Wer braucht schon Zauberfarben?
ich fühle.
„NIMM DIE HÄNDE VON MEINER TOCHTER, BELIAR“, hallt es durch den Raum wie ein Donnergrollen. Vater. Er ist auch hier. Oh nein.
Beliars Blick wirkt verblüfft. Als hätte er sich an mir verbrannt, lässt er mich los. Bevor mein Oberkörper zurück auf den Stein auftreffen kann, hat er es sich aber scheinbar anders überlegt. Er zieht mich im nächsten Moment vor seinen Körper in eine aufrechte Position.
Seine Pranke umschließt meinen Hals. Er drückt aber nicht fest zu. Mein Kopf schlägt erschöpft an seine Brust. Nein, warte, ich … „Hope ist deine Tochter, Ladartus?“, stößt Beliar verblüfft aus.
„Ihr Name ist Raven. Lass sie los oder du stirbst durch meine Hand,
Feind
!“, herrscht ihn mein Vater an.
„Du setzt dein eigen Fleisch und Blut gegen mich ein?“, raunt Beliar.
„Ich habe meine Späher überall“, gesteht mein Vater.
„So wie ich die meinen“, kontert Beliar. „Ich verwende sogar deine Späher gegen dich. Tiberius und Nadar haben mir bereits sehr gute Dienste geleistet“, ergänzt er. Beliar weiß, dass sie zur schwarzen Gilde gehören? Okay. Ich versuche mich zu wehren, doch kann mich kaum bewegen. Mehr als ein Stöhnen bekomm ich nicht raus.
„Nimm deine Hände von ihr, weißer Hexer“, droht ihm mein Vater.
„Hast du das hier inszeniert, damit du mich anlocken konntest? Du lässt es zu, dass einer deiner Männer sie so zurichtet? Lässt sie fast vergewaltigen, nur damit du deinen Feind stellen kannst? Ich habe dich für skrupellos gehalten, aber das hier geht in eine neue Dimension über,
Feind
“, herrscht ihn Beliar an.
„Was du von mir hältst, ist irrelevant für mich“, kontert mein Vater. Ich werfe meinen Kopf hin und her, damit ich sie irgendwie davon abhalten kann, aufeinander loszugehen, aber sie scheinen mich zu ignorieren.
„Du weißt, dass das den Krieg bedeutet. Dieses Mal bist zu weit gegangen Ladartus“, stößt Beliar wild aus. Nein. Nein. Bitte.
Mein Vater lacht laut auf. „So sei es.“ Nein. Hört auf.
Mehr als ein Stöhnen schafft es nicht aus meiner Kehle. Die Schmerzen sind so groß, dass sich mein Körper aufbäumt. Die inneren Qualen, die ihre Auseinandersetzung in mir auslöst, tragen nicht gerade zur Linderung meiner Schmerzen bei.
„Was tust du da?“, stößt mein Vater atemlos aus.
„Ich nehme deine Tochter als Pfand. Immerhin wolltest du mich mit ihrer Hilfe stürzen, mich sogar töten. Du hast mir meinesgleichen genommen, ich nehme dir deinesgleichen.“ Was? Will er mich etwa umbringen?
„Dann wird der Ador sterben“, ruft mein Vater.
„Das Leben deiner Tochter werde ich gegen das des Adors aufwiegen. Es liegt in deiner Hand“, erklärt Beliar. Mein Herz zieht sich krampfhaft zusammen. Er droht mir mit dem Tod? Was, wenn das Trugbild, das mir Nadar eingepflanzt hat, nun doch Realität wird?
„
NEIN
!“, brüllt mein Vater, doch da spüre ich bereits den Zauber, der mich von hier fortbringt. Es fühlt sich so an, als würden wir eine Schlucht hinabfallen. Warte, wieso kann er mich plötzlich verzaubern?
Kühle Luft umfängt mich. Meine Beine verlieren den Kontakt zum Boden. Ich will schreien, ihm sagen, dass er mich loslassen soll, aber mein Körper tut nicht das, was ich verlange. Wehrlos sinke ich in einen unruhigen Schlaf.
Weiß
Panisch reiße ich die Augen auf. Mein Blick verschwimmt – ich sehe den Kerker, dann wieder einen Raum, den ich nicht kenne. Die Bilder wechseln im Sekundentakt.
„Raven“, vernehme ich von einer Stimme nahe bei mir. Es ist Beliar, dessen Anwesenheit mich keuchen lässt. Wo bin ich?
Könnte sich mein Gehirn vielleicht mal für eine Umgebung entscheiden? Schnell greife ich an meinen Hals. Die Kette ist weg – bin ich froh.
„Raven, sieh mich an“, verlangt er. Ich drehe den Kopf. Grelles Licht blendet mich. Nein. Er verhört mich wieder.
„Nicht“, hauche ich, während ich aufstehe und Abstand zwischen uns bringe.
Mein Rücken knallt an die gegenüberliegende Wand. Die Umgebung verändert sich. Ich bin in einem Schlafgemach. Beliar kommt auf mich zu. Ich bekomme Panik, schrecke zurück, versuche, mich vor seinen drohenden Schlägen zu schützen.
„Wieso weichst du vor mir zurück?“, will er wissen. Als ich die Augen öffne, steht er dicht vor mir. Ich bin wieder im Kerker. Er drückt mich gegen die Wand.
Fast automatisch wiederhole ich die Worte der Szene, die ich schon mal erlebt habe: „Was ist mit uns passiert, Beliar? Wieso
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