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Wer braucht schon Liebe

Wer braucht schon Liebe

Titel: Wer braucht schon Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denise Deegan
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Möglichkeiten durchgespielt und wäre zu diesem unbestreitbaren Faktum gekommen.
    Ich streite trotzdem. » Er könnte auch ins Internat gehen!«
    » Er ist neun.«
    Das weiß ich. Genauso wie ich weiß, dass Bobby unmöglich ohne David sein kann. Trotzdem sage ich: » Aber er hat Romy dort drüben.«
    » Nein. Romy bleibt hier, um ihren Abschluss zu machen. Sie wird bei einer Freundin wohnen.«
    » Und was ist mit dir? Er kann dich doch nicht mitten im Schuljahr rausnehmen.«
    » Wir sind im Übergangsjahr. Er weiß, dass da nichts passiert.«
    » Aber du müsstest nicht gehen, wenn du eine Bleibe finden würdest, stimmt’s? Du und Bobby, ihr könntet bleiben?« Sie könnten bei mir bleiben. Ich könnte den Rockstar überreden …
    » Er will Bob bei sich haben.«
    Ich starre ihn an. » Das war’s also? Du ziehst weg.« Es gibt nichts, was ich tun oder sagen könnte.
    Er nickt.
    » Wann?«
    Er schluckt. » In etwas mehr als zwei Wochen.«
    » Zwei Wochen!«
    » Er hat eine Woche gebraucht, um es uns zu sagen. Und ich habe eine Woche gebraucht, um es dir zu sagen. Es tut mir leid.« Er nimmt meine Hand und sieht mir in die Augen, als wäre es ihm wichtig, dass ich ihm glaube, was er mir sagen will. » Ich komme wieder, Alex. Wenn ich mit der Schule fertig bin, komme ich wieder zu dir.«
    Ich will ihm unbedingt glauben. Aber ich weiß, wie das Leben ist. Und was aus Plänen wird. Und er müsste es eigentlich auch wissen.
    » Du kommst wieder?«
    » Ja.«
    » Allein?«
    » Ja.«
    » In zweieinhalb Jahren?«
    » In zweieinhalb Jahren.«
    Aber er hat etwas vergessen. » Wer weiß, wie wir in zweieinhalb Jahren sind.« Ich hätte nie gedacht, dass ich mich verändern würde. Dann habe ich meine Mum verloren. Und auch das hat keine zweieinhalb Jahre gedauert. Wer sagt, dass wir dann überhaupt noch leben?
    » Alex, hör mal …«
    » Nein. Denn in zweieinhalb Jahren ist Bobby erst elf. Du wirst ihn nicht verlassen. Mach dir nichts vor. Mach mir nichts vor.«
    » Ich mache niemandem etwas vor. Ich habe mir alles genau überlegt. Ich werde ihm ein Leben in San Diego einrichten. Ich habe alles geplant …«
    Und da haben wir das Problem, genau da. Nach allem, was er durchgemacht hat, glaubt er immer noch an Pläne. Ich drehe das Gesicht zur Wand. Ich denke an Marsha, die geplant hatte, verheiratet zu bleiben, und deren Beziehung wegen der Entfernung in die Brüche gegangen ist. Ich denke an meine Mum, die geplant hatte, weiterzuleben, und die es nicht einmal ein Jahr geschafft hat. Ich denke daran, wie er mir versprochen hat, dass ich ihn nie verlieren würde, und wie er jetzt hier sitzt und mir erzählt, dass er weggeht. Und ja, wahrscheinlich glaubt er wirklich, dass wir in Kontakt bleiben, uns so nah sein werden wie eh und je, aber so funktioniert das nicht. Ich hatte Freunde, die weggezogen sind. Sie haben versprochen, dass wir in Kontakt bleiben. Am Anfang sind sie voller Enthusiasmus, aber die E-Mails werden immer kürzer und die Abstände dazwischen immer länger. Man merkt, dass es zu einer lästigen Pflicht geworden ist. Der einzige Grund, warum sie immer noch schreiben, ist das schlechte Gewissen. Und zum Schluss reicht nicht mal mehr das schlechte Gewissen aus. Also, wenn er geht, dann soll er eben gehen, schnell und schmerzlos. Denn ich kann niemanden mehr stückchenweise, Schritt für Schritt verlieren. Das will ich nicht. Ich hole tief Luft und drehe mich wieder zu ihm hin.
    » Es ist aus«, sage ich. » Schauen wir den Tatsachen ins Auge.« Aber ich schaue in das Gesicht, das mir das liebste ist auf der Welt, und in meiner Brust breitet sich ein Schmerz aus.
    » Nein«, sagt er mit solcher Heftigkeit, dass die Leute neben uns herüberschschauen. » Es ist nicht aus. Weil ich dich nicht aufgebe. Ich gebe uns nicht auf.«
    Ich sehe sein Gesicht an, versuche, mir jeden einzelnen Zug einzuprägen, denn ich weiß, wie es ist, wenn ein Gesicht verschwimmt. Meine Kehle schmerzt und meine Augen brennen. Ich sehe weg, um die Tränen zu verbergen, die ich nicht unterdrücken kann. Aber er nimmt mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger und dreht meinen Kopf herum, sodass ich ihm in die Augen sehen muss. » Alex. Du vertraust mir doch, oder?«
    Die Tränen beginnen zu fließen. Und ich nicke. Er steht auf und kommt zu meinem kleinen Sofa herüber. Er nimmt mich ganz fest in die Arme. Aber das reicht nicht. Denn ich vertraue ihm. Aber nicht dem Leben. Das dir im Weg steht. Immer. Und das deine Pläne in so kleine

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