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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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die viktorianischen Reihenhäuser dazwischen, die zum Teil in einem fragwürdigen baulichen Zustand waren, ließen kaum vermuten, dass sich hinter der hohen Steinmauer in der Nähe der Moschee etwas anderes verbarg als ein Schrottplatz.
    Doch wenn man genauer hinsah, erkannte man eine hölzerne Pforte, die in die Steinmauer eingelassen war. Gemma stellte den Escort ab, winkte den muslimischen Jugendlichen zu, die wie üblich am Ende der Straße Fußball spielten, und drückte auf die Klingel der Gegensprechanlage, die unauffällig neben dem Riegel der Pforte angebracht war.
    »Ich bin’s, Gemma«, sagte sie, als sich eine Stimme meldete. Einen Augenblick später ertönte ein Summer, und die Pforte öffnete sich. Über den gepflasterten Hof zwischen der Mauer und dem Geheimen Bungalow , wie Gemma ihn nannte, kam ihre Freundin Hazel Cavendish auf sie zugeeilt.
    »Gemma!« Hazel umarmte sie stürmisch. »Ich dachte, du wärst das ganze Wochenende beschäftigt.«
    »War ich auch«, antwortete Gemma, während Hazel sie ins Haus führte. »Und ich bin’s auch noch. Aber ich hatte nicht weit von hier eine Zeugenbefragung, und ich musste einfach die Gelegenheit nutzen, bei dir vorbeizuschauen. Und mich aufzuwärmen«, fügte sie hinzu und rieb sich die Hände. Hazel hatte den Gaskamin zwischen den kleinen Bücherregalen an der Rückwand des Wohnzimmers in Betrieb, und der Steinboden war mit bunten Teppichen bedeckt.
    »Ich habe gerade Tee gemacht. Du kannst wohl hellsehen. Komm, wärm dir so lange die Hände, ich bringe ihn gleich.«
    Gemma war überzeugt, dass es vielmehr Hazel war, die über hellseherische Fähigkeiten verfügte. Als Gemma in Hazels Garagenwohnung in Islington wohnte, hatte Hazel immer irgendwie gewusst, wann Gemma eine Tasse Tee, eine warme Mahlzeit, ein Glas Wein oder ein offenes Ohr brauchte. Und auch jetzt, nachdem es in beider Leben tiefgreifende Veränderungen gegeben hatte, schien Hazel diese Gabe nicht verloren zu haben.
    Hazel kam mit einem Tablett aus der kleinen Küche zurück, auf dem eine rote Teekanne, zwei Becher und ein Teller Plätzchen standen. »Cranberry-Walnuss.« Sie deutete auf die Plätzchen, als sie das Tablett auf den Tisch am Kamin stellte. »Ich habe sie gestern für das Café gebacken.«
    Hazel war staatlich geprüfte Familientherapeutin, doch nach den Turbulenzen, die ihre eigene Familie ins Chaos gestürzt hatten, hatte sie ihre Praxis aufgegeben. Stattdessen hatte sie einen Job in einem Café in Kensington angenommen. Hazels Mann Tim, von dem sie getrennt lebte, hatte das Haus in Islington behalten, und sie teilten sich das Sorgerecht für ihre Tochter Holly, die in Tobys Alter war.
    »Wo ist Holly?«, fragte Gemma, während Hazel ihr eine dampfende Tasse Tee einschenkte und genau die richtige Menge Milch dazugab.
    »Tim bringt sie um sechs. Ich fahre sie morgen zur Schule und hole sie ab, weil ich da meinen freien Tag habe.«
    Gemma hob den Kopf und schnupperte. »Du kochst gerade – es duftet köstlich.«
    »Ein marokkanischer Gemüseeintopf.« Hazels Mundwinkel formten sich zu einem kleinen Lächeln.
    »Hazel«, sagte Gemma, der es allmählich dämmerte, »kann es sein, dass Tim zum Abendessen bleibt?«
    »Na ja, das ist doch nur sinnvoll. Es ist reichlich da für alle, und Holly mag es, wenn wir zusammen essen.«
    »Ein bisschen viel der Rechtfertigungen, meinst du nicht?« Gemma betrachtete ihre Freundin und stellte fest, dass sie sehr gut aussah. Sie hatte ein paar dringend benötigte Pfunde zugelegt, ihre dunklen Locken glänzten, und ihre Augen funkelten. »Und es ist nicht zufällig auch ›nur sinnvoll‹, wenn Tim auch über Nacht bleibt, nachdem ihr zusammen gegessen habt?«
    Hazel hob ihren Teebecher mit beiden Händen an die Lippen und blies darauf. Sie zuckte mit den Achseln und kniff verschmitzt die Augen zusammen. »Ein- oder zweimal. Wenn wir ein bisschen Wein getrunken haben. Aber er schläft dann auf dem Sofa.«
    »Hazel, ihr seid verheiratet, falls dir das entfallen sein sollte«, entgegnete Gemma lachend.
    Hazel wurde schlagartig ernst. »Das habe ich nicht vergessen. Aber es ist … heikel. So komisch es klingt, es ist fast so wie damals, als wir uns kennenlernten; und ich glaube, wir wollen beide unbedingt vermeiden, einen falschen Schritt zu machen. Oder Holly in der trügerischen Hoffnung zu wiegen, dass alles wieder so sein wird wie vorher.«
    »Aber es gibt Hoffnung?«, fragte Gemma vorsichtig; sie wollte ihre Freundin nicht bedrängen.
    »O

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