Wer braucht schon Zauberfarben?
auf. Dieses mimische Schuldeingeständnis lässt mich vor Zorn brüllen: „NADAR.“
Wie aus einem Traum erwache ich keuchend. Unsagbarer Schmerz zieht durch meine Glieder. Ich bin an einen Steintisch gefesselt. Über mir taucht Nadar auf. Das Herz schlägt mir bis zum Hals.
„Du Scheißkerl“, hauche ich erschöpft. Er hat also in meinem Verstand herumgepfuscht.
Er lächelt. „Ich habe dich unterschätzt, Raven. Was hat mich verraten?“
Ich drehe den Kopf zur Seite. Hunderte Kerzen erhellen den Raum. „Wo bin ich?“, flüstere ich mit trockener Kehle.
„Beantworte die Frage“, verlangt er ärgerlich.
„Sie trug ihre Kette nicht“, entgegne ich. Dabei bricht meine Stimme sogleich. Ich glaube, mein Kopf versucht meinem Körper zu suggerieren, dass er Schmerz empfinden muss, damit für ihn alles irgendwie Sinn ergibt.
„Wer?“, hakt er nach.
„Die Ador. Sie trägt die Kette ihrer Mutter nicht, die ich ihr mit meinem Raben geschickt habe. Das ist ungewöhnlich. Ich an ihrer Stelle würde das Schmuckstück nie wieder ablegen. Das ist alles, was sie noch von ihrer Familie hat.“ Mein Körper bäumt sich auf. Ich halt das nicht aus. Das tut so weh.
Seine Klatschlaute hallen durch den Raum. „Wie überaus klug du doch bist. Und schön.“ Nadar streichelt mir über die Wange. Ich drehe den Kopf abrupt weg, denn ich will das nicht, will nicht, dass er mich berührt.
Er lacht laut auf. „Ich wusste, dass deine Zuneigung zu mir nur gespielt ist. Du liebst Beliar immer noch.“ Deshalb hat er also dieses Feindbild in meinen Kopf gepflanzt. Damit ich aufhöre, ihn zu lieben.
„Wieso tust du das?“, will ich wissen.
„Weil du mir gehörst“, haucht er mir ins Ohr. Seine Lippen streichen über meine Wange. Mein Herz pocht so laut, dass ich befürchte, es verrät meine Angst vor ihm.
„Mein Vater hat dir vertraut. So sehr, dass er mich mit dir verheiraten will. Ich verstehe nicht, warum du ihn dir zum Feind machst?“, stoße ich gepresst aus. Der Schmerz ist beinahe unerträglich.
„Kein anderer Mann wird dich jemals wieder berühren. Niemand wird dich finden. Und wenn doch, werde ich ihn durch meine Gabe kommen sehen“, erklärt er.
Auf die Gefahr hin, dass mir die Antwort absolut nicht gefallen wird, stelle ich die Frage trotzdem: „Was hast du mit mir vor?“ Meine Stimme bricht sogleich. Ich muss husten, dabei schmecke ich Blut. Okay, das ist echt gruslig. Das ist doch nur in meinem Kopf passiert, wieso blute ich?
Nadars Blick wird lauernd. „Du wirst mir sehr viel Vergnügen bereiten.“ Dabei lässt er seine Hand über meinen Oberschenkel gleiten.
Das ist so grotesk, dass ich wütend schnaube: „
Niemals
.“ Sein Schlag trifft mich so hart ins Gesicht, sodass mir kurz schwarz vor Augen wird.
Ich spüre, dass er mir den Mund aufhält und mir etwas einflößt. Panisch versuche ich, mich zu wehren, aber ich kann keinen klaren Gedanken fassen. Nebelschwaden ziehen durch meinen Geist.
Ich habe Halluzinationen, sehe Flammen über mir tanzen. Nadars Kopf nimmt unnatürlich Formen an. Die Schmerzen zucken durch meinen Körper wie Stromschläge. Warum funktionieren meine Pläne nicht mehr? Wieso sind mir alle plötzlich einen Schritt voraus?
Seine Stimme fegt durch meinen Kopf: „Ich habe deine Kräfte betäubt. Niemand wird deine Schreie hören.“
„Nein“, hauche ich – zumindest glaube ich, es zu tun. Ich hab mich nicht im Griff.
Seine Hände spüre ich überall an meinem Körper. Das Zerreißen von Stoff lässt mich einen schmerzlichen Laut ausstoßen. Er wird mich vergewaltigen und ich kann ihn nicht mal aufhalten.
So sehr ich mich auch anstrenge, mein Kopf ist leer. Kein Song will mir einfallen. Da sind nur zwei Worte, die ich unaufhaltsam in Gedanken schreie: „Beliar. Vater.“ Vielleicht hören sie mich ja. Inständig hoffe ich, dass ich ohnmächtig werde.
Tränen laufen mir über die Wange, als ich seinen Körper auf mir spüre. Plötzlich ist die Last schlagartig verschwunden. Das Feuer der Kerzen wird durch einen starken Windstoß gelöscht.
„Hope.“
„Beliar“, hauche ich.
„Sieh mich an“, verlangt er. Mühevoll öffne ich die Augen. Ist er es wirklich oder ist das die nächste Illusion?
Ich bin vollkommen am Ende. Tränen fluten meine Augen, lassen Beliars Bild immer wieder verschwimmen.
„Beliar ich…“, setze ich an, doch er unterbricht mich „Schhhh, sprich nicht. Streng dich nicht zu sehr an. Du bist verletzt.“ Nein, ich will ihm sagen, was
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