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Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Forbes
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ignorierte die Journalistenschar, die tapfer auf dem Bürgersteig vor dem Haus ausharrte, und das Nachrichtenteam, das offensichtlich live filmte. Diesmal nahm er gleich die Treppe in den fünften Stock, weil er es nicht riskieren wollte, allein mit dem Lift zu fahren.
    Nina Turner öffnete ihm im Schutzanzug der Forensiker und mit Maske die Tür. »Tut mir leid, dass ich so geheimnisvoll war, aber ich dachte, es ist besser, Sie sehen sich das an, ehe alles ins Labor geht. Fotos würden dem nicht gerecht werden.«
    »Sie machen mich wahnsinnig. Was ist es?«, sagte er und ging neben ihr den Flur hinunter zum Schlafzimmer.
    »Es war alles in der Truhe, die Ihnen so gut gefallen hat.«
    »Habt ihr den Schlüssel gefunden?«
    »Ja. Es wird Sie freuen, dass nichts kaputtgegangen ist.«
    Das Bett war komplett abgezogen und von den Vorhängen befreit, und der Raum wirkte jetzt noch leerer und farbloser. Die Truhe stand auf einer Plastikplane auf dem Boden an ihrem Originalplatz, der Deckel war geschlossen. Da er keine Handschuhe trug, wartete er, bis Nina sie öffnete.

    Sie beugte sich hinunter und hob den Deckel. Was er sah, ließ seinen Puls schneller schlagen. Im Innern war eine Sammlung von Stahlhandschellen, Fesseln, Lederriemen und Knebeln neben einer Reihe von Masken, ähnlich denen auf den Fotos im Arbeitszimmer. Manche waren Halbmasken, andere würden das ganze Gesicht verbergen. Selbst ohne dass jemand dahintersteckte, waren sie unheimlich. Bei der Durchsuchung von Wohnungen kamen oft die außergewöhnlichsten und überraschendsten Dinge ans Licht, aber er hätte in seinen kühnsten Träumen nicht erwartet, etwas Derartiges hier zu finden.
    Nachdenklich starrte er in die Truhe. Eine Frau, die gefesselt werden wollte - war das nicht die Fantasie eines jeden Mannes? Auch wenn er bis jetzt nie mit einer Frau zusammen gewesen war, die solche Dinge mochte, musste er doch zugeben, dass der Gedanke ihn erregte. Er hatte sich Rachel Tenison erfolgreich und ehrgeizig vorgestellt und ganz bestimmt nicht auf diese Weise unterwürfig, und er war fasziniert. Er erhaschte einen Blick in eine geheime Welt, ihre geheime Welt, in einer verschlossenen Truhe. Er schaute kurz auf und sah sein Bild in den Spiegeln, mit dem Bett gleich hinter sich. Ihr Anblick - weiß wie Schnee, kniend, den Kopf gesenkt, die Hände gefaltet - schoss ihm in den Kopf: Du mystisch und dunkel, Dolores, O Herrin der Pein.
    War alles nur ein gefährliches Sexspielchen gewesen, bei dem etwas schiefgelaufen war? War das die Bedeutung des Gedichts?
    Nina schob ein paar Sachen beiseite und zog eine Bondagemaske aus schwarzem, mit Nieten besetztem Leder hervor. An der Stelle, wo der Mund saß, war ein Reißverschluss.
    »Meinen Sie, die ist maßgeschneidert?« Sie hielt sie grazil mit den Spitzen ihrer behandschuhten Finger in die Luft.
    »Das möchte ich auch gern wissen«, sagte er und wünschte,
die Maske könnte ihr Geheimnis preisgeben. Er starrte so angestrengt auf die Maske und ihre leeren Schlitzaugen, dass sie langsam vor seinen Augen verschwamm. Was für Männer hatte sie gemocht? War das alles für einen einzigen Mann bestimmt und wenn ja, für wen? Er sah sich nach Nina um. »Habt ihr noch etwas gefunden? Härtere Dinge aus der SM-Szene? Irgendwas, das auf eine Professionelle schließen lässt?«
    »Nein. Nichts in der Art wie die Ausrüstung, die wir damals in dieser Wohnung in der Nähe der Edgware Road gefunden haben.« Sie warf die Maske in die Truhe zurück und schloss den Deckel. »Auf einem der Schränke lag ganz interessante Reizwäsche und Latexzeug, aber ich würde sagen, alles nur für den Hausgebrauch, für die Freizeitgestaltung. Das hier ist nicht mehr als die Kostümkiste eines großen Mädchens, obwohl dieses Mädchen einen ganz anderen Geschmack hat als ich.«

Acht
     
     
     
     
    Ein Mädchen mit einem ganz anderen Geschmack . Nina Turners Worte gingen Tartaglia nicht aus dem Kopf, als er die Treppe hinunterging. Es war ein winziger, aber wichtiger Baustein in einem Bild, das gerade erst entstand, und jeder Baustein war faszinierender als der vorherige. Er wusste so wenig über Rachel Tenison und wollte doch mehr wissen.
    Als er die Haustür aufstieß, schlug ihm ein eiskalter Wind entgegen. Er wappnete sich, kniff die Augen beinahe ganz zu und ging die Stufen hinunter zur Absperrung, wo er sich abmeldete. Es hatte gerade wieder angefangen zu schneien, wenn auch nur zögerlich, und winzige Eispartikel flatterten wie Konfetti

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