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Wer Böses Tut

Wer Böses Tut

Titel: Wer Böses Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Forbes
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Schuluniform. Sie hob es hoch und schaute es an. Warum hatte Rachel es all die Jahre hier ausgestellt, warum war es immer noch da? Sie waren beide so jung darauf; die Haare zurückgestrichen, die Gesichter noch weich und ungeformt, weiße, schlaksige Beine, die aus den schrecklichen grauen Faltenröcken herausstaken. Selbst damals war sie ein Zwerg gegen Rachel gewesen.
    Sie dachte an die Zeit, als sie sich kennengelernt hatten. Vor zwanzig Jahren. Schwester Margaret, die Direktorin von St. Anne, war eines Morgens mitten in der Stunde in den Klassenraum gekommen und hatte ein blasses Mädchen hinter sich hergezogen. Sie wusste noch genau, wie Rachel ausgesehen hatte, ein dünnes, kleines, heimatloses Kind mit dunklen Schatten unter den Augen. Unbehaglich von einem Fuß auf den anderen tretend, hatte sie ausgesehen wie ein nervöses Pony, mit ihrer
komischen, zotteligen blonden Mähne, die von einem Haarreif zurückgehalten wurde. Erst später fand sie heraus, dass Rachel sich am Abend, bevor sie in die Schule kam, die Haare mit der Küchenschere ihrer Stiefmutter abgeschnitten hatte.
    »Ist irgendwas?« Tartaglia war zu ihr herübergekommen.
    Sie stellte das Foto wieder hin, ohne den Blick davon zu lösen. »Nein. Nichts. Es ist nur seltsam, hier zu sein, das ist alles.«
    Er nickte mitfühlend. »Ist alles so, wie Sie es in Erinnerung haben?«
    »Mehr oder weniger.« Sie wünschte, er würde sie in Ruhe lassen, und wollte sich gerade abwenden, als sie eine Lücke in der hinteren Reihe bemerkte.
    Stirnrunzelnd versuchte sie sich zu erinnern. »Ein Foto fehlt. Es war mit Sicherheit noch da, als ich das letzte Mal in der Wohnung war. Ich erinnere mich deshalb so genau daran, weil es neu war und ich es noch nie gesehen hatte. Rachel hat die Fotos selten ausgewechselt.«
    »Können Sie es beschreiben?«
    »Es war eins von Rachel, eine richtig gute Nahaufnahme, letztes Jahr bei einer der Partys in der Galerie aufgenommen, glaube ich. Sie lachte und redete mit irgendwelchen Leuten, die aber nicht auf dem Bild waren, und war wunderschön. Richard hat es vergrößert und gerahmt und ihr zum Geburtstag geschenkt. Vielleicht hat er noch einen Abzug davon. Der Rahmen war besonders hübsch, wenn ich mich richtig erinnere. So was kann Richard gut.«
    »Warum hat sie es nach hinten gestellt?«
    »Wer weiß? Ich nehme an, sie wollte nicht für eingebildet gehalten werden.«
    »Eingebildet?« Er sah sie neugierig an. »War sie es denn?«
    Eingebildet? Egozentrisch? Unsicher? Was war der Unterschied? Rachel war sich mit Sicherheit bewusst gewesen, was
für eine Wirkung sie auf andere hatte. Aber Tartaglia wollte sie provozieren, und sie hatte keine Lust, ihm zu antworten. Die Art, wie er sie anstarrte, war ebenfalls provokativ, beinahe intim. Einen Moment lang sah sie ihn als Mann, nicht als Polizisten, und abermals wurde ihr bewusst, wie gut er aussah. Dann erinnerte sie sich wieder daran, warum sie hier war und was er eigentlich wollte. Sie schuldete ihm keine Erklärung über Rachels Charakter - oder darüber, was zwischen ihnen vorgefallen war.
    »War sie eitel?«, beharrte er. »Sie dürfen sagen, was Sie denken. Hier sind nur wir beide, es bleibt unter uns. Wie war sie wirklich?«
    »Eitel ist nicht das richtige Wort. Aber Sie wollen etwas anderes wissen, nicht wahr?«
    Er steckte die Hände in die Taschen und zuckte gutmütig mit den Schultern. »Ich versuche nach wie vor, mir ein Bild von ihr zu machen. Und ich will die Dynamik Ihrer Beziehung verstehen. Haben Sie sich gestritten? Geht es darum?«
    »Ich habe Ihnen alles gesagt, was Sie wissen müssen«, sagte sie und wandte sich ab. Ehe er Gelegenheit hatte, noch mehr Fragen zu stellen, ging sie aus dem Zimmer. Am liebsten wäre sie gegangen, doch er war direkt hinter ihr. Sein Handy begann zu klingeln.
    »Würden Sie bitte einen Blick in ihr Schlafzimmer werfen?«, bat er sie, während er in der Tasche nach dem Handy fingerte. »Ich bin gleich wieder bei Ihnen.«
    Rachels Schlafzimmer war das Letzte, was sie sehen wollte, aber sie hatte keine Wahl. In der Hoffnung, dass er eine Weile telefonieren würde, ging sie über den Flur und stieß zögerlich die Tür auf.
    Sie war sich nicht sicher, was sie erwartet hatte, aber das Bild, das sie schon so lange im Kopf hatte, von einem dunklen, berauschenden Raum und zwei Menschen zusammen in dem riesigen,
farbenfrohen Bett, entsprach in nichts der Realität, die sie erwartete. Das Deckenlicht war unangenehm hell, und das Bett war

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