tee. Und übrigens auch mit Plätzchen. Ich habe auf dem Nachhauseweg bei Hazel reingeschaut.«
»Dann also lieber Wein?« Kincaid steuerte statt des Wasserkochers den Kühlschrank an.
»Da sag ich nicht nein.«
Er schenkte ihr ein Glas aus der Flasche ein, die sie am Abend zuvor aufgemacht hatten. »War dein Besuch bei Hazel privater oder dienstlicher Natur?«
»Sowohl als auch.« Nachdem sie genüsslich einen Schluck Wein getrunken hatte, informierte sie ihn mit gedämpfter Stimme über das, was sie an diesem Tag über Vincent Arnott erfahren hatten. Dann stellte sie ihr Glas ab und rieb sich die Wangen. »Wir nähern uns dem Ende der entscheidenden achtundvierzig Stunden, und wir haben immer noch keine einzige wirklich belastbare Spur. Dieser Fall könnte sich zum Alptraum entwickeln, wenn die Presse die Details in die Finger bekommt und wir noch keinerlei Fortschritte gemacht haben.«
»Der wahnsinnige Würger von Crystal Palace.«
Gemma zog eine Grimasse. »Wenn nicht noch Schlimmeres. Sex, Fesselspiele und Mord. «
Sid sprang auf den Küchentisch. Als Kincaid ihn schnappte und wieder auf den Boden setzte, strich der Kater so lange um Gemmas Beine, bis sie sich bückte, um ihn zu streicheln.
»Ich habe heute Melody getroffen«, begann Kincaid, bemüht, die Sache behutsam anzugehen. Er wollte bei Gemma nicht den Eindruck erwecken, dass er sich in ihren Fall einmischte; andererseits konnte er das, was er
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